Brüssel (ec.europe) - In der Welt von heute können europäische Bürger nicht in vollem Umfang
an der Gesellschaft teilnehmen, wenn sie nicht über ein Basiskonto verfügen. Bankkonten sind zu einem
wesentlichen Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden; sie ermöglichen es uns, Zahlungen vorzunehmen
und zu erhalten, online einzukaufen und die Rechnungen von Versorgungsunternehmen (Telefon, Gas, Strom) zu begleichen.
Dank der Binnenmarktvorschriften können Banken in der gesamten Europäischen Union tätig werden und
ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten, aber diese Mobilität spiegelt sich nicht in der Situation
der Bürger wider, die häufig nicht die Möglichkeit haben, ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat
zu eröffnen oder problemlos von einer Bank zur anderen zu wechseln. Zudem zahlen die Verbraucher für
die Dienstleistungen ihrer Bank oft zu hohe Preise und ist es nicht immer einfach, sich Klarheit über die
verschiedenen Gebühren zu verschaffen.
Vor diesem Hintergrund veröffentlicht die Europäische Kommission heute einen Vorschlag für eine
Richtlinie über die Transparenz und die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten
und den Zugang zu einem Basiskonto.
Hierzu der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige EU-Kommissar Michel Barnier: „Wer heutzutage
über kein Bankkonto mit grundlegenden Funktionen verfügt, stößt im Alltagsleben auf Schwierigkeiten
und muss mehr bezahlen. Der heutige Vorschlag gibt endlich allen europäischen Bürgern das Recht auf Zugang
zu einem Basiskonto, so dass sie an der Gesellschaft, in der sie leben, voll teilhaben können und in den Genuss
der Vorteile des Binnenmarkts kommen. Mit (Von?) der Vereinfachung des Gebührenvergleichs und des Kontowechsels
erhoffen wir uns zudem bessere Angebote der Banken und geringere Kosten. Der Vorschlag kommt auch der Finanzdienstleistungsbranche
zugute, da zusätzliche Anreize für grenzüberschreitende Produktangebote und die Erschließung
neuer Märkte gesetzt werden.“
Tonio Borg, EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherpolitik, erklärte: „Dieser Vorschlag ermöglicht
den Verbrauchern in der gesamten EU den Zugang zu einem Bankkonto; ferner können sie Vergleiche vornehmen
und zu einem anderen Anbieter wechseln, wenn sie nicht zufrieden sind. Wir wollen, dass die Verbraucher sowohl
vor als auch nach der Eröffnung eines Bankkontos besser über die Gebühren informiert werden und
dass sie den Anbieter rasch und problemlos wechseln können, wenn sie dies wünschen. Diese Initiative
soll auch den Wettbewerb auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen für Privatkunden fördern und Unternehmen
belohnen, die den Verbrauchern eine bessere Auswahl und bessere Preise bieten.”
Die Vorschläge der Kommission betreffen drei Aspekte:
- Vergleichbarkeit der Kontogebühren: Vereinfachung des Vergleichs der Zahlungskontogebühren
von Banken und anderen Zahlungsdienstleistern in der EU;
- Wechsel des Zahlungskontos: Einführung eines einfachen und schnellen Verfahrens
für Verbraucher, die zu einem Zahlungskonto bei einer anderen Bank oder einem anderen Zahlungsdienstleister
wechseln möchten;
- Zugang zu Zahlungskonten: Schaffung der Möglichkeit für EU-Verbraucher,
ein Zahlungskonto zu eröffnen, ohne einen Wohnsitz in dem Land zu haben, in dem der Dienstleister ansässig
ist. Außerdem können in Zukunft alle EU-Verbraucher unabhängig von ihrer finanziellen Situation
ein Zahlungskonto eröffnen, das ihnen grundlegende Transaktionen wie den Erhalt ihres Gehalts, ihrer Versorgungsbezüge
und Leistungen oder die Zahlung von Rechnungen der Versorgungsunternehmen usw. ermöglicht.
Die transparenteren und besser vergleichbaren Gebühren dürften im Zusammenspiel mit den einfacheren Verfahren
für den Kontowechsel dazu beitragen, dass die Verbraucher in den Genuss besserer Angebote und kostengünstigerer
Bankkonten kommen. Gleichzeitig wird auch die Finanzdienstleistungsbranche von der höheren Mobilität
der Kunden und den – auch im grenzüberschreitenden Kontext – niedrigeren Marktzutrittsschranken profitieren.
Hintergrund
Bankkonten sind infolge der stark rückläufigen Verwendung von Bargeld nahezu unverzichtbar geworden,
um uneingeschränkt am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben einer modernen Gesellschaft teilzunehmen.
Jüngsten Studien zufolge haben in der EU jedoch rund 58 Millionen Verbraucher über 15 Jahre noch kein
Zahlungskonto.
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass es für die Verbraucher nach wie vor schwierig ist, die Angebote
und Preise für Zahlungskonten verschiedener Zahlungsdienstleister zu vergleichen. Selbst wenn ein Vergleich
möglich ist, bleibt der Wechsel von einem bestehenden Zahlungskonto zu einem anderen komplex und mit gewissen
Unsicherheiten behaftet. Zudem können EU-Verbraucher in bestimmten Situationen immer noch kein Zahlungskonto
in einem Mitgliedstaat eröffnen, in dem sie keinen Wohnsitz haben.
In der Vergangenheit wurde bereits versucht, diese Probleme anzugehen durch u. a. die Ermutigung der Branche zur
Selbstregulierung und die Annahme einer Empfehlung der Kommission über den Zugang zu einem Konto mit grundlegenden
Zahlungsfunktionen („Basiskonto“) im Juli 2011 (siehe IP/11/897). Dies hat jedoch nur zu geringen Verbesserungen
geführt, weshalb umfassendere und rechtlich verbindliche Maßnahmen für Zahlungskonten erforderlich
sind, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und allen Bürgerinnen und Bürgern
nützt (siehe IP/12/164). Entsprechende Maßnahmen werden in Form eines Richtlinienentwurfs vorgeschlagen,
um übermäßig strikte Vorgaben zu vermeiden und den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten
Rechnung tragen zu können.
Drei Zielbereiche
1. Transparenz der Gebühren für Zahlungskonten
Der vorgeschlagenen Richtlinie zufolge müssen alle Zahlungsdienstleister den Verbrauchern folgende Dokumente
zur Verfügung stellen:
- Gebühreninformationen in Form einer Liste der am häufigsten angebotenen
Dienste und dafür erhobenen Gebühren;
- Aufstellung der Gebühren, die der Zahlungsdienstleister während der
vorangegangenen zwölf Monate für Dienste im Zusammenhang mit dem Zahlungskonto in Rechnung gestellt hat;
- auf Anfrage ein Glossar der im Zusammenhang mit Zahlungskonten verwendeten Begriffe.
Für diese Dokumente sind eine standardisierte Terminologie und Standardformate zu verwenden, die einen Vergleich
zwischen den Angeboten verschiedener Zahlungsdienstleister erleichtern.
Schließlich wird vorgeschlagen, dass es in jedem Mitgliedstaat mindestens eine unabhängige Vergleichswebsite
geben sollte, auf der Daten über die von Zahlungsdienstleistern erhobenen Gebühren gesammelt werden.
Damit könnten die Verbraucher die Preise und Bedingungen der auf dem Markt angebotenen Zahlungskonten leicht
vergleichen.
2. Wechsel des Zahlungskontos
Die vorgeschlagene Richtlinie wird auch den Kontowechsel vereinfachen. Wenn ein Verbraucher den Auftrag erteilt,
alle oder einen Teil der wiederkehrenden Zahlungsaufträge (wie Überweisungen oder Lastschriften) von
seinem Konto auf ein anderes Konto zu übertragen, müssen die Zahlungsdienstleister alle mit dem Kontowechsel
verbundenen Schritte vornehmen. Die Kunden können auch verlangen, dass das Restguthaben von ihrem alten Konto
übertragen und das Konto geschlossen wird.
Die Zahlungsdienstleister müssen dieses Verfahren innerhalb von 15 Tagen (bei einem Wechsel zwischen Anbietern
in verschiedenen EU-Ländern innerhalb von 30 Tagen) abschließen und dürfen dafür keine Gebühren
erheben.
Schließlich werden die Zahlungsdienstleister dazu verpflichtet, die Verbraucher angemessen über ihre
Rechte im Zusammenhang mit einem Kontowechsel und über das Vorgehen zu informieren.
3. Zugang zu Zahlungskonten
Der vorgeschlagenen Richtlinie zufolge können europäische Verbraucher bei jedem beliebigen Zahlungsdienstleister
in der EU ein Zahlungskonto eröffnen, auch wenn sie in dem Land, in dem der Dienstleister ansässig ist,
über keinen Wohnsitz verfügen.
Darüber hinaus haben die Verbraucher ungeachtet ihres Wohnsitzes in der EU oder ihrer persönlichen finanziellen
Situation Anspruch auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen („Basiskonto“). Die Mitgliedstaaten
müssen dafür sorgen, dass mindestens ein Zahlungsdienstleister in ihrem Hoheitsgebiet ein Zahlungskonto
mit grundlegenden Funktionen anbietet, und sollten die Öffentlichkeit über die Verfügbarkeit solcher
Konten unterrichten. Die Zahlungsdienstleister dürfen die finanzielle Situation der betreffenden Person nicht
als Grund für die Verweigerung eines Kontos anführen.
In der Richtlinie werden die wesentlichen Leistungen, die dieses Konto bieten muss, genannt, einschließlich
der Möglichkeit zu Abhebungen, Banküberweisungen und zur Nutzung einer Debit-Karte. Überziehungen
oder Kredite sind bei Basiskonten nicht gestattet.
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