Pflegefondsgesetz soll noch vor dem
 Sommer geändert werden

 

erstellt am
08. 05. 13
14.00 MEZ

Fragestunde mit Sozialminister Hundstorfer im Bundesrat
Wien (pk) - Sozialminister Rudolf Hundstorfer rechnet damit, dass die geplante Änderung des Pflegefondsgesetzes noch vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen wird. Wie er in der Fragestunde des Bundesrats berichtete, soll es zu einem Ausbau des Case- und Care-Managements, einer Ausweitung der mobilen Betreuung und einer Flexibilisierung der Verwendung der Mittel aus dem Pflegefonds kommen. Zudem soll es möglich sein, künftig auch innovative Projekte aus dem Pflegefonds zu fördern. Der Fonds selbst soll vorläufig um weitere zwei Jahre verlängert werden. Ebenfalls geplant ist die Einführung einer Pflegekarenz von bis zu drei Monaten und einer Pflegeteilzeit.

Weitere Themen der Fragestunde betrafen die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die Arbeitsmarktöffnung für Rumänien und Bulgarien Anfang 2014, die Unterstützung von Frauen am Arbeitsmarkt, das "Abzocken" von KonsumentInnen durch dubiose Firmen und die Lehrlingsausbildung. Laut Hundstorfer zeigt das Lohn- und Sozialdumping-Gesetz erste Wirkung: es sind nicht nur Strafen in Millionenhöhe verhängt worden, sieben ausländischen Unternehmen wurde untersagt, ihre Dienstleistungen in Österreich anzubieten. Eine groß angelegte Werbekampagne, um Fachkräfte aus Spanien, Griechenland oder Portugal nach Österreich zu locken, plant der Sozialminister nicht.

Was das staatliche Pensionssystem betrifft, ist Hundstorfer überzeugt, dass dessen Finanzierung trotz des demographischen Wandels sichergestellt ist.

Die Fragen und die Antworten im Einzelnen:

Anfrage der Abgeordneten Monika KEMPERLE (S/W): Unsere Lebenserwartung und damit auch Pensionsbezugsdauer steigt, gleichzeitig geht durch den demographischen Wandel die Zahl der unter 65-Jährigen zurück – kann unser staatliches Pensionssystem diesen Wandel bewältigen?

Antwort: Sozialminister Hundstorfer zeigte sich in Beantwortung der Anfrage überzeugt, dass die Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems sichergestellt ist. Der demographische Wandel sei seit längerem bekannt, die Politik habe ihre Hausaufgaben gemacht, betonte er. Hundstorfer verwies unter anderem auf das einheitliche Pensionskonto ab dem Jahr 2014, das baldige Auslaufen der so genannten "Hacklerregelung", die stufenweise Anhebung des Antrittsalters für die Korridorpension, die Erhöhung der Abschläge in der Korridorpension, die gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung von Invaliditätspensionen, das Projekt "Fit to work" und die Verteuerung des Nachkaufs von Schul- und Studienzeiten.

Zuletzt sei es gelungen, das faktische Pensionsantrittsalter um ein paar Wochen zu erhöhen, unterstrich Hundstorfer, zentral sei aber auch die Erwerbsquote, die in den letzten Jahren gestiegen sei.

Den staatlichen Pensionsfonds in Norwegen sieht Hundstorfer "als kein wirkliches Vorbild", wie er auf eine Zusatzfrage von Bundesrat Reinhard Pisec (F/W) sagte, da das kapitalgedeckte System dazu führe, dass in einzelnen Jahren die Pensionen auch gekürzt werden können. Was die Reintegration von Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Arbeitsmarkt betrifft, hob Hundstorfer die Notwendigkeit hervor, in Zukunft bereits früher gegenzusteuern.

Anfrage des Abgeordneten Josef SALLER (V/S): Wie viele Mindestsicherungsbezieher gibt es in den einzelnen Bundesländern, die innerhalb eines halben Jahres wieder eine nachhaltige Arbeit über der Geringfügigkeitsgrenze für mindestens 3 Monate aufgenommen haben?

Antwort: Hundstorfer wies darauf hin, dass bereits mehr als 36.000 MindestsicherungsbezieherInnen aus der Mindestsicherung in eine Beschäftigung gekommen seien. Dass es in Wien überproportional viele MindestsicherungsbezieherInnen gibt, führt er darauf zurück, dass in Wien Kinderleistungen eingerechnet werden und in vielen Fällen, anders als in anderen Bundesländern, die Möglichkeit der Aufstockung von Niedrigsteinkommen, etwa der Notstandsbeihilfe, in Anspruch genommen wird. Um Missbrauch zu verhindern, werde ganz genau hingeschaut, versicherte Hundstorfer Bundesrat Saller.

Gegenüber Bundesrätin Inge Posch-Gruska (S/B) hielt Hundstorfer fest, um MindestsicherungsbezieherInnen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren würden sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte Transitarbeitsplätze anbieten.

Anfrage der Abgeordneten Cornelia MICHALKE (F/V): Welche Maßnahmen werden Sie vor der Arbeitsmarktöffnung für Rumänien und Bulgarien Anfang 2014 treffen, damit rumänische und bulgarische Arbeitnehmer nicht österreichische Arbeitnehmer verdrängen?

Antwort: Sozialminister Hundstorfer sieht keine Gefahr, dass die Öffnung des Arbeitsmarktes für Bulgarien und Rumänien zu einer Verdrängung österreichischer Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt führen wird. Es werde zu keiner "Überrollung" kommen, meinte er, schließlich seien schon jetzt fast 27.000 BulgarInnen und RumänInnen als SaisonarbeiterInnen bzw. in Mangelberufen in Österreich beschäftigt.

Hundstorfer machte zudem geltend, dass das Lohn- und Sozialdumpinggesetz wirke. Wie er gegenüber Bundesrat Michael Lampel (S/B) ausführte, hat es bereits 301 Anzeigen wegen Unterentlohnung gegeben, Strafen von 3,8 Mio. € seien verhängt worden. In sieben Fällen wurde ausländischen Unternehmen das Anbieten von Dienstleistungen in Österreich rechtskräftig untersagt. Auch aufgrund von Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen habe es Sanktionen gegeben, insgesamt seien 70.000 Betriebe kontrolliert worden.

Zur Feststellung von Bundesrat Georg Keuschingg (V/T), wonach es in vielen Branchen einen Fachkräftemangel gebe, merkte Hundstorfer an, die Hälfte bis zu zwei Drittel des AMS-Budgets würden für Qualifikationsmaßnahmen verwendet. Dem Bundesrat Marco Schreuder (G/W) teilte Hundstorfer mit, dass die zuletzt nach Österreich zugewanderten ausländischen Arbeitskräfte in der Regel hochqualifiziert seien, die Akademikerquote betrage 40%.

Anfrage der Abgeordneten Johanna KÖBERL (S/St): Was unternehmen Sie als zuständiger Minister, um Frauen am Arbeitsmarkt zu unterstützen?

Antwort: Sozialminister Hundstorfer verwies darauf, dass 50% der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen verwendet würden, obwohl nur 47% der Arbeitssuchenden Frauen seien. Zudem versuche das AMS Frauen für technische Berufe zu qualifizieren, skizzierte er. Zur Kritik von Bundesrätin Elisabeth Greiderer (V/T), wonach Teilzeitarbeit und atypische Beschäftigungsverhältnisse von der Politik häufig zu Unrecht abgewertet würden, hielt der Minister fest, von den ca. 900.000 Teilzeitbeschäftigten in Österreich würden die Hälfte freiwillig und die Hälfte unfreiwillig Teilzeit arbeiten.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) erhielt vom Minister die Auskunft, dass heuer bereits mehr als 21.000 Frauen, die länger vom Arbeitsmarkt weg waren, eine Wiedereinstiegshilfe gewährt wurde.

Anfrage des Abgeordneten Gregor HAMMERL (V/St): Welchen Handlungsbedarf gibt es aus der Sicht Ihres Ressorts beim Aufbau eines Systems der Alterswohlfahrt?

Antwort: Hundstorfer betonte, Österreich habe ein gutes System bei der Betreuung älterer Menschen. Um einzelne Defizite zu beheben, soll das Pflegefondsgesetz noch vor der Sommerpause geändert werden. Konkret will Hundstorfer etwa der Demenz und der Hospiz mehr Augenmerk schenken, zudem strebt er eine Ausweitung der mobilen Betreuung an. Der Minister geht von einem Ministerratsbeschluss in der nächsten Woche aus.

Vereinbart sei, bei der Steuerfinanzierung der Pflege zu bleiben, bekräftigte der Minister. Der Pflegefonds werde vorläufig um zwei Jahre verlängert, künftig können daraus auch innovative Projekte finanziert werden. Die Länder dürfen die Mittel in Zukunft flexibler verwenden. Geplant sei auch eine Pflegekarenz bis zu drei Monaten und die Möglichkeit einer Pflegeteilzeit.

Zum von Bundesrat Hammerl angeschnittenen Freiwilligen Sozialen Jahr, führte Hundstorfer aus, dieses soll für Rettungsorganisationen geöffnet werden. Er betonte überdies, dass über das AMS pro Jahr 4.500 Personen in Gesundheits- und Sozialberufen ausgebildet werden.

Von Bundesrat Gerd Krusche (F/St) auf die zweimalige Pensionsanpassung unter der Inflationsrate angesprochen, meinte Hundstorfer, dies sei zwar ein massiver Beitrag der PensionistInnen zur Budgetkonsolidierung, dieser sei aber leistbar. Ausdrücklich unterstrich er, dass der Ausgleichszulagenrichtsatz jedenfalls an die Inflation angepasst werde.

Anfrage des Abgeordneten Josef TAUCHER (S/W): Immer wieder werden KonsumentInnen von dubiosen Firmen "abgezockt". Was wurde bereits dagegen getan?

Antwort: Hundstorfer informierte über eine verstärkte Zusammenarbeit der Konsumentenschutzeinrichtungen, aber auch der Strafverfolgungsbehörden von Österreich, Deutschland und der Schweiz. Der Internet-Ombudsmann sei außerdem permanent dabei, die Bevölkerung zu informieren, sagte er. Dort, wo es möglich sei, werde über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) geklagt. Wie Hundstorfer Bundesrat Gerhard Dörfler (F/K) mitteilte, sind 90% der Klagen des VKI erfolgreich. Der VKI erhalte dafür zusätzlich zur Grundsubvention zusätzliche Finanzmittel.

Insgesamt gibt es laut Hundstorfer einen Rückgang der Beschwerden und beispielsweise weniger Probleme mit Werbefahrten, was aber zunehme, sei aggressives "Cold-Calling", also unerlaubte Werbeanrufe.

Anfrage der Abgeordneten Anneliese JUNKER (V/T): Wie viele Lehrstellensuchende gibt es aktuell im Vergleich mit den offenen Lehrstellen in den einzelnen Bundesländern?

Antwort: Der Sozialminister berichtete, dass es mittlerweile bereits in drei Bundesländer mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende gebe. Zu Salzburg und Tirol ist zuletzt auch Oberösterreich dazugekommen. Insgesamt würden derzeit rund 4.300 Personen eine Lehrstelle suchen, dem stehen 3.400 offene Lehrstellen gegenüber.

Eine groß angelegte Werbekampagne, um Fachkräfte aus Spanien, Griechenland oder Portugal nach Österreich zu locken, ist laut Hundstorfer nicht geplant. Der Schwerpunkt liege darauf, das Arbeitskräftepotenzial in Österreich zu aktivieren, sagte er gegenüber Junker und Bundesrat Josef Taucher (S/W). Konkret wies er etwa auf das Projekt "Jugendcoaching in Schulen" hin, das darauf abziele, Jugendlichen mit schwachen Schulleistungen und ohne Berufsperspektive eine Zielorientierung zu geben. Die Erfolgsquote im Probelauf habe 85 % betragen, sagte Hundstorfer, bis jetzt konnten bereits 35.000 Jugendliche mit dem Projekt erreicht werden.

Gerade analysiert wird laut Hundstorfer das Problem, dass viele Lehrlinge bei der Lehrabschlussprüfung durchfallen. Auffällig sei, dass es in einzelnen Branchen eine enorme Durchfallquote gebe, führte er in Richtung Bundesrat Hermann Brückl (F/O) aus. Um Probleme mit Lehrlingen in Betrieben zu beseitigen gebe es auch das Modell des "Lehrlingscoach".

 

 

 

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