Mailath bekräftigt Wiener Weg der Erinnerungskultur
Wien (rk) - Im Auftrag der Stadt Wien überprüft derzeit eine Historikerkommission unter der Leitung
von Oliver Rathkolb Wiener Straßenbenennungen nach in- und ausländischen Persönlichkeiten sowie
historischen Ereignissen. Der Bericht mit den Ergebnissen der zweijährigen Forschungstätigkeit wird noch
vor dem Sommer vorliegen.
Anlässlich eines zweitägigen internationalen Symposiums ("International Directions in critical place-name
Research and the Vienna Case Study") referierten ExpertInnen aus Israel, Finnland, Deutschland, Kroatien,
den USA und Niederlanden sowie aus Österreich vom Umgang mit historisch belasteten Straßennamen in ihren
Ländern.
Anlässlich des Symposiums bekräftige Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny einmal mehr die Linie
der Stadt: "Straßennamen sind ein wichtiger identitätsstiftender Teil der Geschichte unserer Stadt,
sie zeugen von den Glanz- und Schattenseiten unserer Vergangenheit. Ich bin daher bei Straßenumbenennungen
sehr zurückhaltend. Vielmehr geht es darum, eine aktive Erinnerungskultur in Gang zu setzen und die Geschichte
unserer Stadt zu thematisieren, sie ins Bewusstsein zu heben und eine lebendige Diskussion darüber zu führen",
betont Mailath. Denn der gesellschaftliche Diskurs sei das eigentliche Ziel, das die Stadt mit der Erinnerungskultur
erreichen wolle.
Zusätzliche Informationen auf Zusatztafeln und durch künstlerische Interventionen
"Zusatztafeln, auf denen alle nötigen und relevanten biographischen Fakten Platz finden, um dem Namengeber
einer Straße in seiner Ambivalenz darstellen zu können, sind sinnvolle und geeignete Maßnahmen",
stellte der Stadtrat fest. Genauso wie künstlerische Interventionen, mit denen die Stadt schon bisher gute
Erfahrungen gemacht habe. Etwa der Künstlerin Ulrike Lienbacher, die ein historisch belastetes Kunstwerk im
öffentlichen Raum umgestaltet hat ("Idylle").
Schließen biographischer Lücken
Es fällt auf, dass von namhaften österreichischen Politikern keine profunden Biographien vorliegen.
Die kürzlich geführte Diskussion um Karl Renner, Staatskanzler der Ersten Republik Österreich und
Präsident der Zweiten Republik Österreich, ist ein gutes Beispiel dafür. Biographische Lücken
sind auch bei anderen für die Republik Österreich wichtigen Politiker auszumachen. Stadtrat Mailath regt
daher an, Forschungsarbeiten über umstrittene Politiker in Auftrag zu geben, etwa von Leopold Kunschak, Julius
Raab, Karl Renner, Ignaz Seipel und anderen: "Insbesondere die Parteiakademien und Parlamentsklubs sollten
sich gemeinsam dieser Aufgabe widmen".
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