Wirtschaftsparlament der WKS: "Österreich ist gut aufgestellt, muss aber die Standortqualität
im Auge behalten"
Wien (bmwfj) - Österreich steht im EU-Vergleich relativ gut da, aber ist relativ besser gut genug?
Diese Frage stellte Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner am 14.05. im Wirtschaftsparlament der WKS, dem
höchsten Gremium der Salzburger Wirtschaft. Zwar führe Österreich mit der niedrigsten Arbeitslosenquote
im Arbeitsmarkt-Ranking der EU, befinde sich an dritter Stelle beim BIP pro Kopf und bei der touristischen Wertschöpfung,
müsse aber seine Schwächen zur Kenntnis nehmen: bei den (wieder gestiegenen) Arbeitskosten nehme Österreich
den achthöchsten Platz ein, bei der Abgabenquote den sechsten Rang und beim niedrigsten Pensionsantrittsalter
die zweite Stelle. "Wir müssen die Warnzeichen sehen", warnte Mitterlehner. Österreich falle
in einigen Rankings zu-rück, die Energiekosten seien aufgrund der deutschen Energiewende so hoch, dass Betriebe
die Abwanderung überlegten, und "Pisa" und Uni-Rankings zeigten, dass das Bildungssystem Reformbedarf
aufweise.
Energiekosten in Europa Hauptsorge
Mitterlehner ortete dabei allerdings weniger ein österreichisches als ein europäisches Problem. Zunehmend
verabschiede sich das Wachstum aus der Eurozone, hin zu den "emerging markets" auf der Welt, die zudem
weit weniger verschuldet seien als Europa. Die CO2-Politik der EU, zunächst als Vorteil gesehen, habe sich
zum Wettbewerbsnachteil gewandelt. Der Binnenmarkt sei bei näherer Betrachtung noch nicht endgültig verwirklicht
und nicht zuletzt stecke die EU in einer Art permanenter Finanzkrise. Ebenso verliere die EU den Energiekostenwettbewerb
mit den USA: Hohe Energie- und Rohstoffpreise stellten laut einer Befragung von mittelständischen Betrieben
auch hierzulande die größten Sorgen dar.
Freihandelsabkommen schafft Win-win-Situation
"Doch Europa steuert dagegen", berichtete Mitterlehner. So soll der Binnenmarkt noch wirksamer gemacht
werden, etwa durch das Europapatent. Um aus der Energiekosten- und CO2-Falle zu gelangen, werde auch endlich die
Industrie- und Standortpolitik mit der Klimapolitik verbunden. Neue Innovationsprogramme wie "Car 2020"
sorgten für einen Technologieschub in europäischen Kernkompetenzen. Und nicht zuletzt bietet das visionäre
Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA als Win-win-Situation eine enorme Zukunftsperspektive.
Der Wirtschaftsminister sieht freilich auch einige Stärken Österreichs im internationalen Wettbewerb:
"Wir sind gut aufgestellt." Österreichs Unternehmen haben auf die Krise reagiert, mehr als zwei
Drittel haben die Kosten gesenkt und ihre Strukturen effizienter aufgestellt. "Während in anderen Ländern
eine ganze Ausbildungsgeneration an die Arbeitslosigkeit verloren gehen, weist Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit
auf", verwies Mitterlehner auf die duale Ausbildung, "die man nicht kopieren kann, aber in ihrem Zusammenspiel
von Betrieb und Berufsschule in Europa kapieren muss".
Demnächst startet das Wirtschaftsministerium daher flächendeckend ein verstärktes Lehrlings-Coaching
und will auch Betriebe unterstützen, wenn Lehrlinge aus der überbetrieblichen Ausbildung übernommen
werden. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, will Mitterlehner auch die Rot-Weiss-Rot-Card verbessern
und die Frauenerwerbsbeteiligung erhöhen.
Neue Wachstumsmärkte ins Visier nehmen
In zwei Wochen wird auch das Exportförderprogramm "go-international" neu aufgelegt. "Wir
haben in den vergangen Jahren damit 4.000 Betriebe in den Export gebracht", berichtete der Minister, der Österreichs
Exportdestinationen diversifizieren möchte: Derzeit gehen nur 7,8% aller Exporte in Wachstumsmärkte,
aber über 22% in Länder mit Rezession. Um konjunkturelle Risiken zu verringern, müssten daher die
Chancen in neuen Märkten wahrgenommen werden.
Keine Freude hat Minister Mitterlehner mit den Steuerplänen von ÖGB, AK und SPÖ: "Vermögensteuer?
Brauchen wir nicht, nützt uns nichts! Die Wirtschaft schafft die Arbeitsplätze. Sie dabei zu behindern,
ist der falsche Weg!"
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