Verabschiedung Stoisits und Kostelka im Volksanwaltschaftsausschuss
Wien (pk) - Seit letztem Jahr ist die Volksanwaltschaft Österreichs zentrale Monitoringstelle für
die Einhaltung von Menschenrechten. In dieser Funktion führt sie neben ihren Beschwerdeprüfungen auch
präventive Kontrollen möglicher Fälle von Menschenrechtsverletzung durch. Ihre letztjährigen
Prüfergebnisse, dargestellt im Tätigkeitsbericht 2012, debattierte der Volksanwaltschaftsausschuss des
Nationalrats am 14.05. im Detail und nahm ihn mehrheitlich gegen die Stimme des BZÖ zur Kenntnis. Zu den meisten
Nachprüfungen führten im Vorjahr Beschwerden in den Bereichen Soziales und Asylrecht, wobei die Volksanwaltschaft
vor allem die lange Verfahrensdauer am Asylgerichtshof als menschenrechtswidrig kritisiert.
In ihrer Rolle als VolksanwältInnen verabschiedeten sich Terezija Stoisits und Peter Kostelka mit dieser Ausschusssitzung
von den MandatarInnen, da ab 1. Juli 2013 Günter Kräuter und Peter Fichtenbauer gemeinsam mit der wiedergewählten
Gertrude Brinek das neue Kollegium der Volksanwaltschaft bilden.
Umfassender Menschenrechtsschutz ist Ziel der Präventivkontrollen
Mit der 2012 in Kraft getretenen Kompetenzerweiterung in Form der Präventivprüfung setzt die Volksanwaltschaft
das Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention (OPCAT) und den darin geforderten "Nationalen Präventionsmechanismus"
(NPM) um. Dieser beinhaltet regelmäßige Kontrollen öffentlicher und privater Einrichtungen, in
denen Menschen mit oder ohne Behinderung die Freiheit entzogen wird und wo sie Gefahr laufen, unmenschlich behandelt
zu werden. Nach der Aufbauphase der neuen Kontrolltätigkeit im Vorjahr sei die Volksanwaltschaft in diesem
Bereich schon gut mit den mitwirkenden Gremien eingespielt, skizzierte Volksanwältin Terezija Stoisits den
Umsetzungsstand des NPM.
Die Tätigkeit der zur präventiven Prüfung eingesetzten Kommissionen sei von hoher Autonomie geprägt,
erklärte Stoisits in Richtung der Abgeordneten Anna Höllerer (V), die sich nach der Organisation der
Kontrollaufträge erkundigte. Die Prüforgane würden selbst bestimmen, wann sie welche Einrichtungen
besuchen, erläuterte Stoisits, allerdings gebe es grundsätzliche Regeln, wie die Prüfungen durchzuführen
sind. So sei etwa das Vier-Augen-Prinzip bzw. die Beteiligung mehrerer Kontrollpersonen bei Besuchen verpflichtend
vorgesehen. Zudem bedürfe es im Vorfeld eines Kontrollbesuchs einer umfassenden Vorbereitung unter Beachtung
aller relevanten Daten und Fakten der zu prüfenden Einrichtung, sodass die Besuchskommission in Folge ihre
Wahrnehmungen in einem qualitativ fundierten Protokoll festhalten kann.
Bei der Vorbereitungsarbeit bewähre sich nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsbeirat, der
die Volksanwaltschaft unter anderem bei der Festlegung von Prüfungsschwerpunkten berät, schilderte Stoisits
die Verfahrensabläufe. Auch die Kooperation mit NGOs werde vertieft, wodurch sich für die Volksanwaltschaft
zusätzliche Informationen über Diskriminierungsfälle ergäben, fügte Volksanwalt Peter
Kostelka an.
Die sechs Kontrollkommissionen der Volksanwaltschaft haben seit dem Start ihrer diesbezüglichen Besuche letzten
September gravierende Versorgungsmängel, besonders in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren sowie in Pflegeheimen
und psychiatrischen Einrichtungen festgestellt, geht aus den Besuchsprotokollen hervor. Ob die derzeitigen Ressourcen
der Volksanwaltschaft für eine tatsächlich flächendeckende Kontrolle im Sinne des Nationalen Präventionsmechanismus
ausreichen, werde sich spätestens in zwei Jahren zeigen, wenn eine Vollumsetzung erreicht sein sollte, so
Stoisits. Letztlich habe das Parlament darüber zu entscheiden, inwieweit Einsparungen bei der Menschenrechtskontrolle
tragbar sind.
Beschwerdeprüfungen von Asylgerichtshof bis zur Kommunalebene
Beanstandungen über lange Verfahrensdauern, angesprochen von Abgeordnetem Bernhard Vock (F), traten im Vorjahr
in nahezu allen Verwaltungsbereichen auf, sagte Volksanwältin Gertrude Brinek und nannte dabei als Beispiele
Baurecht, Innere Sicherheit sowie Finanzierungsangelegenheiten. Der Anstieg diesbezüglicher Beschwerden ergebe
sich zu einem nicht kleinen Anteil aus den überlangen Verfahren am Asylgerichtshof, konkretisierte Volksanwältin
Terezija Stoisits. Dieser Umstand führe für Asylsuchende zu einer unzumutbaren Ungewissheit über
ihren Aufenthaltsstatus, heißt es dazu im Volksanwaltschaftsbericht.
Insgesamt veranlassten die Volksanwaltschaft 2012 laut Bericht 15.649 Beschwerden zu Nachprüfungen. Der Großteil,
mehr als ein Viertel, betraf den Sozialbereich, gefolgt von den Bereichen Innere Sicherheit (rund 25%) und Justiz
(rund 15%). In den 9.315 abgeschlossenen Prüfverfahren wurden 1.519 Missstände aufgedeckt. Als Beispiel
der daraus von der Volksanwaltschaft gefolgerten Empfehlungen führte Brinek den Vorschlag an, als ersten Schritt
zur Behebung von Mängeln bei der medizinischen und therapeutischen Versorgung in Justizanstalten eine Überarbeitung
der dortigen Dienstpläne anzudenken. Missstände bei Sachwalterschaften, wie sie Abgeordneter Oswald Klikovits
(V) anschnitt, beruhten oftmals auf der problematischen Übertragung von Aufgaben der Rechtsbegleitung und
jenen der sonstigen Pflege an dieselbe Person, umriss Brinek derartige Beschwerdefälle. Wie alle anderen Beanstandungen
auch behalte die Volksanwaltschaft diese gesellschaftspolitische Thematik weiterhin im Auge, betonte sie. Über
die gesetzlichen Konsequenzen habe die Volksanwaltschaft allerdings nicht zu entscheiden, erinnerte Stoisits. Anlass
dafür war die Anmerkung des Abgeordneten Werner Herbert (F), immer noch sei die Rechtsfrage ungelöst,
welche Stelle Verantwortung und Kosten bei der Beseitigung von Kriegsrelikten tragen soll.
Schwerpunktthema bei den Kontrollen waren Verstöße gegen Anti- Diskriminierungsbestimmungen
Das Aufzeigen von Diskriminierungen durch die Verwaltung sei ein wesentlicher Zuständigkeitsbereich der
Volksanwaltschaft, hielt Peter Kostelka als Reaktion auf Fragen der Abgeordneten Hannes Fazekas (S) und Wolfgang
Zinggl (G) fest. Deswegen sei seitens der Volksanwaltschaft auch eine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf der Gleichbehandlungsgesetzesnovelle
abgegeben worden, etwa mit der Empfehlung, bei Diskriminierungen bestimmter Personengruppen Verbandsklagen zu ermöglichen.
Die Interessen der BürgerInnen seien jedenfalls bei der Volksanwaltschaft gut aufgehoben, fasste Abgeordneter
Wolfgang Großruck (V) zusammen, das zeigten beispielsweise die Prüfverfahren auf Landes- und Gemeindeebene,
ausgelöst durch Beschwerden aus dem unmittelbarsten Lebensbereich von BürgerInnen. Dieser positiven Sicht
auf die Arbeit der VolksanwältInnen widersprach Abgeordneter Stefan Petzner (B), der sich konkret auf das
ihm zufolge parteipolitische Agieren des Volksanwalts Peter Kostelka bei der Saualm-Prüfung bzw. der Informationstätigkeit
darüber bezog. In einer detaillierten Erwiderung stellte daraufhin Kostelka klar, die Volksanwaltschaft sei
im angeführten Fall lediglich ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag gefolgt, menschenrechtlichen Vorwürfen
gründlich nachzugehen, wobei er persönlich keinerlei parteischädigende Mitteilung im Verlauf der
Prüfungen getätigt habe. Petzner enthielt sich nach diesem Wortgefecht als Einziger der Kenntnisnahme
des Berichts.
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