Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied und Staatssekretär Sebastian Kurz legen ein Mehrstufen-Programm
für die Sprachförderung vor: Alle Kinder sollen im Kindergarten und in der Schule gefördert werden.
Wien (bmukk) - Ausgehend vom Ministerratsbeschluss vom 4. Dezember 2012, dass Kinder mit sprachlichem Förderbedarf
eine besondere Förderung erhalten sollen, hat das BMUKK in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für
Integration und zahlreichen ExpertInnen ein Mehrstufen-Programm zur Sprachförderung entwickelt, das ab sofort
Schritt für Schritt umgesetzt wird.
Die Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch ist der Schlüssel zum Bildungserfolg in Österreich. Schon
im Jahr 2008 hat deshalb Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied im Zuge der Einführung des verpflichtenden
Kindergartenjahres eine Änderung des Schulunterrichtsgesetzes eingebracht. In diesem heißt es seit 1974
sinngemäß, dass die Voraussetzung für die Aufnahme als ordentliche/r Schüler/in ist, dass
er/sie in der Lage ist, der Unterrichtssprache der jeweiligen Schule zu folgen (§3 Abs.1 lit.b SchUG). 2008
wurde diese Bestimmung insofern ergänzt, dass die Erziehungsberechtigten dafür Sorge zu tragen haben,
dass der/die Schüler/in beim Schuleintritt die Unterrichtssprache soweit beherrschen, dass sie dem Unterricht
zu folgen vermögen (§3 Abs.3 SchUG). Diese Änderung war die Grundlage für das verpflichtende
Kindergartenjahr als erstem Reformschritt.
Nun folgt gemäß Regierungsübereinkommen eine nochmalige Weiterentwicklung der Sprachförderung
vor allem an der Schnittstelle zwischen Kindergarten und Schule, aber auch im Bereich der vorschulischen und schulischen
Sprachförderung. Ab dem Schuljahr 2013/14 starten außerdem Modellprojekte, die an Schulstandorten mit
vielen Kindern mit hohem sprachlichen Förderbedarf in allen Bundesländern für ein Schuljahr erprobt
und dann evaluiert werden sollen. Diese Modellprojekte dienen auch der Erprobung der intensiveren Zusammenarbeit
zwischen vorschulischem Bereich und Schuleingangsbereich, weshalb bewusst BAKIPs und PHs federführend eingebunden
werden.
Die Modellprojekte sollen sich vor allem der optimalen Förderung von (Vor-)Schulkindern und QuereinsteigerInnen
widmen, auch in Form von mehrmonatigen Intensivkursen (z.B. Sprachcoaching für neu zugewanderte Kinder) zusätzlich
zum Schulbesuch (Schulpflicht). Diese gezielten Förderangebote sollen die Grundlage zum Erlernen der Bildungssprache
Deutsch bilden und in Form von individueller Förderung die Kinder befähigen, dem Unterricht adäquat
folgen zu können. Damit soll eine aktive Teilnahme am Unterricht und eine bessere Integration im Klassenverband
ermöglicht werden.
Mehrstufen-Programm für eine umfassende Sprachförderung
- Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Schulaufnahme durch einen verbindlichen
Erlass: In Anwendung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Schulreife und Aufnahme in die
Schule ist neben anderen Kriterien besonders auch die unterrichtssprachliche Kompetenz zu berücksichtigen.
Näheres wird in verbindlichen Richtlinien ab dem Schuljahr 2013/14 geregelt: Für die Feststellung der
Schulreife werden präzisierte Kriterien angewendet. Neben den kognitiven, motorischen, emotionalen, sozialen
und physischen Aspekten erfolgt eine stärkere Berücksichtigung der unterrichtssprachlichen Kompetenz.
- Begleiteter Übergang Kindergarten – Volksschule: Ein gemeinsames Diagnoseverfahren
wird durch einen Leitfaden zur Diagnose der sprachlichen Fähigkeiten als Richtlinie an die Leitungen der aufnehmenden
Schulen sichergestellt. Bei Bedarf sollen die Schulaufnahmen durch ein Übergangsteam mit SchulpsychologInnen,
SonderpädagogInnen, KindergartenpädagogInnen, MuttersprachenlehrerInnen etc. begleitet und individuelle
Sprachförderpläne erstellt werden. In enger Abstimmung mit den Ländern und Gemeinden soll ein begleiteter
Übergang vom Kindergarten in die Volksschule und eine flexible Grundstufe 1 gelingen.
- Standortgerechte Modelle und flexible Grundstufe 1. Je nach Übergangsbefunden
kann am Standort die Sprachförderung integrativ oder mit Vorschulklassen (nach Möglichkeit mit flexiblen
Übertrittsmöglichkeiten), gegebenenfalls auch mit Einräumung zusätzlicher Lernzeit (3 statt
2 Jahre für die Grundstufe 1) in Anwendung der bestehenden Gesetzeslage erfolgen.
- Langfristig soll Sprachförderung als frühes und ständiges Prinzip
generell für alle Kinder gelten, ebenso für alle Lehrpersonen in allen Fächern und auf allen Schulstufen.
- Sprachförderung als Prinzip für ALLE Kinder, speziell aber für
Kinder mit Deutsch als Zweitsprache, für SeiteneinsteigerInnen und für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen:
In Abstimmung mit der Schulaufsicht werden der Standortsituation angemessene Angebote von integrativer und intensiver
Sprachförderung entwickelt – unter Berücksichtigung des Prinzip des gemeinsamen Sprachenlernens in heterogenen
Gruppen.
- Leseförderung. In einem Grundsatzerlass wird die Leseförderung als
wichtiger Teil der sprachlichen Bildung auch für Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch dargestellt und
es werden konkrete, auf die jeweilige Lebenssituation der Kinder eingehende Kriterien für die Umsetzung festgelegt.
- Professionalisierung der Lehrenden: Die Qualifizierung aller PädagogInnen
für Sprachförderung in allen Fächern und Aus- und Fortbildung von SpezialistInnen soll mit der PädagogInnenbildung
NEU, neuen kompetenzbasierten Lehrplänen für die KindergartenpädagogInnen und in der Fort- und Weiterbildung
umgesetzt werden.
- Gute Abstimmung von schulischen und außerschulischen Unterstützungsangeboten:
Nutzung von Synergien durch die Schulaufsicht und die Schulleitungen beim Einsatz von Beratungslehrpersonen, Schulpsychologie,
Sozialarbeit und Sprachförderkräften, Übergangsmanagement zwischen lokalen und regionalen Unterstützungssystemen
und der Schulaufsicht bzw. den Pädagogischen Hochschulen und der Kindergartenaufsicht sowie der BAKIP.
- Modellprojekte ab 2013/14: Erprobung standortspezifischer Ansätze umfassender
Sprachförderung mit wissenschaftlicher Begleitung und Evaluation in kooperativen Clustern bestehend aus Pädagogischen
Hochschulen mit ihren Praxisschulen, Bundesanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP) und ihren Übungskindergärten
sowie weiteren Kindergärten und Volksschulen in der jeweiligen Region.
- Sprachförderung für SeiteneinsteigerInnen: Entwicklung von Modellen
zur Sprachförderung von SeiteneinsteigerInnen (geblockte Sprachfördergruppen – auch in der unterrichtsfreien
Zeit) durch den Österreichischen Integrationsfonds.
Mittelfristige zusätzlich budgetwirksame Maßnahmen: Das BMUKK schlägt darüber hinaus Gespräche
über mittelfristig zusätzliche budgetwirksame Maßnahmen vor, die eine Grundstufe 1 neu (jahrgangsübergreifend,
differenziert, individualisiert), die Stärkung der Volksschulen (autonom, ganzheitlich, qualitätsgesichert),
Zusatzressourcen unter Bezugnahme auf den sozio-ökonomischen Hintergrund des Standortes und die sprachliche
Bildung aller PädagogInnen im Zuge der PädagogInnenbildung neu umfassen.
Die Umsetzung des Mehrstufen-Konzeptes beginnt im Herbst 2013 und erfolgt in mehreren Stufen. Allenfalls notwendige
Präzisierungen der gesetzlichen Bestimmungen (Schulpflichtgesetz, Schulunterrichtsgesetz, Schulorganisationsgesetz)
sollen auf Basis der Erfahrungen mit den Ausführungserlässen und den Ergebnissen der Evaluation der Modellprojekte
geprüft werden.
Mehr Sprachen – mehr Zukunft
Die Eckpunkte dieses Maßnahmenpakets sind gemeinsame Anstrengungen für sprachliche Bildung und eine
nachhaltige Sprach-und Lesekultur, sprachliche Bildung in allen Unterrichtsbereichen, von der „Sprache der Kinder“
ausgehende frühe, individuelle und nachhaltige Sprachförderung und standortgerechte autonome Lösungen
für lokal bzw. regional unterschiedlichste Situationen.
Aufbauend auf den Fördermaßnahmen im Elternhaus und im Kindergarten werden individuelle Förderpläne
ab dem Schuleintritt umgesetzt. Die Ziele dieser Förderung sind: Kinder beherrschen längstens bis zum
Ende der Volksschule die altersgerecht gesicherte Bildungssprache Deutsch, haben gute Bildungsfundamente in LESEN,
SCHREIBEN, RECHNEN, entsprechende emotionale und soziale Reife und Gruppenfähigkeit. QuereinsteigerInnen sollen
durch spezielle Unterstützungsmaßnahmen so schnell wie möglich an diese Ziele herangeführt
werden.
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