Hauptausschuss stärkt einstimmig Anti-Atompolitik der Regierung
Wien (pk) - Das Bankgeheimnis der Österreicherinnen und Österreicher werde nicht aufgeweicht.
In den Schlussfolgerungen des am 22.05. sattfindenden EU-Gipfels fänden sich keinerlei Formulierungen, die
auf eine Einschränkung der derzeitigen Regelung für InländerInnen hinweisen, stellte Bundeskanzler
Werner Faymann am 21.05. im Rahmen des EU-Hauptausschusses, der im Vorfeld des Europäischen Rats am 22. Mai
tagte, fest. Man trete für den Informationsaustausch mit Drittstaaten ein, wobei die OECD-Standards als Untergrenze
gelten und auch Trusts sowie Briefkastenfirmen miteinbezogen werden sollen. Österreichs Abkommen mit der Schweiz
und Liechtenstein würden nicht in Frage gestellt. Dass diese Punkte im Verhandlungsmandat der EU-Kommission
mit den fünf Staaten Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco und Andorra über einen automatischen
Austausch der Bankdaten von Steuerausländern nun enthalten sind, wertete Vizekanzler Michael Spindelegger
als einen Erfolg der österreichischen Politik.
Die Regierungsspitze zeigte sich heute in dieser Frage einig, der Bundeskanzler unterstrich zudem, dass Österreich
bemüht gewesen sei, die Punkte nicht als eine "Blockadeformulierung" in das Schlusspapier hinein
zu reklamieren. Vielmehr habe man das große Interesse, gegen Steuerbetrug vorzugehen, klar gemacht. Österreich
sei kein Blockadeland, so der Kanzler mit Nachdruck, man wolle den Abschluss der Verhandlungen nicht verunmöglichen.
Faymann hielt einen Abschluss der Verhandlungen mit den Drittstaaten bis Jahresende für möglich, wichtig
sei aber, dass die vereinbarten Maßnahmen gegen Steuerbetrug auch ernsthaft seien. Notwendig seien gleiche
Bedingungen für alle in Europa. Wenn dies unter Dach und Fach sei, dann sehe er keinen Grund mehr, den allgemeinen
Informationsaustausch von Seiten Österreichs weiter abzulehnen. Faymann machte in diesem Zusammenhang jedoch
darauf aufmerksam, dass Steuerbetrug ein umfassendes Thema darstelle, vom Mehrwertsteuer-Betrug bis hin zum Schwarzmarkt.
Kritik kam dazu von den Oppositionsparteien, jedoch mit unterschiedlichen Motiven. Während FPÖ und BZÖ
um den Fortbestand des österreichischen Bankgeheimnisses fürchteten, traten die Grünen für
eine bedingungslose Freigabe des Verhandlungsmandats und die volle Anwendung des automatischen Datenaustausches
der Zinsenrichtlinie ein. Entsprechende Anträge auf Stellungnahmen von FPÖ und Grünen fanden jedoch
nicht die erforderliche Mehrheit.
Einstimmig angenommen wurde jedoch ein Antrag auf Mitteilung aller fünf im Ausschuss vertretenen Fraktionen,
in dem die Abgeordneten einmal mehr die Anti-Atompolitik bekräftigen. Sie sprechen sich darin klar gegen die
Einbeziehung von Atomenergie in "low carbon"- Technologien sowie gegen eine Gleichstellung der Nuklearenergie
mit erneuerbaren Energien aus. Außerdem verweisen sie auf das geltende Verbot von "Carbon Capture and
Storage (CCS)" hin, darunter versteht man Verfahren, um durch CO2-Abscheidung und CO2-Speicherung Kohlekraftwerke
umweltverträglicher zu machen. Ein darüber hinausgehender Antrag der Grünen auf Stellungnahme blieb
aber in der Minderheit.
Thema beim kommenden Gipfel wird auch die katastrophale Lage in Syrien sein. Sowohl Faymann als auch Spindelegger
warnten vehement vor einer Aufhebung des Waffenembargos. Sie sahen darin keinerlei Beitrag, den Frieden herzustellen
und befürworteten eine politische Lösung. Die Position der Regierung fand allgemeine Unterstützung.
Bankgeheimnis: Leise Dissonanzen in der Koalition
In der Diskussion befürworteten die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP die Linie der Bundesregierung
in Fragen der Bekämpfung von Steuerbetrug, wenn auch nicht ohne Dissonanzen.
So zeigte sich Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zunächst froh darüber, dass nun eine gemeinsame
Erklärung auf EU-Ebene vorliege, ferner das Bankgeheimnis für Österreicherinnen und Österreicher
außer Streit stehe und Österreich selbst nun eine Vorreiterrolle für die Einbeziehung von Trusts
und Stiftungen einnehme. Die Aussagen seitens der EU, die Welt wäre in Ordnung, wenn Österreich sofort
dem allgemeinen Informationsaustausch zustimmt, hält er für unehrlich. Auch Klubobmann Josef Cap (S)
äußerte seine Zufriedenheit über die Fortschritte bei der Betrugsbekämpfung und machte keinen
Hehl aus seiner Skepsis gegenüber den jüngsten Vorstößen des britischen Premierministers David
Cameron im Hinblick auf die Steueroasen in den britischen Überseegebieten. Man kenne die Trustkonstruktionen
des Inselstaats sowie dessen Selbstverständnis hinsichtlich des Finanzmarkts, bemerkte Cap.
Kritische Töne gegenüber dem Koalitionspartner kamen jedoch von Abgeordnetem Kai Jan Krainer (S). Er
erinnerte daran, dass Österreich bereits 2003 einem automatischen Informationsaustausch zugestimmt hat, unter
der Bedingung, dass die fünf genannten Drittländer auf Anfrage Auskunft geben und die USA ähnliche
Rahmenbedingungen einführt. Das Wort Österreichs müsse auch 10 Jahre später gelten, sagte Krainer,
weshalb er es eigenartig finde, dass die ÖVP nun neue Bedingungen stelle. Selbstverständlich halte er
die Einhaltung von OECD-Standards und die Einbeziehung von Trusts für richtig, dabei könne es im Sinne
der Zusagen im Jahr 2003 jetzt aber nicht mehr um Bedingungen sondern nur mehr um Positionen gehen. Dort, wo das
Bankgeheimnis im Widerspruch zum Kampf gegen Steuerhinterziehung stehe, da habe letzteres den Vorrang, unterstrich
er. Dem gegenüber argumentierte Abgeordneter Stummvoll (V), die Welt habe sich seit 2003 geändert, und
was jetzt auf dem Tisch liege, sei zeitadäquat, was Klubobmann Cap (S) zu dem Einwurf provozierte, in der
Politik gebe es so etwas wie Kontinuität.
FPÖ und BZÖ sehen Ende des Bankgeheimnisses nahen
FPÖ und BZÖ sahen jedoch das baldige Ende des Bankgeheimnisses kommen. Steuerhinterziehung könne
man durch die Abschaffung des Bankgeheimnisses nicht bekämpfen, meinte Abgeordneter Johannes Hübner (F)
und sah die Gefahr, dass hinter diesem massiven Angriff mehr stecke als der Kampf gegen Steuerhinterziehung und
Geldwäsche. Vielmehr werde die gläserne Person mit einem weiteren Schritt angestrebt, stellte er warnend
fest. Wie Hübner glaubte auch Abgeordneter Peter Fichtenbauer, das Bankgeheimnis für InländerInnen
nicht aufrecht erhalten zu können. Das widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz innerhalb der EU, argumentierten
beide. Dem entgegnete Bundeskanzler Werner Faymann, nach Auffassung des Verfassungsdienstes werde die Regelung
halten, zumal alle im Ausland lebenden Personen mit inländischem Konto gleich behandelt würden. Die beiden
FPÖ-Politiker blieben jedoch bei ihren Befürchtungen, dass mit dem nun eingeschlagenen Weg Schleusen
geöffnet würden, wie auch das Beispiel Zyperns zeige.
Seitens des BZÖ kam der Vorwurf, die Regierung wolle "Sparbuchschnüffeleien" salonfähig
machen. Nun aber drohten der gläserne Mensch, massive Eingriffe in die Bürgerrechte und ein Zugriff auf
Vermögen. Abgeordneter Rainer Widmann (B) forderte daher vehement, das Bankgeheimnis in der jetzigen Form
sicherzustellen. Scharf wurde die Regierung auch von Abgeordnetem Stefan Petzner (B) angegriffen, der an die unterschiedliche
Positionierung von SPÖ und ÖVP in dieser Frage erinnerte. Seine harte Kritik traf vor allem Finanzministerin
Fekter, der er nicht nur Versagen bei der Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses vorwarf, sondern auch hinsichtlich
ihres Agierens in Sachen Hypo-Alpe-Adria und Kommunalkredit. Beiden Banken drohe nun die Zwangsabwicklung, wetterte
er.
Das BZÖ unterstützte auch den Antrag der Freiheitlichen betreffend Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses,
der jedoch von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt wurde.
Grüne kritisieren "Blockadepolitik" Fekters
Die Grünen vertreten in der Frage Bankgeheimnis eine gänzlich andere Politik. Abgeordneter Bruno Rossmann
(G) warf Finanzministerin Fekter völlige Blockadepolitik vor, denn sie blockiere den automatischen Datenaustausch,
die Reform der Zinsenrichtlinie und die Betrugsbekämpfungsabkommen mit Drittstaaten. Sie habe lediglich beim
letzten Punkt ihre Haltung aufgeweicht, sagte Rossmann. Schweiz, Luxemburg und Österreich hätten mit
ihrer Haltung der Staatengemeinschaft Schaden zugefügt, ergänzte Abgeordneter Werner Kogler (G) und warf
ein, dass der automatische Informationsaustausch über Konten sofort im Rahmen der geltenden Zinsenrichtlinie
eingeführt werden könnte. Es mache aber Sinn, räumte er ein, von Drittsaaten die Einhaltung gleicher
Standards zu verlangen.
Rossmann ortete ferner einen Widerspruch zwischen dem Weiterbestand der bilateralen Abkommen mit der Schweiz und
Liechtenstein und dem automatischen Informationsaustausch. Durch die beiden Abkommen würde auch bei der Steuergerechtigkeit
mit zweierlei Maß gemessen, konstatierte er und brachte in diesem Sinn einen Antrag auf Stellungnahme ein,
in dem die Grünen unter anderem die bedingungslose Freigabe des Verhandlungsmandats für die EU-Kommission
mit Drittstaaten, die Zustimmung zur Ausweitung des Geltungsbereichs der Zinsenrichtlinie und die volle Anwendung
des automatischen Datenaustauschs der genannten Richtlinie fordern. Dieser wurde aber von den anderen Fraktionen
abgelehnt und blieb somit in der Minderheit.
Zukunftsfrage Energiepolitik
Das zweite beherrschende Thema des heutigen Ausschusses betraf die Energiepolitik. Die EU strebt vor allem an,
die Versorgung der Wirtschaft und der privaten Haushalte mit erschwinglicher und nachhaltiger Energie sicherzustellen
und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Daher will man entsprechende Investitionen fördern sowie
die Diversifizierung der Energieversorgungsquellen Europas vorantreiben und die Energieeffizienz steigern. Bundeskanzler
Werner Faymann wies darauf hin, dass es das Bestreben Österreichs gewesen sei, Nuklearenergie nicht mit erneuerbarer
Energie gleichzustellen. In den Schlussfolgerungen finde sich nun eine neutrale Formulierung. In diesem Sinne wird
von den Abgeordneten auch die Anti-Atompolitik der Bundesregierung auf EU-Ebene durch den genannten und einstimmig
angenommenen Antrag auf Mitteilung bekräftigt.
Bundeskanzler Faymann stimmte mit Abgeordnetem Kogler (G) darin überein, dass es auch auf dem Energiesektor
zur Kostenwahrheit kommen müsse. Viele Länder würden derzeit bereits die Ansicht vertreten, dass
weder fossile Energie noch Kernenergie subventioniert werden dürfen. Leider fahre hier vor allem Tschechien,
unterstützt von Frankreich, eine völlig andere Linie.
Die Bedeutung des Energiesektors wurde auch von Vizekanzler Spindelegger unterstrichen. Die Versorgung mit Energie
zu wettbewerbsfähigen Preisen stelle eine Zukunftsfrage dar, sagte er. Wichtig seien hierbei nicht nur das
Engagement um neue Korridore wie die Erdgas-Leitungen Nabucco und Southstream, sondern auch die Sicherstellung
ausreichender Energie. Der Vizekanzler vermisste in diesem Zusammenhang ein entsprechendes aktives Auftreten der
EU-Kommission.
Seitens der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP wurde der Regierungslinie volle Unterstützung zugesichert.
Die Energiefrage sei eine eminente Wettbewerbsfrage, relevant für die Wirtschaft und damit ein äußerst
sensibler Bereich, stellte Abgeordneter Josef Cap (S) fest. Ähnlich argumentierte Abgeordneter Hannes Weninger
(S), der dem Bundeskanzler Anerkennung für dessen konsequente Anti-Atompolitik auf EU-Ebene zollte, auch wenn
er oft allein dastehe. Um die erneuerbare Energie zu forcieren, benötige man entsprechende Infrastruktur,
weitere Versorgungsnetze und die Gasversorgung als Brückentechnologie. Gerade bei der Energieversorgung brauche
man mehr EU-Kompetenzen, warf Abgeordneter Fritz Grillitsch (V) ein, denn es gehe darum, dem Wettbewerb standzuhalten
und Arbeitsplätze zu schaffen. Österreich habe aufgrund seiner Ressourcen die Chance, einen enormen Energieschub
zu ermöglichen, um krisensicher zu werden, und das sollte man nützen.
Der einstimmig angenommene Antrag auf Mitteilung zur Anti-Atompolitik wurde zwar auch von den Grünen befürwortet,
für Abgeordnete Christiane Brunner (G) fehlen darin aber wesentliche Punkte, zumal der Klimawandel nicht angesprochen
wird. Um diesen in den Griff zu bekommen, müsse man den Energieverbrauch eindämmen. In ihrem Antrag auf
Stellungnahme sprechen sich die Grünen unter anderem gegen die weitere Erschließung von Kohle- und Schiefergas
und anderen unkonventionellen Energieträgern aus. Außerdem sollten die CO2 Minderungsziele bis 2030,
die über die von der Kommission anvisierten 40% hinausgehen, in die Schlussfolgerungen aufgenommen werden.
Die Grünen drängen weiter auf die schnellstmögliche Festlegung verbindlicher Klima- und Energieziele.
Abgeordnete Brunner sprach sich darüber hinaus auch für eine Versicherungspflicht sowie für die
Analyse von Kosten auf dem Energiesektor aus.
Kritik an der heimischen Anti-Atompolitik kam von Angeordnetem Rainer Widmann (B). Diese sei doppelbödig,
denn in der EU setze man weiter auf Kernenergie. In Österreich seien generell die Strompreise zu hoch, weil
es keinen Wettbewerb gibt, sagte er. Im Allgemeinen forderte er den Bundeskanzler auf, dem Parlament am Donnerstag
die Ergebnisse des Gipfels zu präsentieren.
Baldiges Ende der UNO-Mission auf dem Golan?
Dritter Schwerpunkt der heutigen Diskussion bildete die Lage in Syrien. Österreich plädiert für
die Fortsetzung aller in Kraft befindlichen Sanktionen, auch nach dem 1. Juni, erklärte Vizekanzler und Außenminister
Michael Spindelegger. Sollte es keinen Kompromiss geben, dann würden ab diesem Datum alle Sanktionen gegen
das syrische Regime auslaufen, erklärte er, womit die sich nun anbahnenden Bemühungen seitens der USA
und Russlands um eine internationale Konferenz zum Scheitern verurteilt wären, warnte er.
Spindelegger wandte sich auch strikt gegen die mancherorts geforderte teilweise Aufhebung des Waffenembargos für
die Rebellen. Die Opposition sei nicht einheitlich, sondern zusammengesetzt wie ein Regenbogen, erläuterte
er, die Waffen könnten auch in die falschen Hände kommen. Mehr Waffen im Krisengebiet trügen nicht
zur Lösung bei, zudem wäre die UNO-Mission am Golan, die bereits jetzt schwer zu erfüllen sei, massiv
gefährdet. Die Aufrechterhaltung des UNO-Mandats sei wichtig, denn wenn Israel in den Konflikt einbezogen
wird, dann gebe es in der Region einen Flächenbrand, warnte er. Keinesfalls dürften die österreichischen
Soldaten zur Zielscheibe des Assad-Regimes werden. Was die Menschen dort brauchen, seien keine Waffen, sondern
humanitäre Hilfe, stellte Spindelegger klar.
Dies sei die einzig richtige Position, bestätigte Abgeordnete Christine Muttonen (S) die Haltung der österreichischen
Bundesregierung. Sie verurteilte die jüngsten Waffenlieferungen Russlands als verantwortungslos und forderte
rasche humanitäre Hilfe ein, da die Nachbarstaaten Syriens bei der Versorgung von Flüchtlingen an ihre
Grenzen gestoßen seien. Es sei notwendig, vor Ort zu helfen, damit der Konflikt nicht in die Nachbarländer
überschwappt.
Auf eine Anfrage von Abgeordnetem Josef Cap (S) gab Spindelegger zu bedenken, dass es in der Türkei eine Tendenz
zur militärischen Intervention gibt. Abgeordnetem Peter Fichtenbauer gegenüber stellte er fest, die syrische
Opposition könne nicht als eine Vertretung des gesamten syrischen Volks anerkannt werden. Trotzdem gebe es
innerhalb dieser Opposition keinerlei Bestrebungen nach einer Teilung des Landes. Fichtenbauer hatte sich davor
für eine Militärbewegungsverbotszone von 40 bis 60 km entlang der syrischen Grenze und für ein Flugverbot
ausgesprochen. Das UNO-Mandat auf dem Golan ist für ihn substanzlos geworden. Da es keinen Friedenssicherungsraum
mehr gibt, ist seiner Meinung nach der Abzug der Soldaten unumgänglich.
|