Plenartagung Wirtschaft und Währung / Steuerwesen
Brüssel (europarl) - Die EU-Mitglieder sollten sich gemeinsam dafür einsetzen, die Steuerlücke von
einer Billion Euro bis 2020 mindestens zur Hälfte zu schließen, fordert das Parlament in einer Entschließung,
die es 21.05. verabschiedet hat. Die Abgeordneten verlangen von den EU-Ländern eine Einigung über Maßnahmen
gegen Steueroasen, die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung sowie die Schließung von Gesetzeslücken,
die Steuerumgehung erlauben.
In einer weiteren, ebenfalls am Dienstag angenommenen Entschließung werden die Vorteile einer verbesserten
Koordinierung der unterschiedlichen Steuersysteme für die EU-Mitglieder hervorgehoben.
"Der Umfang des grenzüberschreitenden Steuerbetrugs ist skandalös, und einseitige nationale Maßnahmen
werden nicht reichen, um ihn wirksam zu bekämpfen", sagte Mojca Kleva Kekuš (S&D, SI), die Berichterstatterin
für die Entschließung über die Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steueroasen.
"Wir brauchen eine gemeinsame Plattform zum Abgleich von Steuerinformationen in den nächsten Jahren,
und wachstumsorientierte Steuersysteme. Wir brauchen nicht mehr Steuern, sondern mehr Menschen und Unternehmen,
die sie auch zahlen", sagte Ildiko Gáll-Pelcz (EVP, HU), Berichterstatter für den jährlichen
Steuerbericht.
Schließung der Steuerlücke
Das Hauptziel sei, die Steuerlücke zu schließen, die laut dem Entschließungstext der Verlust an
öffentlichen Einnahmen durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ist, aber auch durch legale Steuerumgehung
und aggressive Steuerplanung, die Gesetzeslücken ausnutzt, sowie durch Unstimmigkeiten zwischen den Steuersystemen,
und den Mangel an EU-interner und internationaler Zusammenarbeit.
Schätzungen zufolge geht in der EU alljährlich eine Billion Euro an öffentlichen Mitteln durch Steuerbetrug
und Steuerumgehung verloren. Diese Steuerlücke kostet jeden europäischen Bürger im Jahr etwa 2000
Euro.
Schwarze Liste von Steueroasen
Um Steuerbetrug und -hinterziehung zu bekämpfen, fordern die Abgeordneten die EU-Länder dazu auf,
eine eindeutige einheitliche Begriffsbestimmung für Steueroasen zu beschließen sowie eine europäische
schwarze Liste der Steueroasen aufzustellen.
Keine öffentlichen Mittel für Steuerschummelei
Die Verpflichtung für EU-Mitglieder, die finanzielle Unterstützung beantragen, ihre Kapazitäten
in den Bereichen Steuererhebung und Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verbessern, sollte
sich auch auf Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Steuerumgehung und aggressiver Steuerplanung
erstrecken, so die Abgeordneten.
Unternehmen, die gegen die Steuernormen der EU verstoßen, sollten keine EU-Mittel oder staatlichen Beihilfen
erhalten, so die Entschließung, deren Text auch alle Unternehmen, die an öffentlichen Auftragsvergabeverfahren
teilnehmen, zur Offenlegung von Informationen, die mit Strafen oder Urteilen aufgrund steuerrechtlicher Delikte
im Zusammenhang stehen, verpflichten will. Behörden sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, Verträge
zu beendigen, wenn der Auftragnehmer in der Folgezeit gegen die Steuervorschriften verstößt.
Zur Verhinderung von Steuerumgehung sollten die EU-Mitgliedstaaten auch Datenbanken von Kraftfahrzeugen, Land,
Jachten und anderen Vermögenswerten nutzen sowie auf geschützte Informanten und journalistische Quellen
zurückgreifen, so die Entschließung.
Zölle und Mehrwertsteuer
Da die EU keine Kompetenzen im Bereich der Steuerpolitik hat, bleibt es weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen,
den Kampf gegen Steuerbetrug zu intensivieren. Die Abgeordneten fordern sie dazu auf, zusammenzuarbeiten, um Steuerbemessungsgrundlagen
zu harmonisieren sowie Maßnahmen durchzusetzen, die die Verlagerung von Gewinnen in Steueroasen zur Steuerumgehung
verhindern können, und Steuer- sowie Zolldaten abzugleichen, um Mehrwertsteuerbetrug zu verringern.
Schließlich verlangen die Abgeordneten von der EU, dass sie in multinationalen Organisationen und Gremien
die Führung übernehmen sollte, um Transparenz und Informationsaustausch zu verbessern. Sie weisen darauf
hin, dass durch Steuerumgehung den Haushalten von Entwicklungsländern Schätzungen zufolge pro Jahr Steuereinnahmen
in Höhe von etwa 125 Mrd. Euro verloren gehen – was einem Betrag entspricht, der beinahe doppelt so hoch wie
die internationale Hilfe ist, die diese Länder erhalten.
Um das Wachstumspotenzial in der EU zu verbessern und einen schädlichen Steuersenkungswettlauf so gering wie
möglich zu halten, empfehlen die Abgeordneten in der Entschließung über den jährlichen Steuerbericht
eine sogenannte EU-weite „Steuerschlange” einzuführen, um die Koordinierung zwischen den Mitgliedern zu vereinfachen,
ein System der Steuerinformation zu schaffen und die Senkungen und Anhebungen in den Steuersystemen der einzelnen
Länder zu verfolgen und zu dokumentieren.
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