Auftakt im Schatten der Hochwasserkatastrophe
Bürgermeister Häupl, Koits und Linhart beziehen vor Eröffnung zur Finanzsituation
der Städte und Gemeinden Stellung
Wels/Wien (rk) - Die aktuelle Hochwasser-Situation in vielen Städten und Gemeinden dominierte die Pressekonferenz
vor der Eröffnung des 63. Österreichischen Städtetages in Wels: Städtebund-Präsident,
Bürgermeister Michael Häupl sprach seine Sympathie und Anteilnahme an alle betroffenen Städte und
Gemeinden aus und appellierte, dass die "finanziellen Zusagen, die im Vorfeld, getroffen wurden, auch umgesetzt
werden". Im Namen des Städtebundes dankte er auch den vielen Freiwilligen, die in guter Zusammenarbeit
mit dem öffentlichen Katastrophenschutz geholfen hätten, die Situation zu bewältigen.
Auch Markus Linhart, Bürgermeister von Bregenz, dankte zunächst den Einsatzkräften und appellierte
an Bund und Länder, dass rasch und unbürokratisch Hilfe geleistet werde.
Er ging auf die Hauptforderungen des Österreichischen Städtebundes ein, die beim Städtetag in Form
einer umfangreichen Resolution beschlossen werden. Kernpunkt: Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich, der sich
nicht mehr an der Anzahl der Hauptwohnsitze, sondern an den tatsächlichen Aufgaben, die eine Stadt erfüllen
muss, orientiert: "Es kann nicht sein, dass die Städte als Wachstumsmotoren ganzer Regionen ihre Investitionen
und Ausgaben aufgrund des grauen Finanzausgleichs' zurückfahren müssen."
Er kritisierte, dass es keine Dynamik bei der Grundsteuer gebe und bezeichnete die Befreiung der Kommunalsteuer
für Bund und Länder als "Unding". Auch der Zugriff auf die Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA
sei dringend notwendig.
"Der Bund darf den Städten das Leben nicht schwer machen, indem er immer mehr Aufgaben auf die Kommunen
abwälzt, ohne die entsprechenden finanziellen Mittel bereitzustellen", sagte auch Peter Koits, Bürgermeister
der gastgebenden Stadt Wels.
"Städte sind Motoren der gesamten österreichischen Wirtschaft, sie tragen maßgeblich zur Konjunkturentwicklung
bei. Die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den kommunalen Dienstleistungen ist sehr hoch, das belegt auch
die aktuelle Studie 'Städtebarometer 2013' eindrücklich", betonte auch Städtebund-Präsident
Häupl.
Finanzen im Mittelpunkt der Beratungen zum 63. Städtetag
Österreichs Städte bieten der Bevölkerung Tag für Tag eine Vielzahl von kommunalen Dienstleistungen
auf höchstem Niveau an: Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Müllentsorgung, Kindergärten,
Schulen, Kultureinrichtungen, Sport und Öffentlicher Nahverkehr. Damit versorgen die Städte eine ganze
Region.
Trotz der Krisenjahre ist es gelungen, diese Leistungen in unverminderter Qualität aufrechtzuerhalten – doch
in den letzten Jahren ist auch offensichtlich geworden, dass der Finanzausgleich dringend einer umfassenden Reform
bedarf: Städte und Gemeinden finanzieren neben ihren eigentlichen Aufgaben auch wesentlich die soziale Versorgung
in Österreich mit: Sie finanzieren etwa über sogenannte Transferzahlungen die Sozialhilfe mit oder ko-finanzieren
Spitäler, die hauptsächlich in der Verantwortung der Bundesländer stehen. Insgesamt 52.000 Transfers
fließen zwischen Ländern und Gemeinden hin- und her und machen die Finanzierung daher unübersichtlich
und ineffektiv. Zusätzlich belasten einzelne Maßnahmen des Konsolidierungspakets der Bundesregierung
Städte und Gemeinden:
- Die Streichung der Vorsteuer-Regelung für Städte und Gemeinden, die
seit 2013 fällig ist, führt dazu, dass Kommunen bei Investitionen zurückhaltender sind.
- Gemeindekooperationen sollen nunmehr umsatzsteuerpflichtig sein, was dazu führen
könnte, dass Kooperationen, die eigentlich sparen helfen, nicht mehr eingegangen werden.
- Die gemeindeeigenen Steuern, die in den letzten Jahren anteilig von 40 auf 20
Prozent zurückgegangen sind, müssen modernisiert und verfassungsmäßig abgesichert werden.
Wichtigster Schritt: Die Reform der Grundsteuer. Kurzfristig sollte der Hebesatz erhöht werden. Mittelfristig
sollte gemeinsam mit dem Finanzministerium eine grundlegende Reform erarbeitet werden, wobei klar ist, dass die
Grundsteuer eine kommunale Steuer bleiben muss.
Der Österreichische Städtebund tritt für eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs (FAG) ein,
der sich an den tatsächlichen Aufgaben von Stadt oder Gemeinde orientiert, anstelle der Anzahl der festen
Wohnsitze. Es muss eindeutige Zuständigkeiten zwischen den Gebietskörperschaften geben, und eine klare
finanzielle Verantwortung. Zum Beispiel: Gesundheit und Pflege sind Ländersache, Kindergärten werden
nur durch die Kommunen verantwortet. Nur so können die unzähligen Transferzahlungen eingedämmt werden
und letztlich auch die Leistungen besser und effizienter werden.
Ergebnisse des Städtebarometer 2013
Das hohe Niveau der kommunalen Infrastruktur, die durch Städte und Gemeinden zur Verfügung gestellt wird,
wird von der Bevölkerung mit Bestnoten bewertet – das beweisen die aktuellen Ergebnisse des jährlich
erhobenen "Städtebarometer" von SORA – Institute for Social Research: Besonders hoch ist die Zufriedenheit
mit der Trinkwasserversorgung (97 Prozent), Müllentsorgung (92 Prozent) und der Abwasserentsorgung (92 Prozent).
Auch die Zufriedenheit mit dem Stadtbild (86 Prozent), der Gesundheitseinrichtungen (87 Prozent) oder dem Radwegenetz
und Kinderbetreuungsangebot (jeweils 78 Prozent) sind sehr hoch. Die überwiegende Mehrheit der Befragten ist
der Meinung, dass kommunale Dienstleistungen nicht an private Anbieter ausgelagert werden sollten, auch hier führen
Trinkwasser und Müllentsorgung die Reihung deutlich an.
Abgefragt wurde auch der Zuzug in die Städte bzw. die Wanderungsbewegungen insgesamt. Knapp die Hälfte
der Befragten ist erst im Laufe ihres Lebens in ihre aktuelle Wohngemeinde gezogen. Die meisten davon kamen aus
einer kleineren in eine größere Gemeinde (55 Prozent): als Motiv wird vorwiegend der Arbeitsplatz angegeben.
Eine kleinere Gruppe (27 Prozent) ist von einer größeren Gemeinde in eine kleinere gezogen. Hier werden
vor allem private Gründe (Hausbau, Familie, Heirat) angegeben, 17 Prozent kamen aus dem Ausland.
Ein besonderer Schwerpunkt wurde bei der Befragung 2013 zum Thema Jugend und kommunale Jugendarbeit gesetzt: auch
hier wird die Lebensqualität für Jugendliche als sehr hoch bewertet. Abgefragt wurden unter anderem Treffpunkte
für Jugendliche, wobei hier die Antworten von den gesamten Befragten stark von denen der Jugendlichen abweichen:
Während allgemein als beliebteste Treffpunkte Lokale und Jugendzentren genannt werden (jeweils 56 Prozent),
geben die Jugendlichen schon knapp dahinter "Straße" als drittbeliebtesten Treffpunkt an
Informationen zum 63. Österreichischer Städtetag Wels
Von Mittwoch, 5. Juni bis Freitag, 7. Juni 2013 laden der Österreichische Städtebund und die Stadt
Wels zum 63. Österreichischen Städtetag 2013. Unter dem Motto "Kommunale Verantwortung = soziale
Verantwortung" stehen im Mittelpunkt des Städtetages soziale Aspekte der Leistungen von Städten
und Gemeinden und die Finanzierung dieser Leistungen.
Bei der feierlichen Eröffnung ab 15.00 Uhr werden neben den Gastgebern, Bürgermeister und Städtebund-Präsident
Michael Häupl sowie Bürgermeister Peter Koits, unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer und Landeshauptmann
Josef Pühringer das Wort ergreifen.
Die Festrede hält Bundeskanzler Werner Faymann. Am zweiten Tag stehen Arbeitskreise zu fünf wichtigen
Themen – Öffentlicher Verkehr, Steuerung und Finanzierung öffentlicher Leistungen, Kommunale Jugendarbeit,
Qualifikation und Bildung, Sicherheit – mit vielen internationalen ExpertInnen auf dem Programm.
Der Städtetag endet am Freitag mit einer hochkarätigen Podiumsdiskussion "Soziale Krise in Europa
– der österreichische Weg dazu" unter anderem mit Zoltán Kazatsay, Generaldirektor für Beschäftigung,
Soziales und Integration bei der Europäische Kommission, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Staatsekretär
Reinhold Lopatka.
Der Österreichische Städtetag ist die jährliche Generalversammlung des Österreichischen Städtebundes
und seiner rund 250 Mitgliedsstädte und Gemeinden, es werden rund 900 Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte,
sowie nationale und internationale Gäste erwartet.
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Städtebund-Präsident Häupl: Funktionierende
Städte sind Fundament für Wohlstand und sozialen Frieden in unserem Land
Die Eröffnung des 63. Städtetag in Wels am 05.06. wurde von den Hochwasser-Ereignissen
der vergangenen Tage überschattet.
In seiner Eröffnungsrede zeigte der Bürgermeister der gastgebenden Stadt Wels, Peter Koits Verständnis
dafür, dass einige Bürgermeister aus betroffenen Städten und Gemeinden nicht beim Städtetag
teilnehmen konnten, weil sie, so Koits „dort sind, wo sie gerade am dringendsten gebraucht werden“. Wels ist bereits
zum 3. Mal in der Geschichte Austragungsort des Österreichischen Städtetages: „Wie zuletzt im Jahr 2000
ist die Ausrichtung des Städtetages für uns eine große Ehre und Auszeichnung,“ so Koits.
Auch der Städtebund-Präsident und Wiener Bürgermeister Michael Häupl nahm in seiner Eröffnungsrede
zunächst Bezug auf die Zerstörungen der letzten Tage: Viele Mitgliedsstädte seien in enorme Mitleidenschaft
gezogen worden, sagt Häupl. Er bedankte sich bei allen Helferinnen und Helfern der Katastrophe, sowie bei
der Bundesregierung, die finanziellen Mittel für die Opfer bereit zu stellen. Die vergangenen Tage hätten
auch gezeigt, so Häupl, „dass der Zusammenhalt in unserem Land mehr denn je gegeben ist. Wir werden vieles
wieder aufbauen. Und wir werden uns vielleicht auch mit der Frage der Schutzzonen und Bebauungszonen neu auseinandersetzen
müssen“, so Häupl.
Motto kommunale Verantwortung = soziale Verantwortung
Die Leistungen der Städte und ihre Finanzierung standen im Mittelpunkt der Eröffnungsrede von Bürgermeister
und Städtebund-Präsident Häupl: „Österreichs Städte und Gemeinden stellen eine international
vorbildliche kommunale Infrastruktur zur Verfügung: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Gesundheit, Soziales,
öffentlicher Nahverkehr, Kultur und Sport sind allesamt Leistungen im öffentlichen Interesse, die die
Kommunen auf höchstem Niveau erbringen“, so Häupl. „Funktionierende Städte bilden das Fundament
für Wohlstand und sozialen Frieden in unserem Land“, betonte Häupl. Er erinnerte an die Unruhen in verschiedenen
Europäischen Städten, zuletzt in Schweden. „Wenn man bedenkt, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien
oder Griechenland schon bei über 50 Prozent liegt, so kann man von einer verlorenen Generation sprechen“,
so Häupl. „Solche Entwicklungen können von einzelnen Nationalstaaten nicht mehr korrigiert werden, das
können wir nur noch gemeinsam“, so Häupl. Die Ergebnisse des aktuellen „Städtebarometers“ belegen,
dass junge Menschen vor allem wegen Arbeits- und Ausbildungschancen in Städte ziehen. Der Zuzug – gerade unter
jungen Menschen und Frauen – hält ungebrochen an: Bereits 65 Prozent der österreichischen Bevölkerung
leben in Städten und Ballungszentren, jährlich werden es mehr.
„Städte und Gemeinden finanzieren neben ihren eigentlichen Aufgaben auch wesentlich einen großen Teil
des ,sozialen Österreichs‘ mit“, so Häupl: in Form von Transfers an Bund und Länder werden Spitäler
und die Sozialhilfe mitfinanziert. Doch insgesamt leisten Städte über diese Transfers um 2 Milliarden
Euro mehr, als sie zurückbekommen, der Finanzausgleich wird damit „auf den Kopf gestellt“. Häupl forderte
einmal mehr einen aufgabenorientierten Finanzausgleich und „umfassende Strukturreformen – anstelle von Doppelgleisigkeiten
und Ko-Finanzierungen brauchen wir Transparenz, klare Aufgabenverteilungen und volle Mitbestimmungsrechte“, so
Häupl.
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Bundeskanzler Faymann: Verhandlungsbedarf bei finanzieller
Absicherung der kommunalen Leistungen
"Die Menschen in Österreich verlassen sich auf die starke Funktion kommunaler Leistungen und haben
ein Recht darauf, dass die öffentliche Hand dabei eine hohe Qualität bereitstellt", sagte Bundeskanzler
Werner Faymann bei seiner Festrede am 63. Städtetag in Wels.
In seiner Ansprache nahm er Bezug auf die Chancen von Jugendlichen in Europa und den sozialen Zusammenhalt und
stellte den österreichischen Städten und Gemeinden ein positives Zeugnis aus. Gerade die Hochwasserkatastrophe
habe gezeigt, dass sich die Bevölkerung auf den Zusammenhalt an ihrem Wohnort verlassen könne. Der persönliche
Einsatz vieler Hilfskräfte ließ die Menschen zusammenrücken und förderte die Menschlichkeit.
"Wenn wir ein Stück dieses Geists des Zusammenhalts auch in die Politik übernehmen, dann können
wir nicht nur das Bisherige verteidigen, sondern sogar weiter ausbauen", so Faymann.
International werde unser Land beneidet, - Trinkwasserversorgung, Kinderbetreuung, Pflege oder Armutsbekämpfung
- die Dienstleistungen der Städte und Gemeinden seien auf einem hohen Niveau. Generell erkenne er aber auch
den Verhandlungsbedarf zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wenn es um die Absicherung von kommunalen Leistungen
gehe, denn diese dürfen nicht "weggespart werden", so der Bundeskanzler.
Die Jugendarbeitslosigkeit, die beispielsweise in Spanien bereits 57 Prozent betrage sei alarmierend und müsse
durch eine nachhaltige qualitative Entwicklung wie etwa durch Investitionen, gut ausgebaute Wirtschaftsstandorte,
Ausbildung und Forschung gedrosselt werden. "Junge Menschen brauchen Chancen und Arbeit", so Faymann
und versicherte, dass dies in Österreich von den Jungen erwartet werden kann. Zudem unser Land eine der niedrigsten
Quoten bei der Jugendarbeitslosigkeit habe.
Österreich verkaufe 60 Prozent seiner produzierten Güter nach Europa und nicht nach Asien. "Die
Kaufkraft ist in Europa und diese gehört gestärkt", so Faymann. Doch neben der wirtschaftlichen
Entwicklung müsse auch europaweit auf Steuergerechtigkeit geachtet werden. Im Besonderen sei der Steuerbetrug
ein enormes Problem. Von Regierungen sei zu erwarten, dass sie auf die Steuerdisziplin achten.
Der Bundeskanzler sprach sich auch für eine Finanztransaktionssteuer und gegen die Privatisierung kommunaler
Leistungen wie des Trinkwassers aus. Zudem setze er sich für eine menschengerechtere Politik in Europa ein,
die allerdings nur durch die persönliche Akzeptanz der Bevölkerung fruchten könne.
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Bundespräsident Fischer: Soziale Verantwortung und Gerechtigkeit
auch bei Einkommen
Im Zuge der feierlichen Eröffnung des 63. Städtetages in Wels betonte Bundespräsident Heinz
Fischer in seiner Ansprache die Solidarität und den Zusammenhalt angesichts der Hochwasserkatastrophe. Dieser
sei ein "gutes Zeichen und ein beruhigendes Gefühl", so Fischer. Besorgniserregend sei hingegen,
dass sich die Einkommensunterschiede zwischen Spitzenverdienern zum Durchschnitt weltweit vergrößert
haben - die Anzahl der Millionäre sei auch in Österreich im Vorjahr deutlich angestiegen. Der Bundespräsident
sprach sich für die soziale Verantwortung aus und appellierte an die Gerechtigkeit. Er warnte davor, soziale
Missbrauchsfälle als soziale Hängematte zu denunzieren, dem sozialen Missbrauch muss entgegengetreten
werden, doch man muss den tatsächlichen Wahrheitsgehalt untersuchen", so Fischer. Er lobte den Österreichischen
Städtebund als Netzwerk, das sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Kommunen organisiert und soziale Verantwortung
praktiziert.
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer kritisierte, dass Kooperationen zwischen Gemeinden umsatzsteuerpflichtig
seien, wodurch der Anreiz, durch gemeinsame Erledigungen zu sparen, völlig zunichte gemacht werde. Es sei
jedoch die Aufgabe der Kommunen, öffentliche Leistungen zu einem vernünftigen Preis anzubieten.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Christian Meidlinger, appellierte in seinen Grußworten
an die Bundesregierung, ihre soziale Verantwortung in Bezug auf die Hochwasserkatastrophe wahrzunehmen. Während
der Bankenkrise sei es möglich gewesen, Milliarden für einen Schutzschirm zur Verfügung zu stellen,
"einen solchen Schutzschirm brauchen wir jetzt für unsere Jugendlichen", so Meidlinger.
"Sicherheit ist den Menschen wichtig", betonte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und erinnerte an
ein Maßnahmenpaket für Gemeinden, das "das objektive und subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen
stärken" solle, so Mikl-Leitner. Der Landeshauptmann von Oberösterreich, Josef Pühringer, nahm
die Gelegenheit wahr, den "Helferinnen und Helfern in Städten und Gemeinden für den unermüdlichen
Einsatz" bei den Überschwemmungen der letzten Tage zu danken. Er betonte die wirtschaftliche Bedeutung
von Städten und städtischen Räumen und erläuterte an der Region Linz-Wels die Rolle der Stadtregionen
als Wirtschaftsmotor.
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Kommunale Verantwortung ist soziale Verantwortung
Österreichischer Städtetag beschließt einstimmig Resolution
Der 63. Städtetag ist am 06.06. in Wels fortgesetzt worden. Die "Resolution an den Österreichischen
Städtetag", die heute von den Delegierten einstimmig beschlossen wurde, fasst die wichtigsten politischen
Positionen zusammen. Diesmal hat die aktuelle Hochwassersituation Eingang in die Resolution an den Österreichischen
Städtetag gefunden, hier die wichtigsten Passagen.
"Aufgrund des aktuellen Anlasses appelliert der 63. Österreichische Städtetag 2013 an alle Verantwortlichen
des Hochwasser- und Katastrophenschutzes in folgender Weise: Viele Städte und Gemeinden haben einen gut funktionierenden
Hochwasserschutz. Viele Maßnahmen, die in den letzten Jahren aufgrund der Erfahrungen durch das Hochwasserereignis
im Jahr 2002 fertig gestellt wurden, haben den enormen Wassermengen der letzten Tage standgehalten. Wichtig für
die Zukunft sind daher der rasche Ausbau bzw. die Fertigstellung der noch fehlenden Hochwasserschutzeinrichtungen
sowie die weitere Vernetzung der einzelnen Fachbereiche. Der Österreichische Städtebund fordert daher:
- Den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ist unbürokratisch zu
helfen. Der Hochwasserschutz ist weiter zu verbessern, wobei insbesondere der räumlichen Dimension besonderes
Augenmerk zuteilwerden muss.
- Es muss sichergestellt werden, dass im Falle von Neuerrichtungen bzw. Wiederherstellungen
von Infrastruktur nach dem Eintritt von Katastrophen (Hochwasser, Vermurungen, etc.) eine schnelle und unbürokratische
Zusage von Fördermitteln möglich ist.
- Die erforderlichen rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen sind seitens
des Bundes und der Länder ehestmöglich umzusetzen.
- Für alle Projekte, bei denen bereits planerische und organisatorische Voraussetzungen
gegeben sind, ist eine umgehende Realisierung durch finanzielle Mittel des Bundes und der Länder zu gewährleisten.
Für finanzschwache Gemeinden und Städte sind unbedingt Mittel durch Sonderfinanzierung zur Verfügung
zu stellen.
- In den aktuellen Verhandlungen zur Strukturfondsperiode 2014-2020 ist der Bund
aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass sowohl im ELER (Landwirtschaftsfonds) als auch im EFRE (Regionalentwicklungsfonds)
explizit die Möglichkeit, Katastrophenschutzmaßnahmen auch in den Städten zu fördern, aufgenommen
wird.
- Die Mitglieder des Österreichischen Städtebundes danken ausdrücklich
allen Einsatzkräften und den vielen Freiwilligen, die vor Ort unter großem Einsatz mitgewirkt haben,
den Schaden in Grenzen zu halten. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ist das hohe persönliche
Engagement sowie die physische und psychische Belastung aller Mitwirkenden bewusst, die nicht genug gewürdigt
werden können".
Die gesamte Resolution im Wortlaut: http://www.staedtetag.at
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Diskussion um Kooperationen und Fusionen
Arbeitskreis 2: Steuerung und Finanzierung lokaler und regionaler Aufgaben der Städte
und Gemeinden
Der Österreichische Städtetag in Wels wurde am 06.06. in fünf Arbeitskreisen zu den Themen
öffentlicher Verkehr, Finanzen, Jugend, Bildung und Sicherheit fortgesetzt. Unter dem Titel „Steuerung und
Finanzierung lokaler und regionaler Aufgaben“ stand der Arbeitskreis 2 heute, Donnerstag, ganz im Zeichen der Finanzierung
kommunaler Leistungen. Dabei wurde zunächst der Stand der Debatte zur Stadtregionspolitik in Österreich
erörtert: Welche Aufgaben sollen alle Gemeinden erledigen, welche nur die zentralen Orte? Anhand internationaler
Beispiele wurde diskutiert, wie regionale Aufgaben zu steuern und zu finanzieren sind.
Henrik Rainio, Direktor des finnischen Städte- und Gemeindebunds, erläuterte die Frage von Gemeindekooperationen
anhand einer radikalen Reform in Finnland: Finnland, das zuletzt insgesamt 320 Gemeinden zählte, steht vor
einer radikalen Strukturreform: Diese sollen bis 2015 – nach Empfehlung einer Arbeitsgruppe zur Gemeindestruktur
– durch Zusammenlegungen am finnischen Festland bis 2015 auf 66 Gemeinden reduziert werden. Die Strukturreform
war notwendig, weil die Gemeinden in einer schlechten Finanzlage sind, zudem die Bevölkerung zunehmend altert
und eine starke Stadtflucht zu verzeichnen ist.
Über Möglichkeiten der interkommunalen Raumentwicklung sprach Andreas Mandlbauer, Direktion für
Landesplanung des Landes Oberösterreich. Unter dem Titel „Neue Räume – Neue Chancen“ soll interkommunale
Raumentwicklung in jenen Regionen, wo ein erhöhter Planungsdruck besteht (also beispielsweise in Ballungszentren)
gefördert werden. Raumplanung und Verkehrsplanung sind Bereiche, in denen verschiedene Impulse gesetzt werden,
um den interkommunalen Vernetzungsgedanken einzubringen. Dies wurde an Pilotprojekten illustriert.
Sind radikale Reformen in Österreich möglich?
Über "Struktur, Steuerung und Finanzierung von kommunalen Aufgaben in Stadtregionen" sprach Elisabeth
Blanik, Bürgermeisterin von Lienz. Denn die Städte stehen weltweit unter Wettbewerbsdruck und Kooperationen
sind der Schlüssel zu Wettbewerb um die Zukunftsfähigkeit von Städten. Blanik brachte die Gebietsreform
von Dänemark als Beispiel: Mit dem Ziel, die dänischen Kommunen als konkurrenzfähige Investitionsstandorte
innerhalb der Europäischen Union zu stärken, wurde die Anzahl der Gemeinden von 271 auf 98 reduziert,
die nächste Verwaltungsebene wurde von 14 Kreisen in 5 Regionen zusammengefasst. Die angestrebte Mindestgröße
der Gemeinden umfasst 30.000 EinwohnerInnen. Ein weiteres Beispiel ist die Makroregion "Öresund Region"
mit 3,6 Millionen EinwohnerInnen und beispielsweise 12 Universitäten (The Öresund University). Ins Detail
ging sie dann beim Beispiel Lienz/Osttirol. Als einer von insgesamt 34 Agglomerationsräumen in Österreich
gibt es territorialräumliche Zusammenarbeit mit 15 Gemeinden, politische Zusammenarbeit als politischer Bezirk
mit 33 Gemeinden, Standort-Kooperationen und themenorientierte Zusammenarbeit.
Radikale Fusionen wie in Skandinavien, darüber wurde heftig diskutiert, seien in Österreich jedenfalls
nicht so leicht umzusetzen, da der Finanzausgleich in einem föderalen Staat Österreich komplex ist. Über
einen Punkt waren die DiskutantInnen jedoch einig: Der Leidensdruck muss hoch sein, damit sich Städte und
Gemeinden zu Kooperationen entschließen. Erst wenn – wie am Beispiel Lienz illustriert – die Abwanderung
hoch ist und auch der finanzielle Druck steigt, ist die Bereitschaft für umfassende Zusammenarbeit gegeben.
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