Erste Ergebnisse des BürgerInnenbeteiligungsprozesses am Weg zum neuen Landesumweltprogramm
Linz (lk) - Zur Einbindung der Bevölkerung in die Erarbeitung des neuen Landesumweltprogrammes wurden
in Oberösterreich erstmals landesweite BürgerInnen-Räte durchgeführt. Die Einbindung und Mitsprache
der Bevölkerung an der Umweltpolitik in Oberösterreich bekam damit einen neuen Stellenwert. In diesem
kurzen und strukturierten Beteiligungsprozess wurden die Themen, die die BürgerInnen beschäftigen, wahrgenommen
und können nun in das Landesumweltprogramm 2030 integriert werden.
Vielfältige Teilnehmer/innen, klare Ergebnisse
28 zufällig ausgewählte Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher (davon 7 Jugendliche) haben
in drei BürgerInnen-Räten ihre Meinungen und Expertisen zum Landesumweltprogramm 2030 abgegeben. Sie
haben jeweils zwei Tage ehrenamtlich für die zukünftige Landesumweltpolitik mitgearbeitet. Die Teilnehmer/innen
hatten allesamt keinen direkten fachlichen Hintergrund. Durch die Zufallsauswahl trafen sich sehr unterschiedliche
Menschen. Ein KFZ-Mechaniker, ein Facharzt, eine Verkäuferin, ein Lehrer sowie eine Physiotherapeutin, Menschen
in Pension und mit Migrationshintergrund, Schüler/innen, Studierende und Lehrlinge.
Die Ergebnisse waren sehr klar und für alle Teilnehmer/innen überraschend im Konsens. "Endlich wurde
ich konkret zu einem politischen Thema gefragt. Ich war überrascht, wie klar und übereinstimmend unsere
Ergebnisse sind", meinte eine Teilnehmerin.
So wurde z.B. das Thema Raumordnung sehr intensiv diskutiert. Die Teilnehmer/innen fordern einen sparsameren, nachhaltigen
Umgang mit Grund und Boden. Eine überregionale Raumordnungskompetenz, die nicht politisch besetzt ist, soll
dies in Zukunft gewährleisten. Wir müssen unsere dörflichen Strukturen wieder revitalisieren und
die Nahversorgung fördern. "Einkaufs- und Fachmarktzentren auf der grünen Wiese haben wir bereits
mehr als genug", meinten die Teilnehmer/innen übereinstimmend.
Mehr Bewusstseinsbildung für einen nachhaltigen Lebensstil ist eine zweite Forderung der BürgerInnen-Räte.
Nicht das Bruttoinlandsprodukt oder die Kaufkraft sind der Maßstab für unsere Lebensqualität. Gesunde
Lebensmittel, sauberes Trinkwasser, Zeit für Erziehung, Ehrenamt und politische Partizipation machen ein gutes
Leben aus. Das Land Oberösterreich muss die politischen Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Lebensstil
fördern.
Die Jugendlichen sprachen sich klar für Maßnahmen gegen die Obsoleszenz, also der geplanten Kurzlebigkeit
von technischen Produkten aus. Weiters fordern sie mehr Maßnahmen zur Förderung von regionalen, umweltschonenden
Konsummitteln und Dienstleistungen. Die Idee einer Plattform "Resi - Regionale Such- und Informationsplattform",
die via Internet und Apps den Kund/innen jederzeit zu nachhaltigen Produkten führt, wurde von den Jugendlichen
begeistert ins Leben gerufen.
Die Stärkung der Basisdemokratie z.B. in Form von mehr BürgerInnen-Räten zu politischen Entscheidungen
wurde von den Teilnehmer/innen gemeinsam zum Abschluss gefordert. Partizipative Demokratie soll nach Vorarlberger
Vorbild in der Landesverfassung verankert und die Politik damit wieder bürger/innennäher werden.
Der Fahrplan zum neuen Landesumweltprogramm 2030
Die Entwicklung des neuen Oberösterreichischen Landesumweltprogramms 2030 steht unter dem Motto: "Es
geht ums Ganze - gestalte deine Zukunft!" Damit startete unter Federführung der Direktion Umwelt und
Wasserwirtschaft sowie des Oö. Umwelt-Ressorts ein für ein Landesprogramm in dieser Form nie dagewesener
Beteiligungsprozess.
Mit dem Umweltkongress 2012 erfolgte eine erste Beteiligungswelle. Alle Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher
sind aufgerufen, Teil der Bewegung zu sein und über die Ziele der oberösterreichischen Umweltpolitik
mitzudiskutieren. Das ist gelebte Mitmach-Demokratie.
"Mit einer Facebook-Kampagne wollen wir vor allem den Jungen eine Beteiligungsplattform bieten", lädt
Umwelt-Landesrat Rudi Anschober auch die junge Generation zum Mitmachen ein. Darüber hinaus haben in Oberösterreich
erstmalig ein Jugendrat und zwei BürgerInnen-Räte stattgefunden. Neben der Beteiligung der Bürgerinnen
und Bürger sind die wesentlichen Säulen im Entstehungsprozess zum Landesumweltprogramm die Einbindung
der Interessensvertretungen sowie Inputs aus Wissenschaft und Verwaltung. Auch diese Stakeholder-Befragung hat
bereits stattgefunden. Der Abschluss des spannenden Prozesses ist mit Ende des Jahres geplant.
Warum ein neues Landesumweltprogramm?
Das Landesumweltprogramm 2030 als Arbeitsgrundlage für ein nachhaltiges Oberösterreich wird das Landesumweltprogramm
1995 ablösen. In der Zwischenzeit haben sich etliche Rahmenbedingungen, Anforderungen und Ziele geändert.
Ziel ist, eine neue oberösterreichische Umweltstrategie als "Dachmarke" unter Einbeziehung der veränderten
Anforderungen und Möglichkeiten zu entwickeln.
Es geht ums Ganze: Verknüpfen von bestehendem Wissen und neuen Ideen
Basis für die Entwicklung des neuen Landesumweltprogramms bilden das Landesumweltprogramm 1995, der Oö.
Umweltbericht 2012 sowie mittel- bis langfristige Zielsetzungen und beschlossene Programme wie die Energiezukunft
2030. Eine ehrliche Bestandsaufnahme im Sinne von "Was ist bisher gelungen?", "Was nicht?"
soll mit aktuellen Zielen und Instrumenten verknüpft werden und die Grundlage für das neue Umweltprogramm
bilden.
Damit die Leitziele des neuen Landesumweltprogramms auch umsetzbar werden, ist es wichtig und notwendig, alle Akteurinnen
und Akteure von Interessensvertretungen, Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Politik und die Bevölkerung
in den Prozess einzubeziehen. Aufbauend auf den Strategieprogrammen der Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft erfolgte
seitens des Instituts für betriebliche und regionale Umweltwirtschaft der Johannes Kepler Universität
eine erste Bewertung der geplanten Maßnahmen unter Einbeziehung des bisherigen Landesumweltprogramms sowie
nationaler und internationaler Trends.
Was ist ein BürgerInnen-Rat?
Der BürgerInnen-Rat ist eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung und Politik. Unterstützt
und angeleitet durch eine Moderation werden mit zufällig ausgewählten BürgerInnen einer Gemeinde
oder Region an einem Wochenende Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen ausgearbeitet. Der BürgerInnen-Rat
ist ein unparteiisches Sprachrohr der Bevölkerung und bringt Politik und BürgerInnen wieder näher
zusammen.
Auswahlverfahren
Beim BürgerInnen-Rat werden nach dem Zufallsprinzip zehn bis fünfzehn BürgerInnen aus ganz Oberösterreich
ausgewählt, die an eineinhalb Tagen miteinander arbeiten. Sobald etwa 15 Interessierte zugesagt haben, kann
der BürgerInnen-Rat beginnen.
Aufgrund der Zufallsauswahl handelt es sich bei den Teilnehmenden um "normale" Leute, die über keinerlei
spezielles Vorwissen oder spezielle Qualifikationen verfügen. Sie vertreten keine Interessensgruppen, sondern
ihre persönliche Meinung.
"Dynamic faciliation"
Moderiert werden BürgerInnen-Räte mit einer speziellen Methode, die "Dynamic facilitation"
genannt wird. Diese berücksichtigt, dass wir Menschen in der Regel sprunghaft und nicht linear denken und
dass uns Emotionen und Werte leiten. Dabei lässt sich mit "Dynamic facilitation" lösungs- und
ergebnisorientiert diskutieren.
Am Ende des BürgerInnen-Rats wird eine gemeinsame Erklärung verfasst. Wichtig ist, dass sich die ganze
Gruppe auf diese Erklärung einigt, die dann in einem zweiten Schritt der Öffentlichkeit präsentiert
wird. Die Ergebnisse werden daraufhin in das Landesumweltprogramm eingearbeitet.
Vorteile: heterogen und unparteiisch
Die Qualität des BürgerInnen-Rates besteht einerseits in der Zufallsauswahl, die zu einer sehr heterogenen
Gruppenzusammensetzung führt. Dadurch können möglichst viele unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen
in die Diskussion einfließen. Andererseits dient der BürgerInnen-Rat als unparteiische Form, um sich
als Bürger/in politisch einzubringen und das eigene Umfeld mitzugestalten. Der BürgerInnen-Rat trifft
jedoch keine politischen Entscheidungen - er thematisiert aktuelle Herausforderungen und notwendige Entwicklungen
im Land und ist dadurch Impulsgeber für weitere Maßnahmen. BürgerInnen-Räte können für
eine bestimmte Zielgruppe, zu einem bestimmten Thema oder in unterschiedlichen räumlichen Zonen durchgeführt
werden. Als besonders wirkungsvoll erweist sich das Instrument des BürgerInnen-Rates, wenn er in regelmäßigen
Abständen, mit jeweils neuer Zufallsauswahl, durchgeführt wird. Dann kann sich der BürgerInnen-Rat
als neue Form etablieren, um sich als Bürger/in unparteiisch in die politische Diskussion und die Gestaltung
des Lebensumfeldes einzubringen.
Präsentation erster Ergebnisse beim Oö. Umweltkongress 2013
Im Rahmen des am 24. September stattfindenden Umweltkongresses zu "WERT.Schöpfung - der nachhaltige
Einsatz von Ressourcen" entlang der Themen "Wohnen", "Mobilität", "Ernährung"
und "Wirtschaft" werden Lösungen aufgezeigt und diskutiert.
Im Anschluss daran erfolgt die Präsentation der bisherigen Ergebnisse aus dem Gestaltungsprozess zum Landesumweltprogramm
2030.
Anschließend werden die Ergebnisse in den Expertengruppen weiterbearbeitet und fließen in das Landesumweltprogramm
ein.
Zeitplan - Horizont
- Juni 2012: Start des Beteiligungsprozesses beim Oö. Umweltkongress zur Ideenfindung
mit Inputs von renommierten Expertinnen und Experten mit Facebook-Kampagne
- Mai/Juni 2013: Durchführung der BürgerInnen-Räte und des Jugendrates,
Veranstaltung zur Einbindung der Interessensvertretungen
- 24. September 2013: Oö. Umweltkongress; Präsentation der ersten Ergebnisse
zum Landesumweltprogramm
- Oktober - November 2013: Weiterbearbeitung der Ergebnisse aus dem Umweltkongress
- Anfang 2014: Entwurf für Landtag
Auskünfte, Detailinformationen, Veranstaltungen
Facebook-Fanpage zur Beteiligung am Landesumweltprogramm:
http://www.facebook.com/umweltlandooe
Termine finden Sie unter:
http://www.land-oberoesterreich.gv.at - Aktuell
- Veranstaltungen
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