Im Vorfeld des größten deutschsprachigen Fachkongresses DÖAK 2013 zum Thema
HIV und AIDS in Innsbruck diskutieren am 12.06. internationale ExpertInnen in einem Round Table Gespräch über
die Notwendigkeit eines globalen Zugangs zur HIV-Therapie.
Innsbruck (med-uni) - Im Rahmen des anschließenden Kongresses, zu dem rund 1.000 TeilnehmerInnen erwartet
werden, stehen Beiträge von ForscherInnen, MedizinerInnen, SozialarbeiterInnen und Betroffenen im Kampf gegen
Aids auf dem Programm.
I
Eine HIV-Infektion und die Immunschwächekrankheit Aids werden heute standardmäßig mit der antiretroviralen
Therapie (ART) aus mindestens drei Wirkstoffen behandelt. Damit kann der Ausbruch von AIDS weitgehend verhindert
werden. Weil das Virus letztendlich aber nicht zerstört wird, muss die Therapie lebenslang erfolgen. Die Kehrseite
dieser Behandlung sind Resistenzentwicklungen und Nebenwirkungen sowie der mangelnde globale Zugang zu den entsprechenden
Medikamenten. Zwar werden heute bereits über acht Millionen PatientInnen weltweit mit antiretroviralen Arzneien
behandelt, doch immer noch warten rund sieben Millionen unmittelbar Therapiebedürftige auf den Zugang zu einer
spezifischen Behandlung.
In einem Round Table Gespräch, das vor der offiziellen Eröffnung des DÖAK 2013 am 12.6. um 16.20
Uhr im Congress Innsbruck stattfindet, steht die einhellige Forderung nach einem weltweit barrierefreien Therapiezugang
im Mittelpunkt (siehe Beiblatt zum Round Table: Statements).
PatientInnen-Management und HIV-Surveillance in Österreich
Die moderne Behandlung von HIV-Infizierten erfolgt in Österreich auf Basis des HIV Patienten Management
Systems („HIP“). Diese innovative Innsbrucker Software wurde im Rahmen der vor 13 Jahren von Univ.-Prof. Robert
Zangerle (Leiter der HIV-AIDS Ambulanz in Innsbruck) initiierten und etablierten Kohortenstudie „AHIVCOS“ entwickelt
und liefert mit der Registrierung detaillierter Behandlungsabläufe auch einen wesentlichen Beitrag zur HIV-Surveillance
(Überwachung) in Österreich. Vor dem Hintergrund der fehlenden HIV-Meldepflicht in Österreich kommt
der Kohortenstudie somit auch Gewicht als gesundheitspolitisches Steuerungselement zu. „Neben der systematischen
Erfassung und der Optimierung der klinischen Betreuung von HIV-PatientInnen dient die Kohortenstudie immer mehr
auch als wertvolles Datenpool für weiterführende Forschungsarbeiten“, erklärt Prof. Zangerle, der
nun bereits den 23. AHIVCOS-Bericht veröffentlichen konnte.
Schätzungen zufolge sind in Österreich 7.500 bis 8.500 Personen mit HIV infiziert. Mit 3.597 TeilnehmerInnen
(1.1.2013) erfasst die AHIVCOS knapp über 90 Prozent aller an einem der sieben HIV-Zentren in antiretroviraler
Therapie (ART) befindlichen Infizierten in Österreich, 533 davon werden in Innsbruck mit ART behandelt.
Kritisch räumen die AutorInnen ein, dass rund 4000 PatientInnen, welche jährlich mindestens eine Kontrolle
wahrnehmen, in den sieben österreichischen Zentren nur etwa 20 HIV-BehandlerInnen gegenüberstehen.
Mit der Etablierung der ART steht ein eindrucksvoller Rückgang der Sterblichkeit in Zusammenhang: Starben
1994 noch 47 von 100 männlichen AIDS-Kranken und 55 von 100 weiblichen, so ist diese Rate in der Zwischenzeit
bei Männern auf unter 10, bei Frauen auf unter 5 gesunken. Eine rechtzeitige Therapie würde jedoch den
Ausbruch von AIDS verhindern. Zwischen 2005 und 2010 war die Sterblichkeitsrate unter den injizierenden Drogenabhängigen
dreimal so hoch wie unter den homosexuellen Männern. Seit 1990 wird die Diagnose HIV durchschnittlich zwischen
dem 29. und 39. Lebensjahr gestellt. 27,8 Prozent der in der Kohortenstudie in den letzten zwölf Monaten erfassten
PatientInnen sind Frauen. In der Untergruppe der heterosexuell Infizierten liegt der Frauenanteil bei 51,5 Prozent
(für weitere Details siehe Beiblatt zum 23rd Report of the AHIVCOS).
Im Fokus: Innovative Behandlungs- und Impfstrategien
Neben den Therapie- und Dokumentationsleistungen verfügt die Medizinische Universität Innsbruck auch
in Ihrer Forschungsleistung zu HIV und Aids über besonders hohes Potential, wie die wissenschaftlichen Ergebnisse
verschiedener Arbeitsgruppen, etwa an der Sektion für Virologie, an der Sektion für Hygiene und Medizinische
Mikrobiologie oder an der Univ.-Klinik für Dermatologie, zeigen. So liegt der Fokus des Virologen und Kongresspräsidenten
Univ.-Prof. Heribert Stoiber auf der Aufklärung immunologischer Zusammenhänge, um damit gezielte Impfstrategien
entwickeln zu können. Im Zentrum steht dabei das Komplementsystem - eine Verteidigungslinie des Organismus,
die bei vielen immunologischen Antworten involviert ist. An der Sektion für Hygiene beschäftigt sich
das Team um Ass.-Prof.in Doris Wilflingseder mit Wechselwirkungen von HIV-1 mit verschiedenen dendritischen Zell-Subtypen
und daraus resultierenden T Zellantworten.
Einen besonders innovativen Therapieansatz verfolgt die international anerkannte Leiterin der Innsbrucker Sektion
für Virologie, Univ.-Prof.in Dorothee von Laer. Mit dem Einsatz antiviraler Gene könnte man etwa der
Entwicklung einer HIV Gentherapie oder gar eines Aids-Impfstoffes einen großen Schritt näher gekommen
sein.
Integratives und intensives Kongressprogramm
„Der Kongress soll einen Beitrag zur Integration der Aktivitäten von AIDS-ForscherInnen, MedizinerInnen,
SozialwissenschafterInnen und Betroffenen im Kampf gegen AIDS leisten“, betont Prof. Stoiber im Vorfeld des Deutsch-Österreichischen
Aidskongresses. Auf Initiative der AIDS-Hilfe Tirol wurden auch Schülerinnen und Schüler ab der 10. Schulstufe
mit einem Wettbewerb, in dem eine HIV bezogene Präventionsbotschaft erarbeitet und kreativ gestaltet wurde,
mit einbezogen.
Unter dem Motto „M.U.M.M.meet.understand.move.music“ findet der Kongress am Freitag, den 14.6., schließlich
auch seinen gesellschaftlichen Höhepunkt. Bei der Social Night ab 19.30 im Stadtcafé Innsbruck werden
lokale InterpretInnen und DJs für gute Stimmung sorgen.
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