Wien (mq) - Die Ausstellung "FACELESS part I", die am 3. Juli um 19 Uhr im
freiraum quartier21 INTERNATIONAL/MQ eröffnet, zeigt zeitgenössische Arbeiten aus Kunst und Mode, in
denen Gesichter versteckt, transformiert oder maskiert sind. Neben rund 100 Werken von u.a. Marina Abramovic, Thorsten
Brinkmann, Asger Carlsen, Shahram Entekhabi, David Haines, Ren Hang, Ute Klein, Nienke Klunder, Manu Luksch, Slava
Mogutin, Mustafa Sabbagh, Jan Stradtmann, Levi van Veluw runden Masken insbesondere von Maison Martin Margiela,
Jun Takahashi für UNDERCOVER sowie Katsuya Kamo für Junya Watanabe's COMME des GARÇONS die Ausstellung
ab.
Die sozio-politischen Folgen von 9/11 sind für den Künstler Bogomir Doringer (SRB/NED) Impulsgeber für
die Ausstellung, die er in Zusammenarbeit mit Brigitte Felderer von der Universität für angewandte Kunst
Wien kuratiert. Je mehr der Wert der fazialen Identifizierbarkeit stieg, desto deutlicher fanden und finden abstrahierende
Formen und Darstellungen von Gesichtern Eingang in die künstlerische Produktion. So auch für Bogomir
Doringer, der seit Jahren zum Thema "FACELESS" im Mode- und Kunstbereich arbeitet und meint: "Unsere
instabile Identität sehnt sich nach einer Rückkehr der Maske, um diese wie in vergangenen Zeiten zum
Schutz, zur Tarnung, als Requisit oder bloß zum Vergnügen zu tragen."
"Die medialen Fratzen relativieren nicht allein die Selbstwahrnehmung, konfrontieren uns nicht nur mit unvergleichlichen
Spiegelbildern, verführen zu übersteigerter Selbstkontrolle. Längst sind sie zu Spuren geraten,
die im großen Netz unauslöschlich geworden sind. Verewigt im Buch der Gesichter bleibt man auffindbar,
identifiziert und wird letztendlich nicht nur an Projektionen und Wunschvorstellungen aller Art sondern in aller
Konsequenz an erlaubte wie heimliche Kontrollinstanzen preisgegeben. Man taucht auf und nie mehr ab. Und so zeigt
'FACELESS' die unterschiedlichen Strategien und Projekte der Auflehnung und Selbstermächtigung gegenüber
diesen übermächtigen uneinholbaren Vorgaben", so Brigitte Felderer.
Der deutsche Künstler Thorsten Brinkmann erscheint in seinen Selbstporträts stets gesichtslos. Für
die Fotografien, die in Farbe, Pose und Anordnung an klassische Porträtmalerei erinnern, fügt er gebrauchte
Alltagsgegenstände und Sperrmüll als "objets trouvés" zusammen.
Eine "public persona" wie Marina Abramovic versucht dagegen, ihren hohen Wiedererkennungswert in fotografischen
Selbstporträts zu mindern. Frank Schallmaier wiederum verwendet für seine Collagen Fotos, die er in sozialen
Netzwerken und Online-Partnerbörsen für Homosexuelle findet: sie zeigen Personen, die bei der Selbstdarstellung
auf jegliche Gesichtserkennung verzichten. Hester Scheurwater thematisiert in ihren Fotoarbeiten die mediale Repräsentation
von Frauen als Objekt der Begierde. In Ute Kleins Fotografien verschmelzen die Körper von Liebenden zu temporären
Skulpturen. Nienke Klunder parodiert in ihren Selbstporträts die triviale Omnipräsenz erotischer Bilder
während die Protagonisten in Jan Stradtmanns Fotoarbeit wahrlich vom Gesichtsverlust gezeichnet sind.
Im avantgardistischen Modebereich setzt man seit Jahren auf Maskierungen um die Individualität der Trägerin
auszulöschen. "FACELESS" zeigt dazu Kreationen von Labels wie Maison Martin Margiela, Gareth Pugh,
Viktor & Rolf und Bernhard Willhelm. Zum ersten Mal in Österreich werden Arbeiten des Künstlers und
Designers Jun Takahashi für das japanische Modelabel UNDERCOVER sowie des Stylisten Katsuya Kamo für
Junya Watanabe's COMME des GARÇONS präsentiert.
Die Abteilung für Bühnen- und Kostümgestaltung, Film- und Ausstellungsarchitektur der Universität
Mozarteum Salzburg zeichnet sich zum zweiten Mal für die Ausstellungsarchitektur im barocken freiraum quartier21
INTERNATIONAL/MQ verantwortlich. Unter der Leitung von Professor Henrik Ahr haben die Studenten Thilo Ullrich und
Martin Hickmann ein Präsentationskonzept entwickelt, um die rund 100 Arbeiten unterteilt in Themenbereiche
wie Burka, Hooligan, Sex, Fetisch und Mutanten in eine aufwändige Inszenierung einzubetten.
Die Ausstellung wird am 3. Juli um 19 Uhr mit Performances von Addie Wagenknecht und Stefan Hechenberger, FERAL
is KINKY und REBEL YUTHS eröffnet. Filmvorführungen im Rahmen der frame[o]ut - Digital Summer Screenings,
Kuratorenführungen, ein Artist Talk mit Dora Budor, der Kinderworkshop "Digital Mask" von Bernd
Oppl in Kooperation mit der Jugendorganisation Bund Europäischer Jugend/Junge Europäische Föderalisten
(BEJ/JEF) sowie die "Surveillance Documentation" von Addie Wagenknecht und Stefan Hechenberger, ein Projekt
von Artistic Bokeh und der Universität für angewandte Kunst Wien, sind Teil des Rahmenprogramms.
Ende Juni geht die Website zur Ausstellung www.facelessexhibition.com online. BesucherInnen und KünstlerInnen
sind eingeladen "gesichtslose" Bilder hochzuladen. Nach Auswahl durch den Kurator werden einige von diesen
in "FACELESS part II" präsentiert. Der zweite Teil der Ausstellung, der am 27. September eröffnet
wird, widmet sich der Neuerfindung der Privatsphäre.
KünstlerInnen
Marina Abramovic (SRB/USA), Marc Bijl (NED/GER), Thorsten Brinkmann (GER), Dora Budor & Maja Cule (CRO/USA),
Ondrej Brody (CZE) & Kristofer Paetau (FIN), Asger Carlsen (DEN/USA), Nezaket Ekici (TUR/GER), Shahram Entekhabi
(IRI/GER), Caron Geary aka FERAL is KINKY (GBR), David Haines (GBR/NED), Ren Hang (CHN), Sabi van Hemert (NED),
Ursula Hübner (AUT), Damier Johnson aka REBEL YUTHS (NGR/ITA), Brian Kenny (USA), Ute Klein (GER), Nienke
Klunder (USA), Lucy McRae (AUS) & Bart Hess (NED), Manu Luksch (AUT/GBR), Zachari Logan (CAN), Maison Martin
Margiela (BEL), Slava Mogutin (RUS/USA), Veljko Onjin (SRB), Bernd Oppl (AUT), Tanja Ostojic (SRB/GER), Gareth
Pugh (GBR), Eva-Maria Raab (AUT), Ana Rajcevic (SRB/GBR), Harem Royal (SRB), Tarron Ruiz-Avila (AUS), Viktor &
Rolf (NED), Daphne Rosenthal (NED/USA), Mustafa Sabbagh (JOR/ITA), Olivier de Sagazan (FRA), Daniel Sannwald (GER/GBR)
for WOODKID, Frank Schallmaier (NED), Hester Scheurwater (NED), Jan Stradtmann (GER), Sergei Sviatchenko (UKR/DEN),
Jun Takahashi for UNDERCOVER (JAP), Marc Turlan (FRA), Levi van Veluw (NED), Philippe Vogelenzang & Majid Karrouch
(NED), Addie Wagenknecht (USA) & Stefan Hechenberger (AUT), Katsuya Kamo for Junya Watanabe COMME des GARÇONS
(JAP) und Bernhard Willhelm (GER/FRA). Einige von ihnen werden als Artists-in-Residence im MQ leben und arbeiten.
"FACELESS" wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für europäische und internationale
Angelegenheiten, der WIENER STÄDTISCHE Versicherung AG Vienna Insurance Group, der Universität Mozarteum
Salzburg, der Botschaft des Königreichs der Niederlande sowie mit Unterstützung von Partnern und Sponsoren
aus dem In- und Ausland organisiert.
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