Forscher/innengruppe nennt neun Entwicklungen, die Salzburgs Zukunft prägen
Salzburg (lk) - Sieben Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen haben sich zusammengetan,
um eine Diskussion über Salzburgs Zukunft anzuregen. Sie schrieben auf 130 Seiten zusammen, was sie für
die wichtigsten Entwicklungen halten, die Salzburg bis 2030 prägen werden. Die Thesen sind nun von Robert-Jungk-Bibliothek
für Zukunftsfragen (JBZ) veröffentlicht worden. Sie sind unter dem Titel "Salzburg morgen"
als Arbeitspapier der JBZ zu erhalten.
Die Forscher/innen zeichnen folgende Entwicklung: Der Klimawandel wird Salzburg betreffen. Anpassungsleistungen
der öffentlichen Hand an das neue Klima werden genauso Kosten verursachen wie eine alternde Gesellschaft.
Die Alterung wird auch dazu führen, dass sich das Gesundheitssystem verändern wird. Salzburgerinnen und
Salzburger werden immer wahrscheinlicher im Zentralraum leben, wenn sie nicht zu denen gehören, die überhaupt
das Land für Beruf und Ausbildung verlassen. Salzburg stirbt aber nicht aus, weil die Zuwanderung auch nach
Salzburg zunehmen wird. Die Zuwanderung unterstützt den Trend zu kultureller Diversität. Neo-Bürger
werden mit hohen Wohnkosten konfrontiert sein, die einer der Gründe für die zunehmenden Unterschiede
zwischen Arm und Reich sind. Im Privatleben findet man immer seltener Nachbarn und Familienmitglieder, die aushelfen,
kommerzielle Dienstleister springen für Tätigkeiten ein, die früher privat organisiert waren. Auch
die Politik wird sich ändern (müssen).
Konkret nennen sie folgende Entwicklungen:
- Es wird eine Öffnung des politischen
Systems geben, erzwungen durch sinkende Wahlbeteiligung, weniger Parteimitglieder, mehr Wechselwähler/innen
und weniger Kandidatinnen und Kandidaten.
- Es kommt zu einer Kommerzialisierung von immer mehr Lebensbereichen. Immer mehr
Bereiche des menschlichen Lebens werden durch spezialisierte, den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe angepasste
Marktangebote bedient.
- Die Unterschiede zwischen dem Zentralraum und dem Süden des Landes nehmen
zu. In einer zunehmend wissensbasierten Ökonomie wird die Abwanderung aus den ländlichen Regionen zunehmen.
- Der Klimaerwärmung wird sich auswirken, besonders auf den Tourismus innergebirg,
wo die Temperaturen schneller steigen werden.
- Das Gesundheitssystem wird grundlegend reformiert sein, mehr Gesundheitsdienstleistungen
und mehr Gesundheitsvorsorge sowie -erhaltung werden durch allgemeine Entwicklungen erzwungen werden.
- Die soziale Polarisierung nimmt in Salzburg zu durch Verknappung von Wohnraum,
"Ethnisierung" von Armut und stärkerer Distinktion zwischen sozialen Schichten.
- Zunehmende kulturelle Vielfalt in der Gesellschaft, unter anderem aufgrund des
Nachrückens von Generationen mit Menschen mit Migrationshintergrund und der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung.
- Steigendes durchschnittliches Alter der Bevölkerung und daraus folgende
Anforderungen unter anderem an öffentliche Wohlfahrt, Finanzen, Kultur und Politik.
- Internationalisierung des Lebens in Salzburg durch die ökonomische Globalisierung,
die Massenmedien, die berufliche Spezialisierung und die Bildung.
Das Forscher-Team besteht aus sieben Personen: Silvia Augeneder ist Juristin/Ethikerin im Bereich Rechts- und Sozialphilosophie
der Juridischen Fakultät Salzburg. Schwerpunkte sind Wirtschafts- und Medizinethik. Lukas Lengauer ist Geograf
und Ökonom. Er arbeitet in der ZIT-Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH. Erich Mild ist Politikwissenschaftler
und publiziert vor allem zu Fragen der Energie-, Klimaschutz- und Umweltpolitik. Jakob Reichenberger ist Studienleiter
in St. Virgil Salzburg. Walter Scherrer ist Univ.-Prof. für Volkswirtschaftslehre an der Universität
Salzburg. Markus Seiwald studierte Landschafts-, Regional- und Stadtmanagement an der Universität Salzburg
und lehrt und forscht für die Arbeitsgruppe Wirtschaftsgeographie am Fachbereich Geographie & Geologie.
Stefan Wally ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Stiftung und unterrichtet Politikwissenschaften.
Waltraud Winkler-Rieder ist Beraterin für Regionalentwicklung und Gesellschafterin der ÖAR Regionalberatung
GmbH.
Diskussion eröffnen
Die Autor/innen behaupten nicht, die Zukunft vorhersehen zu können. Sie gehen aber davon aus, dass Diskussionen
über die Zukunft unverzichtbar sind. Diese Diskussionen sind fruchtbar, wenn sie anhand von Thesen angestoßen
werden. Die Forscherinnen und Forscher laden nun zu Ergänzungen und Kritik ein. Die Inputs sollen gemeinsam
mit neuen Erkenntnissen und Daten in ein jährliches Update einfließen.
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