Pirker:
Neues EU-Asylrecht hilft denen, die tatsächlich Schutz brauchen
EU-Parlament beschließt umfassende Neuregelung des europäischen Asylrechts /
Asyl-Fingerabdruck-Datenbank soll auch zur Verfolgung von schweren Straftaten genutzt werden
Straßburg (övp-pd) - Nach knapp fünfjährigen Verhandlungen beschließt das EU-Parlament
diese Woche eine umfassende Reform des europäischen Asylrechts. "Asylverfahren werden in Zukunft schneller.
Missbrauch und Asyl-Shopping werden bekämpft. Der Arbeitsmarktzugang und die Verwahrung von Asylbewerbern
werden erstmals eindeutig geregelt", fasst der Innen- und Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament,
Hubert Pirker, die Einigung zusammen. "Unser Ziel ist, dass denen rasch geholfen wird, die tatsächlich
Schutz vor Verfolgung brauchen", so der ÖVP-Europaabgeordnete. Nach der Parlamentsdebatte in Straßburg
am 11.06. soll der endgültige Beschluss am Nachmittag des 12.06. erfolgen.
"Schnelle Asylverfahren sind faire Verfahren", fasst Pirker die geplanten Verfahrensvereinfachungen zusammen.
"Im Normalfall müssen Asylverfahren in Zukunft binnen sechs Monaten erledigt werden. Nur bei sehr komplizierten
Fällen oder einem Ansturm von Asylanträgen ist ausnahmsweise eine einmalige Verlängerung um neun
Monate möglich", erläutert Pirker. Zu den Verfahrensvereinfachungen gehört auch, dass Antragsteller,
die offensichtlich zu täuschen versuchen oder nach einer Ablehnung einen neuen Antrag mit neuen, unbegründeten
Tatsachen stellen, einfacher abgeschoben werden können. Außerdem wird festgelegt, dass Asylbewerber
in Verwahrung genommen werden können, um ihre Identität feststellen zu können. "Auch das ist
eine Maßnahme, um Asylverfahren rasch abschließen zu können."
Teil der neuen Regelung ist außerdem, die existierende Asyl-Fingerabdruck-Datenbank EURODAC auch zur Verfolgung
von schweren Straftaten wie Mord, Menschenhandel oder Terroranschlägen zu nutzen. Bisher dient die Datei zur
Identifikation und zur Überprüfung, ob ein Asylsuchender bereits in einem anderen Land einen Asylantrag
gestellt hat. Die Ausweitung der Nutzungsmöglichkeit sei ein "Sieg der Vernunft", so Pirker. "Die
gespeicherten Daten nicht zur Bekämpfung schwerer Verbrechen nutzen zu können wäre ein Schildbürgerstreich",
erklärt der ÖVP-Europaabgeordnete. Ein vierstufiges Verfahren mit mehreren Sicherheitschecks und unabhängiger
Kontrolle sorge dafür, dass der Datenschutz jedenfalls gewahrt werde.
Das Prinzip, dass das sogenannte Erstkontaktland in der EU zuständig für das Asylverfahren ist, bleibt
bestehen. Auch sollen Asylbewerber, deren Verfahren die Mitgliedstaaten nicht innerhalb von neun Monaten abschließen,
Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Dabei ist den eigenen Staatsbürgern Vorrang zu geben. Ein neuer Frühwarnmechanismus
und ein Krisenmanagement sind für den Fall vorgesehen, dass in einem EU- Mitgliedsland eine besonders hohe
Zahl von Asylsuchenden eintrifft oder das Asylsystem nicht ordnungsgemäß funktioniert. In diesem Fall
kann der betreffende Staat oder die EU-Kommission alle Mitgliedsländer damit befassen, um Hilfe bitten und
einen Aktionsplan ausarbeiten. "Damit bekommen wir geeignete Instrumente für ein besseres Krisenmanagement",
erklärt Pirker.
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Mölzer: Wenn schon einheitliche EU-Asylregeln, dann nach Schweizer Vorbild!
Geplante einheitliche EU-Asylstandards tragen Handschrift des Gutmenschentums - Asylwesen
darf kein Vehikel für ungezügelte Massenzuwanderung sein
Wien (fpd) - Die gemeinsamen EU-Asylstandards seien entschieden abzulehnen, sagte der freiheitliche EU-Delegationsleiter
Andreas Mölzer am 11.06. im Vorfeld der Aussprache zu diesem Thema im Europäischen Parlament. "Das
ganze Regelwerk trägt die Handschrift des Gutmenschentums. Wichtige bisherige Grundsätze wie Dublin II,
der den Asyltourismus zwischen den Mitgliedstaaten verhindert, sollen aufgeweicht werden. Die neuen einheitlichen
EU-Asylstandards werden daher die Massenzuwanderung nach Europa fördern", kritisierte Mölzer.
Grundsätzlich sei zwar ein einheitliches EU-Asylrecht nicht abzulehnen, so der freiheitliche Europaabgeordnete.
"Aber ein solches hat sich ausschließlich an den Interessen der europäischen Völker zu orientieren.
Und als Vorbild könnten die verschärften Schweizer Asylgesetze dienen, die am Sonntag von den Eidgenossen
bei einer Volksabstimmung mit klarer Mehrheit bestätigt wurden. Das zeigt übrigens einmal mehr den Unterschied
zwischen Brüsseler Zentralbürokratie und direkter Demokratie", fügte Mölzer hinzu.
Wenn zu konsequenten Regeln gegen Asylmissbrauch innerhalb der Europäischen Union keine Bereitschaft bestehe,
dann müsse das Asylwesen in der ausschließlichen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegen, forderte der
freiheitliche EU-Mandatar. "Denn es muss unbedingt verhindert werden, dass das Asylwesen zu einem Vehikel
der ungezügelten Massenzuwanderung wird, wie es den Brüsseler Multikulti-Fanatikern offenbar vorschwebt",
schloss Mölzer.
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Lunacek: Neues EU-Asylsystem ist vertane Chance für besseren und einheitlichen
Flüchtlingsschutz
Grüne Kritik am Abschreckungssystem und einer Vielzahl an einschneidenden Verschlechterungen
Straßburg (grüne) - "Das neue Asylsystem ist eine vertane Chance für einen besseren
und einheitlichen Flüchtlingsschutz in Europa. Von den großen Plänen für ein Gemeinsames Europäisches
Asylsystem, die die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hat, ist praktisch nichts übrig geblieben.
Die Mitgliedsstaaten haben alles abgeblockt. Die vier Asylrichtlinien und -Verordnungen, die im Paket verhandelt
wurden, führen zu einschneidenden Verschlechterungen. Verbesserungen dagegen muss man mit der Lupe suchen.
In einigen Bereichen wird der Flüchtlingsschutz regelrecht durchlöchert: Die Polizei bekommt zur Verfolgung
von Straftaten künftig Zugriff auf die Fingerabdrücke von Asylsuchenden. Das lehnen wir Grüne genauso
entschieden ab wie die Inhaftierung von Flüchtlingen, die künftig aus einer Vielzahl von Gründen
möglich ist. Dafür reicht es schon, dass sie ohne Einreiseberechtigung in die EU kommen. Nicht einmal
die Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen im Gefängnis ist ein Tabu. Die EU schafft damit
kein Schutzsystem, sondern ein Abschreckungssystem. Mit der Verfahrensrichtlinie werden neue Regeln für den
"massiven Zustrom von Asylbewerbern" eingeführt, während sich die wichtigste Verbesserung darauf
beschränkt, dass unbegleitete Minderjährige und Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen, wie
etwa schwangere Frauen, nicht im Flughafenverfahren abgefertigt werden dürfen. Das ist ein kleiner Schritt
in die richtige Richtung, entscheidende Verbesserungen sind das aber nicht", erklärt Ulrike Lunacek,
Vizepräsidentin der Grünen im Europaparlament und Europasprecherin der österreichischen Grünen,
zur heutigen Debatte im Plenum des Straßburger Europaparlaments über das neue europäische Asylsystem.
Im Plenum abgestimmt wird morgen nur noch die EURODAC-Verordnung. Die anderen zu diesem Asyl-Paket gehörenden
drei Rechtsakte gelten mit der Abstimmung gestern abend im Innenausschuss und der Verkündung morgen im Plenum
als angenommen.
Lunacek: "Die neuen Regelungen schaffen gemeinsame Standards bestenfalls auf dem Papier. In der Praxis lassen
sie den EU-Ländern aber viel zu viele Schlupflöcher, um davon abzuweichen. Beim umstrittenen Dublin-System
waren die Mitgliedsstaaten nicht einmal zu Trippelschritten hin zu mehr Solidarität zu bewegen. In der EU
Asyl zu beantragen, gleicht deshalb auch in Zukunft einem Lotteriespiel, je nachdem in welchem Land Flüchtlinge
zuerst EU-Boden betreten. Wir Grüne hätten uns vom gemeinsamen europäischen Asylsystem weit mehr
versprochen. Wir wollten ein starkes europäisches Asylsystem und kein Abschreckungssystem. Davon sind wir
in der EU mit diesem neuen Asylsystem weiterhin meilenweit entfernt. "
Grünes Abstimmungsverhalten: Aufnahmerichtlinie: dagegen Dublin-Verordnung: Enthaltung. Die Grünen lehnen
das Dublin-System insgesamt zwar ab. Die Neufassung der Verordnung ist aber an einigen Stellen besser als die bestehende
Regelung. Eine Ablehnung hätte das Dublin-System nicht abgeschafft, sondern nur die alte Regelung beibehalten.
Asylverfahrensrichtlinie: Enthaltung. Hier gibt es einige kleinere Verbesserung gegenüber der bestehenden
Richtlinie, die Neufassung führt aber weder zu gemeinsamen Standards noch korrigiert sie zentrale Schwachstellen
der bisherigen Richtlinie. Bei der Abstimmung zu EURODAC am 12.06. im Plenum werden die Grünen dagegen stimmen.
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