EU-Unterausschuss skeptisch zu Zusammenlegung von EUROPOL und CEPOL
Wien (pk) – "Wir haben null Kontakt mit der NSA", bekräftigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner
am 18.06. auf diesbezügliche Fragen im EU-Unterausschuss über den jüngst aufgedeckten Überwachungsskandal
der USA. Sie betonte, dass das Innenministerium keinerlei Kenntnisse davon gehabt habe und es zu keinem Datenaustausch
mit der NSA gekommen sei. Zum Thema wurde "Prism" in der Debatte über Pläne der EU-Kommission,
das Europäische Polizeiamt EUROPOL und die Europäische Polizeiakademie CEPOL zusammenzuführen und
in diesem Zuge die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu verschärfen, einschlägige Daten zu übermitteln.
Laut EU-Kommission hat die Schwerkriminalität wie auch die organisierte Kriminalität in der EU in den
vergangenen Jahren zugenommen. Hinzu kommt, dass sich neue Kriminalitätsformen wie die Cyberkriminalität
entwickelt haben. Dies stelle nicht nur eine Bedrohung für die persönliche, sondern auch für die
wirtschaftliche Sicherheit der EU-BürgerInnen dar. Angesichts dessen besteht für die Kommission ein konkreter
Bedarf an EU-Agenturen, die die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und die Aus- und Fortbildung auf dem
Gebiet der Strafverfolgung erleichtern können.
Maßnahmen der Kommission sehen demgemäß vor, EUROPOL und CEPOL zu einer Agentur zusammenzulegen.
Ferner sind europäische Aus- und Fortbildungs- sowie Austauschprogramme für das zuständige Personal
von Strafverfolgungsbehörden auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene angedacht. Weiters soll es möglich
werden, EU-Zentren mit Fachkenntnissen auf dem Gebiet der Bekämpfung bestimmter, in die Zuständigkeit
von EUROPOL fallender Kriminalitätsfelder innerhalb EUROPOLS einzurichten. Schließlich ist auch vorgesehen,
die Verpflichtung zur Datenübermittlung der Mitgliedsstaaten zu verschärfen, wobei personenbezogene Daten
besser geschützt werden sollen. Zur externen Kontrolle der Einhaltung des Datenschutzes ist der Europäische
Datenschutzbeauftragte (EDSB) aufgerufen. Um auch die parlamentarische Kontrolle sicherzustellen, soll laut Vorschlag
das strategische mehrjährige Arbeitsprogramm von EUROPOL (etwa jährliche Tätigkeitsberichte, Risikobewertungen,
strategische Analysen etc.) einer Anhörung sowohl im Europäischen Parlament als auch in den nationalen
Parlamenten unterzogen werden.
Mit diesen Schritten würde das Ziel des sogenannten Stockholmer Programms umgesetzt, EUROPOL zu einem "Knotenpunkt
des Informationsaustausches zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedsstaaten" zu machen, führt
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner dazu aus. Für die Kommission steht überdies außer Frage, dass
die Verschmelzung von EUROPOL und CEPOL große Synergieeffekte und Effizienzgewinne bewirkt.
Von österreichischer Seite steht man einem Merger eher kritisch gegenüber. Relevante Einsparungen oder
ein wirklicher Mehrwert seien in den Vorschlägen nicht zu erkennen, auch aus Sicht der Polizeiausbildung sowie
aus operativer Perspektive bestehe keine dringende Notwendigkeit einer Zusammenlegung, heißt es. Ebenso betrachtet
man die Verschärfung der Pflichten der Mitgliedstaaten zum Datenaustausch mit großer Skepsis. Österreich
lehnt zudem den vorgesehenen direkten Kontakt von EUROPOL mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden
ab, zumal vorgesehen ist, dass EUROPOL Durchgriff auf einzelne Strafverfolgungsbehörden und direkten Zugriff
auf nationale Informationssysteme haben soll.
Innenministerin Mikl-Leitner betonte die Wichtigkeit von EUROPOL vor allem in der grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung,
aber auch CEPOL funktioniere ihrer Meinung nach gut. Die Kernpunkte in den Vorschlägen der Kommission liegen
in der Integration von CEPOL in EUROPOL, der Weiterentwicklung EUROPOLS als Drehscheibe für den Informationsaustausch
und in der Aufwertung der parlamentarischen Kontrolle von EUROPOL, wie die Ministerin ausführte.
Mehrheit der Abgeordneten gegen EU-Pläne
Defizite im Vorhaben der Kommission sah auch Abgeordneter Otto Pendl (S), da es sich bei EUROPOL und CEPOL um zwei
grundsätzlich verschiedene Organisationseinheiten handle. Die Fusionierung von zwei Agenturen, bei denen sich
eine mit Ausbildungsfragen beschäftigt und die andere operativ tätig ist, sei nicht sinnvoll und führe
auch zu keinem gemeinsamen Vorteil, zeigte sich Pendl überzeugt.
Dieser Kritik schloss sich auch Abgeordneter Johannes Hübner (F) an und brachte im Namen seiner Fraktion einen
Antrag auf Stellungnahme ein, in dem gefordert wird, alle Maßnahmen auf europäischer Ebene zu ergreifen,
um die Zusammenführung der beiden Agenturen und die Verschärfung der Übermittlungspflichten von
Daten an EUROPOL zu verhindern. Ein weiterer Appell der FPÖ zur Abwendung der Maßnahmen betrifft den
vorgesehenen direkten Kontakt von EUROPOL mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden, sowie die Bestimmung,
wonach EUROPOL einen direkten Zugriff auf nationale Informationssysteme erhalten soll. Der Antrag wurde nur von
FPÖ und BZÖ unterstützt und blieb somit in der Minderheit.
Zumindest begrüßenswert beurteilte Abgeordneter Albert Steinhauser (G) die verstärkte parlamentarische
Kontrolle von EUROPOL. Skeptisch äußerte sich der Mandatar im Namen seiner Fraktion jedoch gegenüber
der Übertragung von personenbezogenen Daten.
Auf die Frage von Abgeordnetem Hermann Gahr (V), wie durch die vorgesehenen Maßnahmen EUROPOL in Einklang
mit dem Vertrag von Lissabon gebracht werde, verwies Innenministerin Mikl-Leitner auf den Fortschritt im Bereich
der Kontrollmechanismen, wonach die nationalen Parlamente stärker miteinbezogen werden könnten. Positiv
wertete sie auch die Einberufung des Europäischen Datenschutzbeauftragen (EDSB) für die externe Kontrolle
der Datenschutzpraktiken EUROPOLS.
Dennoch brachte die Ministerin Zweifel über die Sinnhaftigkeit eines Mergers an und berichtete den Abgeordneten,
dass diese Position Österreichs in Brüssel auch kundgetan wurde. Beide Agenturen würden letztendlich
gut funktionieren, meinte sie. Sollte die Kommission jedoch die bereits geforderten Kostenschätzungen auf
den Tisch legen, sei sie gerne bereit, diese Pläne aufgrund von Kosteneinsparungen zu diskutieren. Ein klares
Nein erteilte Mikl-Leitner dem direkten Zugriff auf Strafverfolgungsbehörden, hier wolle man auch weiterhin
nationale Stellen beibehalten, versicherte sie.
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