Entschädigung für Jahreskartenbesitzer, wenn Pünktlichkeit unter 95 Prozent
liegt - Mehr Kompetenzen für Schlichtungsstelle Schienen-Control
Wien (bmvit) - Ab 1. Juli gelten die neuen Fahrgastrechte für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr. Dreieinhalb
Jahre nach Inkrafttreten der Fahrgastrechteverordnung der Europäischen Union (EU) und drei Jahre nach der
erstmaligen nationalen Umsetzung per Bundesgesetz wurden diese Rechte auf Initiative von Verkehrsministerin Doris
Bures stark erweitert und noch genauer geregelt. Das neue Fahrgastrechtegesetz umfasst nun auch die Verkehrsverbünde.
Sie haben künftig, wie bisher schon die Eisenbahnunternehmen, Fahrgastrechte wahrzunehmen. Und: Die Pünktlichkeitsvorgaben
für die Bahnen werden gesetzlich fixiert mit 95 Prozent (bisher rund 90 Prozent). Wird dieser Wert nicht erreicht,
haben die Fahrgäste mit Jahreskarte einen Anspruch auf Entschädigung.
Verkehrsministerin Bures sieht in den erweiterten Fahrgastrechten einen Ansporn für die Bahnen, Pünktlichkeit,
Kundenorientierung und Qualität noch weiter zu steigern. Das sei die klare politische Vorgabe, die sich bezahlt
macht. 2012 kamen 96,5 Prozent der Züge der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und von den anderen
österreichischen Bahnen pünktlich an. Das ist der beste Wert in der EU. Bures: "Wir wollen, dass
sich viele Menschen für die umweltfreundliche Bahn entscheiden, deshalb müssen wir das Angebot so attraktiv
wie möglich gestalten. Was zählt ist die Kundenzufriedenheit!"
Vor allem für Pendlerinnen und Pendler bringt das neue Gesetz Verbesserungen. Es sieht vor, dass Bahnunternehmen
Verspätungsentschädigungen an Jahreskartenbesitzer zahlen müssen, wenn in einem Monat fünf
Prozent der Züge unpünktlich sind. Das heißt, der zu erreichende Pünktlichkeitsgrad für
Züge des Regionalverkehrs (zum Beispiel REX, R, S-Bahn) wird im Gesetz einheitlich mit 95 Prozent vorgegeben.
Bislang wurden diese Pünktlichkeitswerte von den Bahnen selbst festgesetzt und bewegten sich zuletzt mehrheitlich
um die 90 Prozent.
Die Bahnunternehmen sind verpflichtet ab 1. Jänner 2014 die monatlich tatsächlich erreichte Pünktlichkeit
unentgeltlich auf ihren Websites zu veröffentlichen, sodass Personen mit Jahreskarte ihren Entschädigungsanspruch
leicht überprüfen können. Jahreskartenbesitzer müssen sich nur einmal im System anmelden, also
beim Verkehrsverbund beziehungsweise beim Bahnunternehmen unter Bekanntgabe der benutzten Strecke registrieren
lassen. Anschließend erfolgt die Auszahlung der Entschädigung automatisch einmal pro Jahr am Gültigkeitsende
der Jahreskarte.
Die Regelung für den Fernverkehr bleibt inhaltlich unverändert. Bei einer Verspätung von über
einer Stunde gibt es 25 Prozent vom Ticketpreis zurück, bei mehr als zwei Stunden 50 Prozent. Aber die Fristen
für die Auszahlung sind jetzt genau fixiert. Innerhalb eines Monats müssen vollständige Anträge
auf Entschädigung bearbeitet und ausbezahlt werden.
Neu ist auch, dass es nicht nur im Fernverkehr und für Jahreskartenbesitzerinnen und -besitzer, sondern auch
für andere Zeitkartenbesitzerinnen und -besitzer (zum Beispiel Wochenkarten, Monatskarten) einen Anspruch
auf Entschädigungen gibt. Die genauen Modalitäten dafür sind von den Eisenbahnunternehmen festzulegen.
Mehr Kompetenzen für Schienen-Control - Schlichtungsstelle kann Fahrgästen Verspätungsentschädigungen
zusprechen
Die unabhängige Schlichtungsstelle der Schienen-Control hilft Fahrgästen in ungeklärten Streitfällen
eine außergerichtliche Einigung mit dem betroffenen Bahnunternehmen zu erzielen. "Wir bieten kostenlose
Schlichtungsverfahren an, in denen wir Lösungsvorschläge erarbeiten. Bis jetzt konnten wir Schlichtungsergebnisse
bei Verspätungsentschädigungen nicht für verbindlich erklären. Durch das neue Gesetz können
wir dem Fahrgast die Entschädigung wirksam zusprechen", begrüßt Schienen-Control-Geschäftsführerin
Mag. Maria-Theresia Röhsler die stärkere Durchsetzungsmöglichkeit.
Einführung von Mahnungen für mehr Kundenfreundlichkeit
Mit den neuen Fahrgastrechten wird den Bahnunternehmen und auch Verkehrsverbünden auferlegt, zumindest
einmal zu mahnen und zeitgerechte, begründete Einsprüche von Fahrgästen inhaltlich zu beantworten
bevor eine Zahlungsforderung, insbesondere bei Strafen, an ein Inkassounternehmen übergeben wird. Damit sollen
für den Fahrgast unnötige Unannehmlichkeiten und Kosten vermieden werden. Sofern ein Fahrgast nachträglich
ein gültiges Ticket nachweist, besteht erstmalig auch ein Recht auf Reduktion der Forderung.
Gesetzliche Verankerung der Erstattung von nicht genützten Tickets
Ab Juli erhalten Fahrgäste das Recht bei Nichtbenützung, Einzeltickets vor dem ersten Geltungstag
und Gruppentickets sowie Zeitkarten, zum Beispiel Monatskarten, innerhalb der Geltungsdauer zurückzugeben.
Röhsler hebt die Wichtigkeit der gesetzlichen Regelung hervor: "Fahrgäste haben sich öfter
mit Problemen rund um die Erstattung von Tickets an unsere Schlichtungsstelle gewandt. Sie waren mit Ablehnungen
oder höheren Gebühren konfrontiert. Eine Erstattung kann beispielsweise notwendig sein, wenn ein Fahrgast
ein falsches Ticket gekauft hat oder es durch einen Zugausfall nicht nützen konnte."
Die Erstattung von Tickets, die über bestimmte Vertriebswege (zum Beispiel online) gekauft werden, kann an
besondere Bedingungen geknüpft werden. Das Bahnunternehmen beziehungsweise der Verkehrsverbund darf bei einer
Erstattung angemessene Gebühren verlangen, außer den Fahrgast trifft keine Schuld an der Nichtbenützung
(etwa weil die gekaufte Wagenklasse oder der reservierte Platz nicht verfügbar ist). Die Auszahlung an die
Fahrgäste muss innerhalb von zwei Monaten nach Antragseinreichung erfolgen, diese Frist wirkt der bisherigen
langen Bearbeitungsdauer entgegen.
Bessere Bekanntmachung der Tarifinformationen für Fahrgäste
Auf den Websites der Bahnunternehmen und Verkehrsverbünde sind ab jetzt, gesetzlich vorgeschrieben, sämtliche
Tarifbestimmungen (bis inklusive ein Jahr alte Fassungen) sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen
zu veröffentlichen. Bei den mit Personal besetzten Personenkassen müssen auf Anfrage die Tarifbestimmungen
zur Verfügung gestellt werden. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Tarifbestimmungen ist - von Ausnahmen
abgesehen - in den Bahnhöfen und Zügen (wenn dort Tickets verkauft werden) auszuhängen.
Überprüfung der Beförderungsbedingungen durch Schienen-Control
Mit dem neuen Gesetz kann die Schienen-Control die Beförderungsbedingungen der Eisenbahnunternehmen und
auch der Verkehrsverbünde gesamt auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen. Die Prüfung
umfasst sämtliche österreichische und europäische Rechtsvorschriften (etwa Konsumentenschutzgesetz,
Fahrgastrechtegesetz, EU-Fahrgastrechteverordnung). Zukünftig ist die Schienen-Control befugt, die Verwendung
rechtswidriger Beförderungsbedingungen zu untersagen und dem Bahnunternehmen beziehungsweise Verkehrsverbund
auch konkret eine Änderung der Bedingungen aufzutragen, damit diese dem Gesetz entsprechen.
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