BIP der Eurozone sollte im Q4 Wachstumsschwelle erreichen, für 2014 wird Wachstum von
1 bis 1,5 Prozent prognostiziert – Euroraum arbeitet sich aus Rezession
Wien (rbi) - „Aufgrund von geldpolitischen Impulsen und Strukturreformen, sowie dem Ausbleiben großer
Belastungsfaktoren wie etwa der Griechenland-Restrukturierung im Vorjahr, rechnen wir für die Eurozone heuer
zwar noch mit einem negativen zweiten Quartal, aber im vierten Quartal bereits mit dem Erreichen der Wachstumsschwelle.
Für 2014 ist mit einem BIP-Wachstum von 1 bis 1,5 Prozent im Durchschnitt der Eurozone und damit mit einer
Fortsetzung der Erholung zu rechnen“, blickt Valentin Hofstätter, Leiter der Abteilung Bond Market & Currency
Research der Raiffeisen Bank International AG (RBI) in der soeben erschienenen Publikation „Strategie Globale Märkte“
zum dritten Quartal optimistisch in die Zukunft. Hofstätter betont aber gleichzeitig, dass die Wachstumsannahmen
für die Eurozone, aber auch für die USA, auf einer signifikanten Verbesserung der Vorlaufindikatoren
innerhalb der nächsten drei bis vier Monate basieren.
Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) werden die Emerging Markets (EM) heuer im Durchschnitt um 5,3
Prozent wachsen, was ihre enorme Bedeutung für die internationale Wirtschaftsentwicklung einmal mehr unterstreicht.
Dennoch gibt Helge Rechberger, Chef der Aktienmarktanalyse bei Raiffeisen Research, zu bedenken, dass die EM-Aktienmärkte
seit Oktober 2010 hinter den entwickelten Märkten zurückliegen und zuletzt unter massiven Verkaufsdruck
geraten sind. „Die restriktiven Tendenzen in der Geldpolitik sowie die schwächeren Konjunktur-vorlaufindikatoren
in China verstärkten im Mai auf den EM-Aktienmärkten die Kurseinbrüche“, analysiert Rechberger einen
der Gründe für die derzeitige Untergewichtung in den internationalen Portfolios.
Euroraum arbeitet sich aus Rezession
„Nach einem Hänger zu Frühjahrsbeginn haben sich die Konjunkturfrühindikatoren für den Euroraum
im zweiten Quartal 2013 wieder erholt. Unsere Prognosen bezüglich einer Konjunktur-erholung werden unter anderem
von den aussagekräftigen Einkaufsmanagerindizes unterstützt“, erklärt Hofstätter. „Besonders
positiv ist die Tatsache, dass die Indizes zuletzt nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien, Italien und
dem zuletzt stark strauchelnden Frankreich bergauf zeigen. Der Euroraum arbeitet sich aus der Rezession!“
Die Experten von Raiffeisen Research erkennen darin das Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Einerseits verringert
sich der dämpfende Effekt der Fiskalpolitik, zum Teil aufgrund der erfolgreichen Konsolidierungsbemühungen,
aber auch wegen der nachlassenden Strenge der EU-Kommission in Bezug auf die Erreichung der vereinbarten Defizitziele.
Gleichzeitig sorgt die Geldpolitik in vielen Teilen des Euroraums für günstige Finanzierungsbedingungen,
während sich realwirtschaftliche Ungleichgewichte verringert haben. Letzteres umfasst den Abbau von binnen-wirtschaftlichen
Übertreibungen (etwa Immobilienpreise), was wiederum zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
führt und somit die Grundlage für eine nachhaltige Erholung der Region ist.
„In Summe gehen wir davon aus, dass steigende Exporte private Investitionen in Gang setzen, die dann im Laufe von
2014 zu mehr Beschäftigung und Konsum führen werden“, schließt Hofstätter den Ausblick für
die Eurozone ab.
USA plant Ausstieg aus Wertpapier-Ankaufprogramm
In vielen etablierten Wirtschaftsregionen beobachten Experten aktuell eine „liquiditätsgetriebene“ Entwicklung
der Aktienmärkte, die durch die außergewöhnlich niedrigen Zinsniveaus sowie die zahlreichen Wertpapier-Ankaufprogramme
bedingt ist.
„In den USA wird seit dem Frühjahr vermehrt über einen Ausstieg aus dem Wertpapier-Ankaufprogramm diskutiert,
das monatlich rund USD 85 Milliarden an frischem Geld in die amerikanische Wirtschaft pumpt. Wir gehen bei einer
anhaltenden Verbesserung des Arbeits-marktes von einer Reduktion des Liquiditätsschubs ab dem vierten Quartal
aus“, bewertet Hofstätter die Aussagen der Federal Reserve-Gouverneure.
„Dennoch halte ich eine Zinsanhebung in diesem Zusammenhang angesichts der damit verbundenen konjunkturellen Risiken
in den USA noch für Zukunftsmusik und rechne frühestens 2015 damit“, so Hofstätter weiter. In Europa
hält er bis zum Frühjahr 2014 eine Trendwende in der Geldversorgungspolitik der EZB für eher unwahrscheinlich.
Auswirkungen auf die Devisenmärkte
Durch die höheren Geld- und Kapitalmarktzinsen sieht Hofstätter den US-Dollar im zweiten Halbjahr 2013
gegenüber dem Euro begünstigt: „Ein US-Dollar von zwischenzeitig unter 1,30 ist daher bis zum Jahresende
plausibel. Für den Kurs Euro zu Schweizer Franken zeichnet sich bis Jahresende eine Bandbreite von 1,22 bis
1,27 ab.“
Stärkere Diversifikation bei Anlagestrategie
„Für die Wiederaufnahme des Aufwärtstrends an den etablierten Aktienmärkten muss die Konjunktur
jetzt nachlegen. Wir rechnen damit, dass die USA hier eine Vorreiterrolle einnehmen wird, bevor die Eurozone und
in weiterer Folge auch die CEE1 -Region sich bis Jahresende dem Trend anschließen werden“, so Rechberger.
„In Japan müssen den politischen Ankündigungen nun Taten folgen. Aktuell schätzen wir das Gewinnwachstum
auf mehr als 50 Prozent für das aktuelle Geschäftsjahr. Das ist in den Kursen aber schon zu einem Gutteil
vorweggenommen, weshalb der Einstiegszeitpunkt mittlerweile nicht mehr besonders günstig ist.“
Rechberger geht grundsätzlich davon aus, dass die Übergangsphase von liquiditäts- zu konjunkturunterstützter
Entwicklung auf den Aktien- und Bondmärkten bis Herbst stärkere Schwankungen verursachen wird. „Während
Aktien ihren Aufwärtstrend fortsetzen sollten, erwarten wir, dass sich Staatsanleihen dauerhaft von ihren
Höchstständen entfernen werden.“
In Bezug auf Branchen setzen die Analysten von Raiffeisen Research klar auf eine zyklische Positionierung und empfehlen
eine Übergewichtung der Sektoren Energie, Industrie, zyklischer Konsum, IT und Versorger.
Asset Allocation: Aktien gegenüber Anleihen neutral
Raiffeisen Research gewichtet Aktien gegenüber Anleihen neutral mit 5 Prozent alternativen Investments. Rechberger
erläutert dazu: „Staatsanleihen haben den Boden niedriger Renditen erreicht, was auch durch das zuletzt gesehene
Anziehen der Renditenniveaus bei Safe-Haven Bonds, wie beispielsweise US-Anleihen und deutschen Bundesanleihen,
gezeigt wurde. Auf den Aktienmärkten ist die Situation differenzierter, denn hier sehen wir seit Jahresbeginn
zwar einerseits auf den etablierten Märkten gerechtfertigte Performance, gleichzeitig aber sind die Aktien
aus Schwellenländern so stark untergewichtet wie zuletzt 2008.“
Die Analysten von Raiffeisen Research bewerten die schlechte Stimmung in den Emerging Markets aber durchaus als
ein positives Zeichen, da unter solchen Vorzeichen üblicherweise bald eine Bodenbildung eintritt. Weitere
Rückgänge bis Mitte des Quartals könnten daher hier sehr gute langfristige Einstiegsgelegenheiten
darstellen.
1 Zentral- und Osteuropa (CEE) setzt sich aus den Regionen Zentraleuropa (CE) mit
der Tschechischen Republik, Polen, der Slowakei, Slowenien und Ungarn, Südosteuropa (SEE) mit Albanien, Bosnien
und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Serbien und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
(GUS) mit Russland, der Ukraine und Belarus zusammen.
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