Minister Töchterle begrüßt Bereitstellen privater Mittel
für archäologische Grundlagenforschung
Wien (bmwf/siemens) - Seit vielen Jahren unterstützt die Gesellschaft der Freunde von Ephesos (GFE)
wissenschaftliche Projekte der österreichischen Grabung in Ephesos in der Türkei. In diesem Jahr wird
in Kooperation mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) die geophysikalische Erforschung
von Ephesos fortgesetzt. Besonders aussagekräftig sind Bodenradarmessungen, die in den letzten Jahren in der
Stadt und in der Nekropole verstärkt angewendet wurden. Diese Prospektion war auch die Basis für Ausgrabungen
einer spätantiken Residenz im Stadtzentrum von Ephesos mit prächtig ausgestatteten Repräsentationsräumen.
Durch die abrupte Zerstörung des Gebäudes sind viele Einrichtungsgegenstände erhalten geblieben
und bieten neue Einblicke die Lebenswelt des 7. Jahrhunderts, als Ephesos als christliche Metropole blühte,
aber auch bereits von Einfällen arabischer Stämme bedroht war.
Der Name Ephesos wird von vielen Österreicherinnen und Österreichern mit prominenten Bauwerken wie dem
Artemistempel, der Celsusbibliothek oder dem Theater verbunden. Ein Großteil der heute sichtbaren Stadt stammt
aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr., der Blütezeit der Stadt in der römischen Kaiserzeit. Weniger bekannt
ist jedoch, dass die römische Metropole nach einer Zeit der politischen und wirtschaftlichen Instabilität
und einer Erdbebenserie im 3./4. Jahrhundert schließlich im frühen 5. Jahrhundert eine neuerliche Blütezeit
erlebte, nun als Sitz der Regionalverwaltung und als christliches Pilgerzentrum. Inmitten des neu erbauten Stadtzentrums,
direkt anschließend an die Marienkirche, wurde im Verlauf des 5. Jahrhunderts eine prächtig ausgestattete
Residenz errichtet, die seit 2011 von Archäologen des Österreichischen Archäologischen Instituts
(ÖAI) ausgegraben wird. Entdeckt wurde sie im Rahmen von geophysikalischen Messungen. Dabei kann insbesondere
das Bodenradar zerstörungsfrei ganz genau Aufschluss über die Raumfolgen geben und stellt somit eine
wichtige Hilfestellung für die Ausgrabung dar. Als das Gebäude im späten 7. Jahrhundert verlassen
wurde, hinterließen die Bewohner zahlreiche Einrichtungsgegenstände sowie Alltagsgeräte, aber auch
ihren persönlichen Schmuck. Nicht zuletzt konnten im Grabungsareal bereits über 800 Münzen geborgen
werden. Nach dem 7. Jahrhundert wurde das Gebäude aufgegeben und das Areal während des Mittelalters landwirtschaftlich
genutzt.
Generaldirektor Wolfgang Hesoun, Präsident der Gesellschaft der Freunde von Ephesos (GFE): "Die Gesellschaft
hat einen strategischen Schwerpunkt auf die Finanzierung geophysikalischer Prospektionen gesetzt, um die weißen
Flecken am Stadtplan der antiken Stadt Ephesos zu tilgen. Damit bekommen wir ein umfassendes Bild, wie einst Stadtplanung
und -entwicklung durchgeführt wurden."Das ÖAI setzt dabei auf die bewährte Zusammenarbeit mit
den Experten der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Seit dem Jahr
2000 wurden so bereits etwa 53 ha mit Geomagnetik und ca. 22 ha mit Bodenradar untersucht und unter der Erde verborgene
Mauerstrukturen zerstörungsfrei sichtbar gemacht. An interessanten Stellen kann dann - wie bei der spätantiken
Residenz - punktgenau eine Grabung vorgenommen werden.
Wissenschafts- und Forschungsminister Dr. Karlheinz Töchterle zeigt sich erfreut über die Zusammenarbeit
von ÖAI und ZAMG, beides Einrichtungen des BMWF: "Die disziplinenübergreifende Forschung zu Ephesos
ist äußerst lohnend. Hier werden nicht nur Synergien genutzt, sondern durch das Zusammenwirken unterschiedlichster
Methoden ganz neue Erkenntnisse gewonnen." Der Minister dankte weiters der Gesellschaft der Freunde von Ephesos
für deren hohes Engagement: "Das Bereitstellen privater Mittel ist eine wertvolle Ergänzung zu den
Geldern der öffentlichen Hand."
Dr. Michael Staudinger, Direktor der ZAMG: "Für die ZAMG ist die Zusammenarbeit mit dem Archäologischen
Institut deshalb von größtem Interesse, da diese Anwendung von Bodenradarmessungen sich als besonders
effizient erweist und ressourcenschonendes Arbeiten für unsere Partner ermöglicht." Auch 2013 wird
die Kooperation zwischen ÖAI und ZAMG fortgesetzt.
Durch eine neue Methode wird es möglich sein, auch in dicht bewachsenen Plantagen und in landwirtschaftlich
intensiv bewirtschafteten Arealen Messungen durchzuführen. Dies betrifft insbesondere die Nekropole am Hafen,
aber auch Villen und Gehöfte im unmittelbaren Hinterland von Ephesos. Die Archäologen erhoffen sich dadurch
neue Erkenntnisse über die Ausdehnung und Versorgung der Stadt.
Für die nächsten drei Jahre ist durch die Gesellschaft der Freunde von Ephesos auch die weitere Erforschung
der 1500m2 großen, spätantiken Residenz gesichert, deren Bewohner mit Sicherheit der städtischen
Elite zuzuordnen sind. Große Repräsentationsräume mit farbenprächtigen Mosaikböden oder
bunten Marmorböden luden ein, hier Gastmähler und Versammlungen zu veranstalten und - ganz in antiker
Tradition - gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen. Im Juni wird ein Team von Archäologen unter der
Leitung von Dr. Sabine Ladstätter, Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts und
Grabungsleiterin von Ephesos, mit der Arbeit beginnen. Zehn Wochen lang werden die Archäologen weitere Teile
im Osten und Norden des Gebäudes freilegen, um einerseits den Anschluss an die Marienkirche zu erhalten und
andererseits die wirtschaftlich genutzten Bereiche des Hauses zu finden.
Dr. Sabine Ladstätter: "In diesem wird auch das bereits geborgene, reichhaltige Fundmaterial analysiert.
Die Zerstörung im fortgeschrittenen 7. Jahrhundert scheint sehr rasch erfolgt zu sein. So hatten die Bewohner
offensichtlich kaum Zeit, das Haus zu verlassen und waren gezwungen, große Teile des Inventars bis hin zu
hölzernen Möbelbestandteilen zurückzulassen. Im Zerstörungsschutt fanden sich an einer Wand
liegend mehrere Waffenteile - unter anderem ein Eisenschwert mit bronzenem Ortband, in das ein Besitzermonogramm
eingraviert war. Wir vermuten, dass diese Waffen ursprünglich an der Wand angebracht und Besuchern als Insignien
zur Schau gestellt wurden. Alle diese Funde erlauben einen Einblick und in einem weiteren Schritt auch die Rekonstruktion
der Lebenswelt in Ephesos während einer Zeit, die bislang nur unzureichend erforscht ist. Denn nicht zufällig
bezeichnen wir das 7. bis 9. Jahrhundert (die mittelbyzantinische Zeit) bislang als dark ages".
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