Mobile Arbeit in der Petroleumindustrie und im Bergbau weltweit immer wichtiger – International
führende Experten erstmals bei Tagung in Wien
Wien (öaw) - Erdöl, Erdgas und Kohle sowie weitere Rohstoffe sind die Basis unserer Wirtschaft und unseres
Lebens. „Abgebaut werden diese Rohstoffe immer häufiger dort, wo wenige oder keine Menschen leben. Fernpendeln
- mobile Arbeit – wird weltweit immer wichtiger. Mit der Erforschung der Lebens- und Arbeitsbedingungen jener Menschen,
die unsere Rohstoffe fördern, betreten wir daher spannendes Forschungsneuland.“ Das erklärt Prof. Heinz
Faßmann vom Institut für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien am Freitag im Vorfeld
der Konferenz „Mobiles Arbeiten im Bergbau und in der Petroleumindustrie“.
Bei dieser Tagung in der Bundeshauptstadt treffen sich ab kommendem Montag erstmals international führende
Wissenschaftler/innen und Expert/inn/en aus der Praxis bedeutender Rohstoffregionen. Die Konferenz der Universität
Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Kooperation mit dem Arbeitskreis Arktis
und Subarktis findet bis Mittwoch in der Kunsthalle am Wiener Karlsplatz statt.
Die Teilnehmer/innen kommen unter anderem aus Kanada, Australien, Russland, Skandinavien, Deutschland und Österreich.
Ihr gemeinsames Thema sind die Arbeits- und Lebensbedingungen jener Menschen, die unser Erdgas, Erdöl und
Kohle sowie weitere wichtige Rohstoffe fördern. Vortragende sind unter anderem der bekannte Zirkumpolarforscher
Prof. Chris Southcott von der Lakehead University in Thunderbay im kanadischen Ontario, Dr.in Sharon Harwood, Planerin
an der James Cook University im australischen Cairns, Dr.in Olga Povoroznyk, Ethnologin an der Russischen Akademie
der Wissenschaften, Helen Booth, Senior Researcher der Regionalverwaltung von Yukon in Kanada sowie Prof Keith
Storey von der Memorial University in Neufundland. Storey hat als erster Arbeiter auf Ölbohrinseln untersucht.
Weitere Beiträge kommen u. a. von Prof. Dean Carson, Demograph an der Charles Darwin Universität im australischen
Darwin sowie von Prof Aleksey Khaytun und Prof. Anatoly Silin, letztgenannte sind Pioniere in der Entwicklung des
Fernpendelns in der Sowjetunion.
„Weltweit wird das Thema Fernpendeln – also zyklisch etwa vier Wochen am Arbeitsplatz zu leben und wieder vier
Wochen zu Hause zu sein – nur von sehr wenigen erforscht. Diese wissenschaftliche Community wird zusehends größer,
auch wegen des rapiden Anwachsens der Nachfrage an international mobilem Personal für Rohstoffregionen weitab
von Großstädten. Unsere Expertise ist bei den Industriebetrieben im Bergbau und in der Petroleumindustrie
höchst gefragt. Dies ist insbesondere in den Rohstoff-Hotspots mit extremen klimatischen Bedingungen, zum
Beispiel in der Arktis oder im australischen Outback der Fall“, betont die Sozialanthropologin und Arktisforscherin
Gertrude Eilmsteiner-Saxinger vom Institut für Stadt- und Regionalforschung an der ÖAW.
Stichwort Fernpendeln
Rund zwei Drittel der erwerbstätigen Österreicher/innen erreichen ihren Arbeitsplatz in weniger als einer
halben Stunde. In Zentraleuropa gilt ein Arbeitsweg von einer Stunde als Seltenheit. Beispielsweise sind viele
russische Arbeiter/innen laut Eilmsteiner-Saxinger über 30 Stunden – bis hin zu mehreren Tagen – zu ihrem
Arbeitsplatz unterwegs. „Weil es mittlerweile zu teuer geworden ist, bei jedem neu erschlossenen Erdgas- oder Erdölfeld
im dünn besiedelten Nordrussland eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen, wird ferngependelt. Noch in
den 1980er Jahren baute man in der Sowjetunion große monoindustrielle Städte am Polarkreis, wo die Beschäftigten
dieser Sektoren permanent angesiedelt wurden. Heute lassen Konzerne wie Gazprom, Lukoil und viele mehr ihre Mitarbeiter/innen
aus den bis zu 3.000 Kilometer entfernten Regionen wie Baschkortostan, Tschuwaschien oder Krasnodar nach Nordwestsibirien
zyklisch einfliegen, wo sich die derzeit größten Erdöl- und Erdgaslagerstätten befinden“,
erklärt die Forscherin.
Eilmsteiner-Saxinger führt bis 2015 gemeinsam mit der Politikwissenschafterin und Geografin Elena Nuykina
und der Sozialanthropologin Elisabeth Öfner unter der Leitung von Prof. Faßmann das vom Österreichischen
Forschungsfonds (FWF) finanzierte Projekt "Lives on the Move: Vakhtoviki in the Russian Far North" durch.
Hier kommt erstmals eine holistische Zugangsweise zum Einsatz, welche die Herkunftsregionen, die Zielregionen aber
insbesondere die Reise mit mobilen Feldforschungsmethoden in einem Forschungssetting verbindet. Neueste Ergebnisse
dieses Projektes werden auf der Tagung ebenso präsentiert.
Tagungsinfo
Veranstaltung: „Mobiles Arbeiten im Bergbau und in der Petroleumindustrie“ - International Symposium „Contemporary
issues in long-distance commute work in the extractive industries “
Datum: Montag, 08. 07. 2013
Zeit: 09.00 (bis Mittwoch, 10. 07. 2013 13.00 Uhr)
Ort: Kunsthalle Wien Karlsplatz, Treitlstrasse 2, A-1040 Wien
Kurzinfo Konferenz: https://raumforschung.univie.ac.at/index.php?id=140601
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