Bildung, Investitionen und Innovationen als Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Entwicklung
der südeuropäischen Peripherie
Wien (wifo) - Die Krisenländer des Euro-Raumes haben, ebenso wie produktivitätsschwache Regionen
innerhalb eines Landes, nicht die Möglichkeit, in Krisenfällen durch Währungsabwertung ihre Wettbewerbsfähigkeit
zu verbessern. Im Rahmen des Forschungsprojektes "Welfare, Wealth and Work for Europe - WWWforEurope"
werden anhand dieser Analogie Kriterien und Strategien für eine erfolgreiche Entwicklung der südeuropäischen
Peripherie aufgezeigt. Wie die Ergebnisse verdeutlichen, sind langfristig erfolgreiche Aufholprozesse in einer
Währungsunion schwierig und selten. Ehemals schwache Regionen, die zu Erfolgsregionen geworden sind, zeichnen
sich im Vergleich mit immer noch unterdurchschnittlich produktiven Regionen durch eine höhere Investitions-
und Innovationstätigkeit, einen höheren Industrialisierungs- und Bildungsgrad, jedoch nicht durch eine
niedrigere Lohnquote aus. Die peripheren Länder des Euro-Raumes benötigen deshalb eigene aktive und wachstumsorientierte
Strategien, für deren erfolgreiche Umsetzung eine Unterstützung durch die EU und deren Kernländer
Voraussetzung ist.
Die Krisenländer Südeuropas befinden sich in einer ähnlichen Situation wie wirtschaftsschwache Regionen
innerhalb eines Landes: Sie sind Teil einer Währungsunion, sodass das in Krisenfällen wichtige Instrument
der Währungsabwertung nicht zur Verfügung steht. Eine Abwertung kann nur über eine Korrektur des
Preis-Leistungsverhältnisses erfolgen. Dies erfordert jedoch meist Lohnkürzungen, da eine Steigerung
der Produktivität, welche ebenfalls die Lohnstückkosten senken würde, nicht rasch genug zu erreichen
ist.
Im Rahmen des Forschungsprojektes "Welfare, Wealth and Work for Europe - WWWforEurope" zeigt eine aktuelle
Untersuchung des WIFO anhand der Analogie zwischen den Ländern des Euro-Raumes und den Regionen innerhalb
eines Landes Kriterien und Strategien für eine langfristig erfolgreiche Entwicklung der Krisenländer
Südeuropas auf. Die Ergebnisse verdeutlichen die Schwierigkeit nachhaltiger Aufholprozesse innerhalb einer
Währungsunion: Zwischen 1991 und 2009 wechselten lediglich 7 der 58 Regionen im Quartil mit der niedrigsten
Produktivität ihres Landes in die obere Hälfte der Verteilung (Übersicht 1). Ehemals unterdurchschnittlich
produktive Regionen, die zu Erfolgsregionen geworden sind, zeichnen sich durch eine höhere Investitions- und
Innovationstätigkeit, einen höheren Industrialisierungs- und Bildungsgrad, jedoch nicht durch eine niedrigere
Lohnquote zu Beginn des Beobachtungszeitraumes (1991) aus als Regionen, die in der unteren Hälfte der Produktivitätsverteilung
verblieben sind.
Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Defizite der derzeitigen passiven Reformprogramme und die Notwendigkeit aktiver
und wachstumsorientierter Strategien für die Länder Südeuropas. Die Peripherieländer müssen
daher eine Vision ihrer Position und Stärken nach der Krise definieren, die Produktivität steigern, ihre
Industriepolitik neu ausrichten, ein investitionsfreundliches Klima schaffen, ihr Tourismusangebot diversifizieren.
Ebenso müssen sie ihre Offenheit gegenüber der Globalisierung erhöhen, Strukturveränderungen
in Ausbildung wie Innovationssystem akzeptieren und institutionelle Reformen durchführen.
Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Länder der südeuropäischen Peripherie angesichts
ihrer angespannten finanziellen Lage solche Strategien ohne finanzielle Unterstützung von außen umsetzen
können. Die politische Unterstützung durch die Kern-Länder des Euro-Raumes scheint daher unbedingt
erforderlich. Eine erfolgreiche Entwicklung der südlichen Peripherie Europas setzt somit das Zusammenspiel
von drei Ebenen voraus:
- Eine Reformstrategie muss vor Ort entwickelt und von der Bevölkerung akzeptiert
werden. Sie muss auf die genannten Erfolgsfaktoren fokussiert sein, um die Erholung der Inlands- und Exportnachfrage
voranzutreiben.
- Die Unterstützung auf Ebene der EU muss durch einen effizienteren, gezielteren
und vermehrt auf Zukunftstechnologien gerichteten Mitteleinsatz in der südeuropäischen Peripherie erfolgen
sowie durch eine unterstützende Geldpolitik und den Ausbau von Stabilisierungs- und Ausgleichsmechanismen.
- Die Stärkung der Inlandsnachfrage in den Kernländern der EU muss auf
einer produktivitätsorientieren Lohnpolitik, der Verringerung der Bildungs- und Einkommensdifferenzen beruhen
sowie Anreize setzen, um die Technologieführerschaft hinsichtlich Energieeffizienz und Einsatz alternativer
Energiequellen anzustreben sowie Wohn- und Bürobauten rascher energetisch zu sanieren.
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