Kakadus beweisen technische Intelligenz beim Öffnen von Schlössern
Wien (universität) - Einem internationalen Team um Alice Auersperg vom Department für Kognitionsbiologie
der Universität Wien ist es in Experimenten gelungen, die Fähigkeit zum sogenannten "sequenziellen
Problemlösen" bei Kakadus zu beobachten: Indonesische Goffini-Kakadus konnten ein komplexes mechanisches
Problem in fünf Lösungsschritten entschlüsseln und so eine Nuss aus einer verschlossenen Box erreichen.
Die Ergebnisse erscheinen aktuell im renommierten Fachjournal "Plos One".
Eine Aufgabe zu lösen, um dadurch Zugang zu einem anderen Problem zu bekommen, die einem wiederum ermöglicht,
zu einer dritten Aufgabe zu gelangen (und so weiter), um letztendlich ein Ziel zu erreichen: Dieses sogenannte
sequenzielle Problem-Lösen
wird als kognitiv höchst anspruchsvoll betrachtet, da es die Fähigkeit erfordert, sich im Geist räumlich
und zeitlich vom begehrten Zielobjekt zu entfernen.
Problemlösen an der "Lock-Box"
In der Studie der Universität Wien wurden untrainierte Kakadus mit einer Box konfrontiert, in der eine
Nuss hinter einem transparenten Fenster lag, das mit fünf verschiedenen Verschlussmechanismen verbarrikadiert
war. Dabei blockiert jedes einzelne
Schloss das nächste in der Serie, und jedes erfordert unterschiedliche motorische Handlungen, um geöffnet
zu werden: Um an die Nuss zu kommen, muss der Kakadu zuerst ein Pin ziehen, dann eine Schraube aufdrehen, einen
Bolzen entfernen, ein Rad 90
Grad ausrichten und einen Riegel wegschieben. Bemerkenswerterweise löste das Kakadu-Männchen Pipin das
Problem in weniger als zwei Stunden ohne zusätzliche Hilfe. Fünf weitere Vögel beherrschten das
Öffnen, nachdem sie entweder einem anderen Kakadu
beim Öffnen zugesehen oder zunächst jedes Schloss einzeln nacheinander gelöst hatten.
"Außer im Fall von Werkzeugsets bei Schimpansen gab es bisher keine Berichte von Tieren,die so wie Pipin
ohne Vorerfahrung ein fünfteiliges Problem lösen können, bei dem jeder Schritt unterschiedliche
Handlungen erfordert", sagt Studienleiterin
Alice Auersperg.
Obwohl sie die Belohnung nur erreichen können, nachdem alle fünf Schlösser entfernt sind, räumen
die Tiere determiniert ein Hindernis nach dem anderen aus dem Weg. Ihr Fortschritt ähnelt dabei einer "kognitiven
Rasterung": Nachdem sie einmal ein
Schloss "geknackt" haben, hat die Mehrheit der Vögel in der Zukunft mit demselben Objekt nie wieder
Probleme. Dies deute zumindest im Fall des Kakadus Pipin darauf hin, dass sie eine gewisse Vorstellung ihres Zieles
haben, d.h., dass sie das
Verkürzen der Kette an Hindernissen an sich schon als belohnend empfinden, so die WissenschaftlerInnen.
Nachdem die Tiere die gesamte Sequenz beherrschten, untersuchten die ForscherInnen weiter, ob diese einfach eine
unflexible Reihe von gelerntem Verhalten durchlaufen oder ob sie den Effekt, den die Schlösser auf die Erreichbarkeit
des Futters
hatten, verstehen. "Wir haben die sechs erfolgreichen Vögel vor sogenannte 'Transfer Tests' gestellt,
in denen Teile der Sequenz unfunktionell gemacht wurden. Zum Beispiel haben wir einzelne Schlösser innerhalb
der Struktur entfernt, um zu sehen, ob
die Vögel den jetzt ineffektiv gewordenen Teil oberhalb der Lücke auslassen würden. Die Kakadus
reagierten spontan sowohl flexibel als auch sensibel auf Änderungen in der Sequenz und Funktion der Schlösser.
Sie ließen die meisten irrelevanten Teile
aus, sogar wenn die gesamte Konstellation der Schlösser durchgemischt wurde", erklärt Alice Auersperg.
"Wir können natürlich nicht beweisen, dass die Vögel die physikalische Struktur des Problems
auf einer Ebene verstehen, wie es erwachsene Mensch tun würden – wir können aber schließen, dass
sie fähig sind, ihr Lernen auf ein entferntes Ziel zu
organisieren", sagt der Co-Autor der Studie, Alex Kacelnik von der Universität Oxford. Auguste von Bayern
vom Max-Plack-Institut für Ornithologie in Seewiesen/Deutschland fügt abschließend hinzu: "Die
plötzliche und fehlerfreie Verbesserung der
Vögel deutet auf eine extrem ausgeprägte Verhaltensplastizität und praktisches Erinnerungsvermögen
hin. Kakadus erforschen ihre Umwelt mit Schnabel, Zunge und Füssen. Wir glauben, dass gewisse Eigenschaften
ihrer Spezies, wie ihre starke Neugierde,
dabei von Vorteil sind".
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