Bundespräsident gegen ein Hearing von MinisterInnen-Kandidaten im Parlament
"Das ist der falsche Ort" sagte Heinz Fischer in der "Pressestunde"
zu diesem Vorschlag. Weitere Themen in der ORF-Sendung: Demokratiereform und Nationalratswahlen im Herbst, neue
Parteien und die Bundesheer-Reform
Wien (apa/prk) - Bundespräsident Heinz Fischer hat den Vorschlag von Vizekanzler Michael Spindelegger
(ÖVP) abgelehnt, für Minister-Kandidaten ein Hearing im Parlament abzuhalten. Die Ernennung der Regierungsmitglieder
liege beim Bundespräsidenten, daher sei das Parlament für ein solches Hearing "der falsche Ort",
sagte der Bunespräsident am 14.07. in der ORF-"Pressestunde".
Er müsse sich selbst ein Bild über die potenziellen Regierungsmitglieder machen, betonte Heinz Fischer.
Und er kenne viele Persönlichkeiten besser als die Abgeordneten. Wenn eine Person vorgeschlagen werde, die
er nicht so gut kenne, dann lade er diese Person zu einem Gespräch ein. Ein Hearing im Parlament ist für
ihn für jene Entscheidungen sinnvoll, die im Parlament zu treffen sind. Ein Hearing über Minister wäre
nur dann gut, wenn das Parlament die Regierung wählen würde, so wie das etwa im EU-Parlament der Fall
sei, argumentierte der Bundespräsident.
Bezüglich der Nationalratswahl glaubt Heinz Fischer nicht, dass SPÖ und ÖVP gemeinsam weniger als
50 Prozent der Stimmen und der Mandate erreichen werden. Eine allfällige Drei-Parteienregierung würde
er für ebenso wenig gefährlich halten wie eine Alleinregierung oder eine Zwei-Parteienregierung. Der
Bundespräsident kündigte in diesem Zusammenhang an, dass er sich auch ein "inhaltliche Befähigung"
für eine Regierungsbeteiligung einer Partei ansehen werde. Und er verwies auch auf seine Möglichkeit,
einzelne Minister abzulehnen. Darüber hinaus lehnte er aber eine öffentliche Erörterung ab, die
ihm als Einmischung in den Wahlkampf ausgelegt werden könnte.
Das Antreten neuer Parteien will der Bundespräsident nicht als gut oder schlecht bewerten, es bringe jedenfalls
neue Facetten in den politischen Diskurs. Man könne jedenfalls nicht sagen, dass ein Fünf-Parteien-Parlament
besser wäre als ein Drei-Parteien-Parlament oder umgekehrt. Frank Stronach wird nach Ansicht Heinz Fischers
jedenfalls eine Chance haben, man werde sehen, wie er sie nützt.
"Dankbar" zeigte sich das Staatsoberhaupt darüber, dass über die geplante Demokratiereform
nach seinen öffentlich genannten Bedenken nun doch eine Begutachtung durchgeführt wird. Wäre diese
Reform in der letzten Sitzung des Nationalrates noch beschlossen worden, wäre dies seiner Auffassung nach
"formal problematisch" gewesen. Heinz Fischer betonte, dass er "kein Gegner der direkten Demokratie"
sei, aber ein Gegner einer solchen Mechanik", wodurch eine bestimmte Anzahl an Unterstützungen für
ein Volksbegehren automatisch zu einer Volksabstimmung oder Volksbefragung führen soll. Er glaubt, dass durch
eine Schwächung des Parlament die Qualität der Gesetzgebung schlechter würde und Lobbies größeren
Einfluss gewinnen würden. Vorstellen kann sich der undespräsident aber trotzdem, dass Volksbegehren wirksamer
und ernsthafter angewendet werden, wenn das Parlament einen gestaltenden Einfluss hat.
Bezüglich der Bundesheer-Reform zeigte sich Heinz Fischer erfreut über das Paket, auf das sich die Koalitionsparteien
verständigt haben. Jetzt müsse man das Konzept umsetzen. Die allgemeine Wehrpflicht sieht der Oberbefehlshaber
des Heeres nach der Volksbefragung zumindest für die nächste Legislaturperiode als fix an. Einen neuerlichen
Versuch für eine Abschaffung könnte frühestens eine übernächste Regierung nicht vor 2020
starten, meinte Heinz Fischer.
Seinen ausgleichenden und abwägenden Stil verteidigte der Bundespräsident. "Ich habe genug von Politikern,
die so tun als ob alles nur Schwarz-Weiß wäre." "Die Probleme sind kompliziert" und der
Bundespräsident habe die Pflicht, die Dinge so komplex darzustellen wie sie sind. Die "Sehnsucht nach
dem starken Mann" will Heinz Fischer jedenfalls nicht erfüllen. Der Bundespräsident sei jemand,
der Standpunkte zusammenführen und die Rolle des Brückbauers ausfüllen sollte. Seine Ankündigung,
Standpunkt härter zu vertreten, habe er auch schon umgesetzt, verwies Heinz Fischer etwa auf die Demokratiereform
oder den Euro.
Bezüglich seiner Nachfolge wünscht sich der Bundespäsident für die Wahl möglichst mehr
als zwei Kandidaten. Der "primäre Approach" sollte es sein, dass die beiden großen Parteien
je einen Kandidaten nominieren.
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Cap: Bundespräsident bestätigt - ÖVP-Vorschlag zu Minister-Hearings
macht wenig Sinn
Wien (sk) - "Die MinisterInnen werden nicht vom Parlament gewählt, damit macht ein Minister-Hearing
vor deren Angelobung im Parlament keinen Sinn. Das hat auch Bundespräsident Heinz Fischer in der heutigen
ORF-'Pressestunde' klar bestätigt", so SPÖ-Klubobmann Josef Cap am 14.07. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.
Der in einer Volkswahl direkt gewählte Bundespräsident bestellt die Ministerinnen und Minister auf Vorschlag
des Bundeskanzlers und wägt ganz genau ab, ob jemand geeignet ist oder nicht. Diese Balance bei der Bestellung
der MinisterInnen und die freie Entscheidung des Bundespräsidenten haben sich jahrzehntelang bewährt.
"Der ÖVP-Vorschlag wäre ein gravierender Eingriff in die Verfassung und die Rechte des Bundespräsidenten.
Für solche 'Sommerspiele mit unserer Verfassung' stehen wir nicht zur Verfügung", so Cap. ****
Aktuelle Rechtslage ist, dass sich die Regierung innerhalb von acht Tagen im Plenum vorstellen muss.
"Ich kann mir gut vorstellen, dass man das durch eine Präsentation im Hauptausschuss erweitert und die
Abgeordneten die Möglichkeit haben, die neuen MinisterInnen zu ihren Zielen und Projekten zu befragen.
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Strache: Bundespräsident fürchtet sich vor Entscheidungen des Volks
Wien (fpd) - Bundespräsident Fischer habe sich einmal mehr als glühender Verfechter der rot-schwarzen
Unglücks-Koalition erwiesen, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zur ORF-"Pressestunde"
mit dem Staatsoberhaupt.
Amüsant sei es, wenn Fischer erkläre, er werde sich die "inhaltliche Befähigung" einer
Partei für die Regierungsbeteiligung ansehen, erklärte Strache. Unter diesen Voraussetzungen hätte
er die jetzige Bundesregierung gar nicht erst angeloben dürfen, denn weder die Faymann-SPÖ noch die Spindelegger-ÖVP
seien in irgendeiner Weise inhaltlich befähigt, Österreich zu regieren. Aber für den Bundespräsidenten
sei wohl vor allem das "richtige" Parteibuch wichtig.
Bedauerlich sei Fischers offensichtliche Ablehnung der Direkten Demokratie, meinte Strache weiter. Aber offenbar
habe der direkt gewählte Bundespräsident Angst vor den Entscheidungen des Volkes.
Strache zeigte sich auch enttäuscht über Fischers Aussagen zur Causa Snowden und zur österreichischen
Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten. Snowden habe jedes Recht auf Asyl in Österreich.
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Widmann: Fischer nur Notar von Rot und Schwarz
Wien (bzö) - "Bundespräsident Heinz Fischer entfernt sich immer mehr von den Sorgen und Anliegen
der Österreicher. Die Bürger denken anders als ihr Bundespräsident", so BZÖ-Bündnissprecher
Abg. Mag. Rainer Widmann zum Auftritt von Bundespräsident Heinz Fischer in der ORF-"Pressestunde".
"Fischer ist einer der letzten EU-hörigen Österreicher und betätigt sich als lobhudelnder Notar
der rot-schwarzen Stillstandskoalition."
Das BZÖ teile weder Fischers Lob für die Bundesregierung, weil echte Reformen fehlen, noch dessen ablehnende
Haltung im Bezug auf Volksbegehren und direkt demokratische Instrumente. "Ein Bundespräsident der sich
von den Ansichten und Wünschen der Bevölkerung immer weiter entfernt, unterstützt mit seiner Haltung
lediglich die rot-schwarze Reformverweigerungs-Partnerschaft", so Widmann.
Da Fischer in erster Linie den Kurs der Regierung anstatt die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher
vertrete, bekräftigte Widmann die BZÖ-Forderung, die Ämter des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers
zu einem "Kanzlerpräsidenten bzw. Ministerpräsidenten" zusammenzulegen.
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Glawischnig: Warum ist ihm einmal das Parlament mehr wichtig und einmal weniger?
Fischers Haltung für Grüne unverständlich.
Wien (grüne) - Kopfschütteln hat die ORF-"Pressestunde" bei der Grünen Bundessprecherin
Eva Glawischnig hervorgerufen: "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wieso sich der Bundespräsident
einerseits gegen Minister-Hearings im Parlament wehrt, andererseits aber die parlamentarische Demokratie als Argument
gegen mehr direkte Demokratie verwendet. Einmal ist ihm das Parlament mehr wichtig, und einmal weniger."
Die Grünen haben zuletzt im Oktober 2011 "Minister-Hearings nach Vorbild der Befragung künftiger
EU-Kommissare im EU-Parlament" gefordert. Und: 2004 und 2010 hatte sich Fischer selbst einem von den Grünen
organisierten Hearing unterzogen - wieso er sich jetzt dagegen Hearings für Minister im Parlament ausspricht,
ist aus Grüner Sicht nicht verständlich.
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