… rund ein Viertel höher als in Deutschland – Mietkostenanstieg als Preistreiber – Verbraucherpreise
in Österreich stiegen seit Mitte 2009 um 10,7 Prozent, in Deutschland nur um 7,5 Prozent
Wien (bank austria) - Der „REPORT“ der Bank Austria widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe unter anderem
dem Schwerpunkt Preisentwicklung. Die Analyse zeigt, dass die Verbraucherpreise seit 2009 in Österreich mit
10,7 Prozent rund ein Viertel höher angestiegen sind als in Deutschland, wo die Preise im Zeitraum seit Mitte
2009 bis heute lediglich um 7,5 Prozent zulegten. Für die höhere Inflation seit 2009 waren die Ausgabengruppen
Verkehr, Wohnen und Nahrungsmittel verantwortlich. Auf den Verkehr entfielen 20 Prozent vom Preisanstieg, auf Wohnen
17 Prozent und auf Nahrungsmittel 12 Prozent. Im Bereich Wohnen war der stärkste Anstieg bei den gezahlten
Mieten seit Mitte 2009 zu beobachten: In Österreich stiegen in diesem Zeitraum die gezahlten Mieten um 16
Prozent, in Deutschland lediglich um 5 Prozent. „Weniger die absolute Höhe des Anstiegs der Preise macht
die Inflation gefühlt und wirtschaftlich zur Belastung, sondern deren Anstieg in Relation zum teilweise stagnierenden
Einkommen“, analysiert Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. „Besonders in einem sehr sensiblen
Bereich, dem Wohnen, war der Anstieg der Preise in Österreich stärker als in Deutschland“, fasst Bruckbauer
zusammen.
Nachdem die Verbraucherpreise von ihrem letzten Tiefpunkt Mitte 2009 im Laufe der folgenden wirtschaftlichen Belebung
bis zum dritten Quartal 2011 zwar auf einen sehr hohen Wert von 3,5 Prozent im Jahresabstand geklettert sind, bewegen
sie sich seitdem wieder in Richtung 2 Prozent im Jahr. „Die Inflationsentwicklung in Österreich hat vielfältige
Ursachen, von globalen Entwicklungen bis hin zu lokalen Marktgegebenheiten. Ein durch die Geldpolitik der EZB ausgelöster
Kreditboom zählt jedoch nicht dazu, daher gehen wir davon aus, dass 2013 die Inflationsrate voraussichtlich
nur 1,9 Prozent betragen wird“, fasst Bruckbauer zusammen. Historisch betrachtet, lag die Inflation in den letzten
fünf Jahren mit 2,3 Prozent nur geringfügig über dem Durchschnitt der letzten zwanzig Jahre (2,2
Prozent) und sogar unter dem Durchschnitt der letzten fünfzig Jahre (3,6 Prozent).
Die Ökonomen der Bank Austria haben die Hintergründe und Konsequenzen der überdurchschnittlich
rasch gestiegenen Belastung von Mieterhaushalten analysiert: Während die Konsumausgaben seit 2007 um insgesamt
13 Prozent nominell zulegten, sind die Ausgaben für Wohnen um 16 Prozent, davon die Ausgaben für Mietwohnungen
sogar um 25 Prozent gestiegen. Trotz weitreichender Regulierungen im Mietwohnungsmarkt steigen die Mieten überdurchschnittlich
stark und sind ein deutliches Signal für wohnungspolitischen Handlungsbedarf. Noch 2012 erhöhten sich
die Mieten im Marktdurchschnitt um 4,4 Prozent bei einer Inflationsrate von 2,6 Prozent. Auch wenn der Preisanstieg
2013 generell schwächer werden wird, werden die Mieten weiter rascher als die gesamten Verbraucherpreise zulegen,
voraussichtlich um 3 Prozent im Vergleich zu 1,9 Prozent Inflation. Davon sind die etwa 320.000 Mieter in frei
vermieteten Wohnungen besonders betroffen.
Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl: „Die Ursachen für den Mietpreisanstieg der letzten Jahre sind vielfältig,
aber in erster Linie die Folge der im Vergleich zum Angebot wesentlich rascher gestiegenen Nachfrage nach günstigen
Mietwohnungen. Dabei spielt der rückläufige Anteil geförderter Neubauten eine Rolle, ebenso wie
die Umleitung von Fördermitteln vom Neubau in die Sanierung und die Tatsache, dass der Sanierungsboom selbst
zu einer Beschleunigung des Preisanstiegs vor allem im Mietwohnsektor führte. Nicht zuletzt lösten die
hohen Preissteigerungen von Wohnimmobilien in Teilbereichen des Marktes deutliche Mietpreissteigerungen aus.“
„Trotz des starken Anstiegs der Mieten in den letzten Jahren, ist Wohnraum in Österreich im europäischen
Vergleich aber noch leistbar“ betont Günter Wolf, Ökonom der Bank Austria. Dies zeigt zum Beispiel der
relativ niedrige Anteil der Bevölkerung, der sich mit den Wohnkosten „überbelastet“ fühlt. Im untersten
Einkommensfünftel sind es rund 19 Prozent, im Vergleich zu 36 Prozent im EU-27-Durchschnitt. Wolf weiter:
„Die noch vorteilhafte internationale Position Österreichs in Bezug auf die Wohnkosten darf jedoch nicht davon
ablenken, dass einkommensschwache Haushalte infolge steigender Wohnkostenbelastungen zunehmend in prekäre
Lebenssituationen geraten.“ Von den 1,1 Millionen armutsgefährdeten Menschen im Land leben knapp ein Drittel,
und das mit steigender Tendenz, in überdurchschnittlich teuren privaten Mietwohnungen. Nach Abzug der Wohnkosten
vom Einkommen wächst der Anteil der armutsgefährdeten Bevölkerung von 12 Prozent auf rund 26 Prozent
der Gesamtbevölkerung. 2007 lag der vergleichbare Anteil bei rund 24 Prozent. Laut EU-SILC (Statistics on
Income and Living Conditions) verfügen armutsgefährdete Haushalte über weniger als 60 Prozent vom
Haushaltsnettoeinkommen im Land: Bei Ein-Personenhaushalten wären das beispielsweise weniger als 12.800 Euro
inklusive aller Sozialleistungen – auch der Wohnbeihilfen.
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