Breite Unterstützung für österreichische Position zu
geplanter EU-Saatgut-Verordnung
Wien (bmlfuw) - Um die österreichische Verhandlungsposition zur geplanten EU-Saatgut-Verordnung auf
eine breitere Basis zu stellen, hat Landwirtschafts- und Umweltminister Niki Berlakovich am 11.07. VertreterInnen
aus Saatgutwirtschaft, NGOs, Handel, Landwirtschaft und AGES erstmals zu einer Saatgut-Enquete ins Lebensministerium
geladen. Die Enquete ist der Startschuss für den geplanten Saatgut-Dialog, bei dem sich in regelmäßigen
Abständen alle Beteiligten treffen sollen. „Österreich hat sich von Anfang an für den Schutz alter
Obst-, Gemüse- und Getreidesorten und die Erhaltung der Biodiversität eingesetzt. Der Schutz und die
Förderung der Vielfalt sind für die heimischen Produzenten und Konsumenten besonders wichtig. Wir müssen
alle an einem Strang ziehen. Das stärkt unsere Verhandlungsposition in Brüssel und verleiht unseren Forderungen
Nachdruck“, unterstreicht Berlakovich die Bedeutung der Saatgut-Enquete.
Trotz kleiner Nachbesserungen weist der Verordnungs-Vorschlag noch immer zahlreiche offene Fragen auf, die zu großen
Unsicherheiten bei der konkreten Ausgestaltung führen. Deshalb sind auch die Vor- und Nachteile für Produzenten
und Konsumenten bisher kaum abschätzbar. Berlakovich: „Klar ist, die genetische Vielfalt darf nicht gefährdet
werden. Sie ist das Familiensilber der heimischen Landwirtschaft und muss auch für künftige Generationen
erhalten bleiben. Deshalb darf es auch nicht durch eine Überbürokratisierung zu einer Mehrbelastung für
die Saatgutproduzenten kommen.“ Auch Heidemarie Porstner, Landwirtschaftsexpertin von GLOBAL 2000, betont, dass
die Auswirkungen auf Klein- und Mittelständische Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe und die Konsumentinnen
und Konsumenten kritisch geprüft werden müssen. Forderungen, die von Michael Gohn, Geschäftsführer
der Probstdorfer Saatzucht und Obmann der Getreidesektion der europäischen Saatgutvereinigung, geteilt werden.
Er unterstützt die österreichische Position im Sinne des Konsumentenschutzes und der gewünschten
Gentechnikfreiheit des Landes.
Erhalt genetischer Vielfalt bereits bei bisherigen Verhandlungen zentral
Die Enquete ist der bisherige Höhepunkt intensiver Bemühungen, die geplante Verordnung in eine positive
Richtung zu lenken. Noch vor der offiziellen Präsentation des Vorschlags hatte Österreich inhaltliche
Bedenken angemeldet und seine Forderungen an die Kommission übermittelt. Auch deswegen hatte die EU-Behörde
bereits vorab versucht, ihren Vorschlag zu entschärfen und etwa Ausnahmen für Saatgut für Nischenmärkte
aufgenommen. Bedeutend hierfür war vor allem auch das zivilgesellschaftliche Engagement, wie der Minister
betont: „Es sind Petitionen wie ‚Freiheit für die Vielfalt‘ von der Arche Noah und GLOBAL 2000, die uns bei
den Verhandlungen starken Rückenwind geben.“ Berlakovich selbst hat als erster Regierungsvertreter die Petition
noch im April unterzeichnet. Am 1. Juli wurde im EU-Unterausschuss des Nationalrats zudem ein Vier-Parteien-Antrag
über die Position Österreichs für die Ratsverhandlungen zur Verordnung einstimmig angenommen.
Schutz der Artenvielfalt hat in Österreich Tradition
„Der Erhalt und die Nutzung seltener und regional wertvoller Kulturpflanzen werden hierzulande nicht erst seit
gestern groß geschrieben. Das beweist auch unser Agrar-Umweltprogramm ÖPUL: Um den Anbau und die Vermehrung
seltener landwirtschaftlicher Kulturpflanzen zu forcieren, haben wir in den letzten 10 Jahren insgesamt 16 Millionen
Euro investiert“, erläutert Berlakovich. So haben 2011 beispielsweise 3.278 landwirtschaftliche Betriebe mit
über 11.000 ha Nutzfläche am entsprechenden ÖPUL-Programm teilgenommen. Davon profitieren seltene
Getreidesorten wie der Schlägler Roggen oder der Attergauer Bartweizen genauso, wie alte Erdäpfel- oder
Gemüsesorten wie die Naglerner Kipfler oder das Lindegger Sommerradieschen.
|