Rechtzeitig zu Beginn der Ferienzeit schlägt die Europäische Kommission eine Modernisierung
der EU-Vorschriften über Pauschalreisen vor, um Urlaubern einen besseren Schutz zu ermöglichen.
Brüssel (ec.europa) - Bisherige Grundlage für den Schutz von Ferienreisenden in der EU ist die
Pauschalreise-Richtlinie von 1990. Sie bietet Verbrauchern, die Pauschalreisepakete beispielsweise mit Flug, Unterkunft
und Mietwagen buchen, einen umfassenden Schutz: Erhalt sämtlicher erforderlichen Informationen vor Vertragsabschluss,
Haftung für sämtliche im Pauschalpaket enthaltenen Leistungen und Rückreiseversicherung bei Insolvenz
eines Reiseveranstalters.
Mit der Reform reagiert die Kommission auf einen grundlegenden Wandel des Reisemarkts: Urlauber stellen ihr Urlaubsprogramm
immer häufiger nach ihrem persönlichen Bedarf zusammen und greifen dabei zunehmend u. a. auf das Internet
zurück, um Reisearrangements miteinander zu kombinieren, anstatt vorab festgelegte Pauschalreisen aus Katalogen
zu bestellen.
Die Anwendung der geltenden Vorschriften ist im Internet-Zeitalter problematisch: Verbraucher buchen zunehmend
maßgeschneiderte Pakete im Internet (von einem oder mehreren geschäftlich miteinander verbundenen Anbietern),
bei denen sie nicht sicher sein können, ob sie im Ernstfall geschützt sind. Auch die Anbieter sind sich
in solchen Fällen über ihre Verpflichtungen oft nicht im Klaren. Mit der heute vorgeschlagenen Aktualisierung
soll die Pauschalreise-Richtlinie von 1990 deshalb vor allem an das digitale Zeitalter angepasst werden. Damit
werden die dort enthaltenen Verbraucherschutzbestimmungen auch auf die 120 Millionen Verbraucher ausgeweitet, die
solche individuellen Reisearrangements erwerben.
Zudem wird der Verbraucherschutz durch größere Transparenz und strengere Regeln weiter ausgebaut. Auch
die Unternehmen werden von der neuen Regelung profitieren, da die Kommission veraltete Informationsanforderungen
wie die Pflicht zum Nachdruck von Katalogen abschaffen und die grenzübergreifende Anerkennung der einzelstaatlichen
Insolvenzschutzsysteme gewährleisten will.
„In den 1990er Jahren wählten die meisten Europäer für ihren Urlaub ein fertiges Pauschalangebot
aus einem Katalog aus und buchten die Reise in einem Reisebüro in ihrer Nähe“, so Viviane Reding, die
für Justiz zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission. „Viele Menschen konnten seither dank der
EU-Gesetzgebung ihren Urlaub sorgenfrei genießen. Aber die Zeiten haben sich geändert, und wir müssen
die Regeln an die Entwicklung des Marktes anpassen. Die EU-Vorschriften über Pauschalreisen müssen für
das digitale Zeitalter fit gemacht werden, damit sie den Erwartungen der Verbraucher gerecht werden. Heute unternehmen
wir einen großen Schritt zum Schutz der Millionen Verbraucher, die individuelle Reisearrangements buchen.
Die EU handelt, damit Urlauber mit dem Wissen reisen können, dass es ein Sicherheitsnetz gibt, wenn etwas
schiefläuft.“
„Der Fremdenverkehr ist eine wichtige Wachstumsbranche mit ungefähr 1,8 Millionen Unternehmen und rund 9,7
Millionen Arbeitsplätzen; gerade jüngere Arbeitnehmer sind hier stark vertreten", so Antonio Tajani,
für Industrie und Unternehmen zuständiges Kommissionsmitglied. „Wenn die Urlauber sich bei der Buchung
von Pauschalreisen – beispielsweise bei der Buchung von Flugreisen, Mietwagen und Unterkunft über den selben
Anbieter – sicher fühlen, kann die Branche noch weiter und schneller wachsen. Das ist das wichtigste Ziel
unseres heutigen Vorschlags: Er soll alle – ob online oder im Reisebüro gebuchte – Pauschalreisen erfassen
und den Verbrauchern einen angemessenen Rechtsschutz garantieren.“
Mit der Reform werden nicht nur bestehende Schutzvorschriften auf individuelle Pauschalreisen ausgeweitet – sie
enthält noch weitere Vorteile für Verbraucher und Unternehmen.
Vorteile für die Käufer herkömmlicher und individueller Pauschalreisen:
- strengere Kontrolle von Zuschlägen (der Gesamtpreis darf höchstens
um 10 % steigen) und Pflicht zur Weitergabe von Preissenkungen unter vergleichbaren Voraussetzungen;
- verbesserte Stornierungsrechte: mehr Flexibilität für die Verbraucher
durch die Möglichkeit, gegen eine angemessene Entschädigung vor Reiseantritt vom Vertrag zurückzutreten;
im Fall von Naturkatastrophen, Unruhen oder ähnlichen schwerwiegenden Ereignissen am Bestimmungsort, die den
Urlaub beeinträchtigen würden, kann der Reisevertrag sogar entschädigungsfrei storniert werden (beispielsweise
bei Reisewarnungen der Botschaften);
- bessere Information zu Haftungsfragen: die Verbraucher werden in klarer und verständlicher
Sprache informiert, dass der Reiseveranstalter für die ordnungsgemäße Erbringung sämtlicher
Vertragsleistungen verantwortlich ist – momentan führen divergierende einzelstaatliche Haftungsvorschriften
oftmals dazu, dass Reiseveranstalter und Reisevermittler jegliche Haftung unter Verweis auf die andere Seite von
sich weisen;
- besserer Schadensersatz: die Kunden können nicht nur Preissenkungen bei
Mängeln geltend machen, sondern auch für immaterielle Schäden – insbesondere bei entgangener Urlaubsfreude
– Schadensersatz verlangen;
- ein Ansprechpartner, wenn etwas schief läuft: die Verbraucher können
Beschwerden oder Ansprüche direkt beim Reisevermittler (Reisebüro) geltend machen, bei dem sie ihre Reise
gekauft haben.
- Vorteile für die Käufer sonstiger individueller Reisearrangements:
- das Recht auf Erstattung der Reisekosten und gegebenenfalls Rückreise, wenn
der Verkäufer, das Beförderungsunternehmen oder ein anderer Dienstleister während der Urlaubsreise
Insolvenz anmeldet;
- bessere Information, wer für die einzelnen Leistungen haftet.
- Weniger Bürokratie und Rechtskosten für die Unternehmen durch:
- Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen;
- Abschaffung veralteter Anforderungen wie des Nachdrucks von Katalogen, wodurch
Reiseveranstalter und Reisevermittler ca. 390 Mio. EUR pro Jahr einsparen;
- Herausnahme der organisierten Geschäftsreisen aus der Richtlinie, was zu
Einsparungen in Höhe von bis zu 76 Mio. EUR pro Jahr führen wird;
- EU-weite Bestimmungen über Informationen, Haftung und gegenseitige Anerkennung
von Insolvenzschutzsystemen, was den grenzüberschreitenden Handel erleichtert.
Hintergrund
Die Pauschalreise-Richtlinie von 1990 (90/314/EWG) schützt seit mehr als 20 Jahren die Rechte der Verbraucher
bei der Buchung vorab festgelegter Pauschalreisen. Sie erstreckt sich auf Pauschalreisen, bei denen mindestens
zwei typische Reiseleistungen wie Beförderung, Unterkunft und sonstige touristische Dienstleistungen (z. B.
Besichtigungen) miteinander verknüpft werden und die länger als 24 Stunden dauern oder eine Übernachtung
enthalten.
Durch die Schutzvorschriften der bestehenden Richtlinie wird u. a. gewährleistet, dass die Reiseveranstalter
bestimmte Informationsanforderungen erfüllen müssen und für die Erbringung der Reiseleistungen haften.
Konkret müssen die Reiseveranstalter sicherstellen, dass sämtliche im Pauschalarrangement enthaltenen
Leistungen (wie Flug oder Hotelzimmer) dem geforderten Standard entsprechend erbracht werden. Außerdem haben
Urlauber Anspruch auf Erstattung etwaiger Anzahlungen oder Rückreise, wenn ein Reiseveranstalter in Konkurs
geht.
Diese Regeln müssen aktualisiert werden, da immer mehr Reisende ihren Urlaub im Internet zusammenstellen und
sich nicht immer sicher sein können, dass sie wirklich geschützt sind, wenn etwas schief geht. Rund 23
% der Verbraucher buchen herkömmliche, im Voraus zusammengestellte Pauschalreisen, die bereits unter die Pauschalreise-Richtlinie
von 1990 fallen. Weitere 23 % buchen maßgeschneiderte Pauschalreisen, die von einem Anbieter oder von mehreren
geschäftlich miteinander verbundenen Anbietern nach den Wünschen der Kunden zusammengestellt werden.
Sie kaufen beispielsweise die Beförderung und die Unterkunft bei dem gleichen Reiseveranstalter oder buchen
einen Mietwagen über die Internet-Seite, über die sie ihren Flug gekauft haben. Die geltenden Vorschriften
erfassen solche Reisearrangements entweder überhaupt nicht oder in so mehrdeutiger Weise, dass weder die Verbraucher
über ihre Rechte noch die Anbieter über ihre Pflichten Bescheid wissen. Wie eine jüngste Umfrage
ergab, waren 67% der EU-Bürger beim Kauf dieser Reisearrangements fälschlicherweise davon ausgegangen,
dass sie geschützt seien.
Die heute vorgestellte Reform soll deshalb allen Käufern von Pauschal- und Bausteinreisen einen angemessenen
Schutz bieten.
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