Bundesrat begrüßt Stromkennzeichnung
Wien (pk) – Eine ganze Reihe wirtschaftspolitischer und sozialrechtlicher Themen beherrschten die weitere
Diskussion am 19.07. im Plenum des Bundesrats . Darunter fielen unter anderem die Stromkennzeichnung, die soziale
Absicherung von EntwicklungshelferInnen, die Verlängerung des Pflegefonds, Pflegefreistellung und Pflegeteilzeit,
Neuerungen für BauarbeiterInnen, die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei der Entgeltfortzahlung
im Katastrophenfall und ein neuer Lehrberuf für den Umgang mit Bioenergie.
Transparenter Strom
Zunächst standen Änderungen im Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz, im Gaswirtschaftsgesetz
und im Energie-Control-Gesetz auf der Tagesordnung, welche die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Integrität
und Transparenz des Energiegroßhandels zum Ziel haben. Im Einzelnen sollen ein Verbot des Insiderhandels
und der Marktmanipulation sowie die Verpflichtung der Marktteilnehmer zur Registrierung verankert werden. Darüber
hinaus werden die Marktteilnehmer verpflichtet, Transaktionen am Energiegroßhandelsmarkt zu melden und Insiderinformationen
zu publizieren. Die Änderungen passierten den Bundesrat einstimmig.
Bundesrat Franz PERHAB (V/St) erläuterte als erster Debattenredner die Eckpunkte der Novelle. Entscheidend
für die Zukunft sei dabei etwa das Verbot des Insiderhandels, sagte der steirische Bundesrat und versicherte
die Zustimmung seiner Fraktion. Bundesrat Hans-Peter BOCK (S/T) äußerte sich ebenso zustimmend gegenüber
der vorliegenden Novelle, denn diese sei ein weiterer Schritt in Richtung Transparenz und Sicherheit in der Stromversorgung.
Ziel sei eine autarke Strom- und Energieversorgung, meinte Bock.
Bundesrätin Nicole SCHREYER (G/T) gab ihrer Freude darüber Ausdruck, dass die Stromkennzeichnungspflicht
durch das vorliegende Gesetzesvorhaben nun lückenlos und ohne Ausnahme verlaufen könne. Mit dem Argument
der höheren Transparenz versicherte die Bundesrätin die Zustimmung ihrer Fraktion.
Die zur Diskussion stehenden Gesetzesvorlagen seien im Prinzip Umsetzungen, die einerseits der Stromkennzeichnung
dienen und andererseits den KonsumentInnen Möglichkeiten in Richtung mehr Transparenz aber auch in Richtung
mehr Wettbewerb bieten, erklärte Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER.
Soziale Absicherung für EntwicklungshelferInnen
Einhellig stimmte die Länderkammer auch für eine Novelle des Entwicklungshelfergesetzes und des Allgemeinen
Sozialversicherungsgesetzes, die eine Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen, aber vor allem auch der
pensionsrechtlichen Situation von Fachkräften in der Entwicklungszusammenarbeit mit sich bringen.
Das bestehende Gesetz sei nicht mehr zeitgerecht gewesen, heute werde es durch die Novelle auf einen zeitgemäßen
Stand gebracht, sagte Bundesrat Günther KÖBERL (V/St) und unterstrich die Wichtigkeit, für Entwicklungshelferinnen
einen Mindestgrundlage im Bereich der Pensionen zu schaffen. Mit dem Gesetz werde soziale Gerechtigkeit und Fairness
geschaffen, damit trage man auch dem neuen Berufsbild des Entwicklungshelfers Rechnung, befand Bundesrat Stefan
SCHENNACH (S/W).
Für Staatssekretär Reinhold LOPATKA ist es wichtig, gute Rahmenbedingungen für EntwicklungshelferInnen
zu gestalten. Ein wesentlicher Schritt hierzu sei mit dem vorliegenden Entwicklungshelfergesetz gelungen. Denn
EntwicklungshelferInnen sollen arbeits- und sozialrechtlich so gestellt sein wie jemand, der hier im Land auch
Dienste für die Allgemeinheit erbringt, sagte Lopatka.
Amtssitzabkommen über EU-Agentur
Mehrheitlich grünes Licht gab der Bundesrat für das Abkommen zwischen der Republik Österreich und
der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen über den Sitz des
Back-up-Systems der Agentur. Das Amtssitzabkommen orientiert sich an Abkommen mit ähnlichen internationalen
Organisationen, trägt aber dem Umstand Rechnung, dass auf EU-Agenturen bereits das Protokoll über die
Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union anzuwenden ist.
Für Bundesrat Christian HAFENECKER (F/N) ist der Sitz des Back-up-Systems in Pongau deshalb unterstützenswert,
weil solche Systeme im Sinne der Datensicherheit zu fördern seien. Einen "gewaltigen Pferdefuß"
hatte der Redner im Namen seiner Fraktion jedoch in Bezug auf Sonderrechte zu beklagen, zumal das Abkommen seiner
Meinung nach ein Privilegienparadies für EU-BeamtInnen beinhaltet. Daraufhin informierten die Bundesräte
Günther KÖBERL (V/St) und Stefan SCHENNACH (S/W), dass es sich lediglich um zwei bis drei Beamte handle,
die an diesem Standort arbeiten würden und kündigten die Zustimmung ihrer Fraktion an.
Staatssekretär Reinhold LOPATKA betonte die Wichtigkeit, internationale Institutionen in Österreich anzusiedeln.
Bereits genannte Privilegien dürften dabei nicht der Grund sein, die zur Diskussion stehende Agentur abzulehnen,
sagte er.
Verlängerung des Pflegefonds fix
Auch die mehrheitlich angenommene Novelle zum Pflegefondsgesetz befand sich auf der heutigen Tagesordnung der
Länderkammer. Mit der Änderung soll der im Jahr 2011 eingerichtete Pflegefonds um zwei weitere Jahre
bis Ende 2016 verlängert werden. Gleichzeitig ist vorgesehen, die Zuweisungen an den Fonds deutlich aufzustocken,
mehr Mittel für Case- und Caremangement bereitzustellen sowie innovative Projekte und qualitätssichernde
Maßnahmen zu fördern. Nicht beanspruchte Mittel können in Hinkunft im Ausmaß von bis zu 40
Prozent in das Folgejahr übertragen werden.
Im Hinblick auf den Pflegefonds bedarf es in Österreich auch in Zukunft einer Kraftanstrengung, unterstrich
Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V). Der Pflegefonds beinhalte keine wesentlichen Gesundheitsreformen, sondern
nur kosmetische Maßnahmen, sagte sie und kündigte die Ablehnung ihrer Fraktion an.
Bundesrätin Inge POSCH-GRUSKA (S/B) zeigte sich davon überzeugt, mit der Verlängerung und der Erhöhung
des Pflegefonds den Anforderungen der Zukunft auch gerecht zu werden. Nun könne man etwa alternative Wohnformen
schaffen oder die Hospizpflege miteinbinden. Auch Bundesrätin Sonja LEDL-ROSSMANN (V/T) äußerte
sich positiv zum vorliegenden Gesetz, und gab zu bedenken, dass es einen Unterschied mache, beruflich oder privat
zu pflegen. Sie sei erfreut darüber, dass das Pflegefondsgesetz fortgeschrieben wird und neue Themenbereiche
darin Platz finden.
Es gibt kein Land in Europa, in dem die ältere Generation so gut abgesichert ist wie in Österreich, betonte
Bundesrat Gregor HAMMERL (V/St). Wichtig sei jedoch auch, den Menschen zu sagen, was diese Leistungen kosten. Mit
den aktuellen Beschlüssen zeige die Bundesregierung, dass sie die Forderungen im Sozialbereich Schritt für
Schritt umsetze, sagte Hammerl.
Für Bundesrat Josef SALLER (V/S) bestand die zentrale Frage darin, ob in Österreich ein bedarfsgerechtes
aber auch finanzierbares Angebot zur Verfügung steht. Als wichtige Maßnahme auch für die Zukunft
nannte Saller den Ausbau der mobilen Pflege.
Man sei mit diesem Pflegefondsgesetz am Weg zur Vereinheitlichung aller Bundesländer, sagte Sozialminister
Rudolf HUNDSTORFER. Dabei sei es sehr komplex gewesen, mit allen Bundesländern etwa im Bereich des Eigenleistungsbeitrags
zu einer Meinung zu kommen, teilte der Bundesminister mit. Die große Frage für die Zukunft sei, ob man
in der Logik der Sozialhilfe bleibe, oder eine neue entwickle, gab Hundstorfer zu bedenken.
Arbeitsrechtliche Erleichterungen bei Pflege von Angehörigen
Der Bundesrat nahm darüber hinaus zum Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2013 über die Einführung
von Pflegekarenz und Pflegeteilzeit Stellung. Ziel des Vorhabens ist es, die Betreuung von Angehörigen bei
einem unerwartet auftretenden Pflegebedarf zu erleichtern, etwa wenn die bisherige Betreuungsperson kurzfristig
ausfällt. Mitverhandelt wurde in diesem Debattenpunkt auch eine Änderung des ABGB, die darauf abzielt,
Arbeiter und Angestellte in Bezug auf die Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall gleichzustellen. Derzeit haben
nur Angestellte einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung ihres Gehalts, wenn sie persönlich von einer Katastrophe
wie Hochwasser, Lawinen, Sturm oder Muren betroffen sind und aus diesem Grund nicht am Arbeitsplatz erscheinen
können. Für Arbeiter gelten die jeweiligen Kollektivverträge. Das soll nun geändert werden.
Beide Gesetzesvorhaben wurden vom Bundesrat einhellig gebilligt.
Ein Wermutstropfen bei den Regelungen der Pflegekarenz sei nicht die Zustimmung des Arbeitgebers, sondern, dass
das Gesetz keinen Rechtsanspruch vorsieht, bedauerte Bundesrätin Inge POSCH-GRUSKA (S/B). Hier sollte nicht
nur der Staat handeln, sondern auch die Betriebe, lenkte sie ein. Die Änderung des ABGB wertete sie als positiv,
da es nun keinen Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten mehr gibt. Bei beiden Gesetzen zeige die österreichische
Politik soziale Größe, so die Bundesrätin.
Bundesrat Edgar MAYER (V/V) ging auf die Arbeit der Krankenpflegedienste und mobilen Hilfsdienste ein. Man füge
dem österreichischen Sozialstaat mit diesem Gesetz einen weiteren Mosaikstein hinzu, so Mayer. Auch er begrüßte
die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten.
Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht
Mit dem 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz werden eine Reihe von Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht
vorgenommen. Unter anderem werden die Krankenversicherungen künftig verpflichtet, Krankengeld-BezieherInnen
rechtzeitig über den bevorstehenden Wegfall von Krankengeld wegen Erreichens der Bezugshöchstdauer zu
informieren und auf alternative Versicherungsmöglichkeiten hinzuweisen, um Leistungslücken zu vermeiden.
Zudem wird für Härtefälle Vorsorge getroffen. Das Gesetzesvorhaben passierte die Länderkammer
mehrheitlich.
Kritische Töne kamen von Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V), da man beim vorliegenden Initiativantrag
der Regierungsparteien wenig Möglichkeit zu einer Begutachtung oder einer anderen Diskussion gehabt habe.
Der Hauptablehnungsgrund ihrer Fraktion hing jedoch mit der geplanten Öffnung der Stiefkind-Adoption für
eingetragene Partnerschaften und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zusammen.
Bundesrat Rene Pfister (S/N) meinte, es sei sehr wichtig, Gesetze dann zu reparieren, wenn in der Praxis ungewollte
Effekte eintreffen würden. Das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz enthält für ihn wichtige
Bestimmungen, wobei ein Meilenstein darin bestehe, dass die Krankenversicherungen die Versicherten in Zukunft besser
und rascher über den Wegfall der Leistungen und Alternativen informieren müssen. Diesen Punkt wertete
auch Bundesrat Edgar MAYER (V/V) als sehr positiv. Der Redner kam auch auf das Thema der Sozialversicherungspflicht
für behinderte Menschen zu sprechen. Dieses sei eine interessante Aufgabe für die Zukunft, meinte Mayer.
Bauarbeiter sollen regelmäßig Urlaub nehmen
Auf BauarbeiterInnen und Bauunternehmen kommen einige Neuerungen zu. Der Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs-
und Abfertigungsgesetzes stimmte die Länderkammer mehrheitlich zu. Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht
die Einführung von Überbrückungsgeld in Höhe des Kollektivvertragslohns für arbeitslose
BauarbeiterInnen, die kurz vor dem Pensionsantritt stehen. Gleichzeitig soll unter anderem der Verbrauch von Urlaubsansprüchen
forciert werden.
Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) begrüßte ausdrücklich das Überbrückungsgeld, wandte sich
aber gegen die massiven Verschlechterungen beim Urlaubsanspruch, der nun bereits nach drei Jahren verfalle und
nicht wie bisher nach zehn Jahren. Daher könne seine Fraktion nicht zustimmen, stellte er fest. Bundesrätin
Inge POSCH-GRUSCHKA (S/B) hingegen bewertete das Gesetz positiv, die Ablehnung der FPÖ bleibt für sie
unverständlich. Auch was den Urlaubsanspruch betreffe, würden die ArbeitnehmerInnen rechtzeitig gewarnt,
wenn ihr Anspruch zu verfallen droht. Neben anderen Verbesserungen werden auch die Arbeitszeiten besser kontrolliert,
erläuterte sie weiter. Bundesrat Edgar MAYER (V/V) befürwortete die Novelle ebenfalls als ein wichtiges
Paket für die Bauwirtschaft. Der Verfall des Urlaubsanspruch nach drei Jahren entspreche nun dem, was in anderen
Branchen üblich sei, merkte er an.
Die Frist von drei Jahren für den Verfall des Urlaubsanspruchs entspreche einerseits dem allgemeinen Arbeitsrecht,
erklärte Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER, darüber hinaus sei auch der gesundheitliche Aspekt zu beachten.
Auch BauarbeiterInnen sollten regelmäßig Urlaub nehmen. Zudem könnten ArbeitnehmerInnen länger
beschäftigt sein, das reduziere die Länge der Winterarbeitslosigkeit.
Neuer Lehrberuf für den Umgang mit Bioenergie wird geschaffen
Einhellig wurden hingegen die Änderungen des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und
des Landarbeitsgesetzes gebilligt. Künftig können sich interessierte Jugendliche auch zum Facharbeiter
bzw. zur Facharbeiterin in der Biomasseproduktion und der land- und forstwirtschaftlichen Bioenergiegewinnung ausbilden
lassen. Ein Ausbildungsversuch ist bereits im Laufen.
Positive Stellungnahmen gaben Bundesrätin Adelheid EBNER (S/N),
Bundesrat Eduard KÖCK (V/N) und Bundesrätin Heidelinde REITER (G/S) ab. Ebner freute sich, dass ein neuer,
interessanter und zukunftsträchtiger Lehrberuf geschaffen wird. Der Energiesektor brauche gut ausgebildete
Fachkräfte, sie sei sicher, dass viele junge Menschen sich dafür interessieren werden. Köck begrüßte
die Änderungen bei der Zulassung zu Facharbeiter- und Meisterprüfungen. Zur Biomasse hielt er fest, diese
reduziere die Abhängigkeit von Energiekonzernen. Nach schwierigen Anfängen habe sich die Bioenergie durchsetzen
können. Die Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas sei aber immer noch zu hoch, warnte er und zeigte
sich überzeugt davon, dass Energieerzeugung aus Biomasse ein wesentlicher Faktor der regionalen Entwicklung
sein könnte. Bundesrätin Reiter kündigte Zustimmung der Grünen an, merkte aber kritisch an,
dass der Lehrberuf sehr eng gefasst sei und der dynamischen Entwicklung der Biomasseanlagen vielleicht nicht entspreche.
Man dürfe auch den Gedanken der Nachhaltigkeit in der Biomasseproduktion nicht aus dem Auge verlieren. Biomasse
dürfe keinesfalls in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion treten oder zur Ausweitung der Intensivlandwirtschaft
führen.
Abgeordnete müssen führende Unternehmenspositionen veröffentlichen
Mit der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit und ohne Debatte stimmte der Bundesrat
der Reparatur des Unvereinbarkeits- und Transparenzgesetzes zu. Damit ist sichergestellt, dass von Abgeordneten
die Tätigkeit in führenden Positionen nicht nur gemeldet, sondern auch veröffentlicht werden muss.
Durch das im Vorjahr geschnürte Transparenzpaket sind MandatarInnen nunmehr verpflichtet, sämtliche Nebentätigkeiten
und leitenden ehrenamtlichen Tätigkeiten bekanntzugeben, zudem wird die Bandbreite ihrer Nebeneinkünfte
veröffentlicht.
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