Die Liliputbahn im Wiener Prater feiert ihr 85-jähriges Bestehen. Das Jubiläumsprogramm
umfasste dabei am Samstag, 20. Juli, die "Lange Nacht der Liliputbahn".
Wien (rk) - Seit 1928 ist die Liliputbahn im Wiener Prater unterwegs und damit die älteste Bahn dieser
Art auf dem europäischen Festland. Weder die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre, noch die Zerstörung im
Zweiten Weltkrieg konnten sie aufhalten. So begeistert die Fahrt in den offenen Wagen auf der nur etwas über
38 Zentimeter schmalen Spur auch heute noch Jung und Alt gleichermaßen. Die Bahn und ihre beiden originalen
Dampflokomotiven feiern heuer ihren 85-jährigen Geburtstag. Die vier Dieselloks stammen aus den 1960er-Jahren
und sind ebenfalls schon Oldtimer.
Ursprünge
Die ursprüngliche Idee für Eisenbahnen im Kleinformat kam aus England, wo gegen Ende des 19. Jahrhunderts
wohlhabende Großgrundbesitzer private Vergnügungsbahnen auf ihren Landsitzen aufbauten. Daher auch die
ungewöhnliche Spurweite von 381mm, die genau 15 Englischen Zoll entsprechen.
Eröffnung und Ausbau
Im Jahr 1925 baute die Münchner Lokomotivenfabrik Krauss & Co drei Liliput-Dampflokomotiven. Sie kamen
über den damaligen Obmann der Praterunternehmer, Ludwig Pretscher, nach Wien. Bis 1928 wurde die Strecke zur
Rotunde gebaut. Die Bahn nahm am 1. Mai 1928 offiziell ihren Betrieb auf. Da die Fahrgastzahlen nach einem anfänglich
starken Interesse wieder zurückgingen, beschloss man 1933 eine Verlängerung bis zum damals noch neuen
Praterstadion zu bauen. Die Strecke erreichte damit ihre heutige Ausdehnung.
Wirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg
Während der Wirtschaftskrise und der allgemeinen Armut der Bevölkerung im totalitären "Ständestaat"
sanken die Fahrgastzahlen weiter. Die Bahn war mehrmals vom Konkurs bedroht. Erst in der Zeit des Zweiten Weltkrieges
nahmen die BesucherInnen-Zahlen im Prater wieder zu. Auch das Geschäft mit der Liliputbahn ging wieder besser.
1942 musste sogar eine dritte Dampflok gekauft werden, die ebenfalls 1928 gebaut worden war. 1945 wurden die Bahnanlagen
und Gebäude beim Großbrand des Praters weitgehend zerstört, nur die stählernen Dampfrösser
überstanden das Feuer fast unbeschadet.
Die Liliputbahn heute
Schon 1947 fuhr wieder der erste Zug auf den nur provisorisch instand gesetzten Schienen. In den 1960er-Jahren
gesellten sich zu den Dampfloks auch noch Dieselloks dazu, die heute die Grundlast des täglichen Fahrbetriebs
tragen. Zwei der drei originalen Dampfloks sind ebenfalls noch erhalten und werden an Wochenenden und Feiertagen
eingesetzt. Die Bahn im Prater ist also nicht nur die älteste Liliputbahn auf dem europäischen Festland,
sondern auch eine der letzten und ganz wenigen Bahnbetriebe, die Dampfloks noch im normalen Fahrbetrieb einsetzt.
Auch heute noch erfreut sich die Bahn großer Beliebtheit, sowohl bei Erwachsenen und als auch bei Kindern.
Daten und Fakten
- Schmalspurbahn mit Spurweite 15 Zoll (381 mm)
- Baujahr: 1928
- Streckenlänge: 3,4 km
- Anzahl der Stationen: vier
- Dauer einer Rundfahrt: circa 20 Minuten
- Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h
- Länge eines Zuges: sechs Waggons, 36 Meter
- Sitzplätze in einem Zug: 90 sowie drei Spezialabteile für Rollstühle
und Kinderwagen
- Gesamte Masse eines Zuges mit Lokomotive: 16 Tonnen
- Anzahl der Lokomotiven: vier Dieselloks, zwei Dampfloks
- Anzahl der Waggons: 24
- Jährlich beförderte Fahrgäste: 110.000 (davon 65 Prozent Erwachsene)
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