Wien (pk) - Die Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz stand am Beginn der Tagesordnung der Bundesratssitzung
vom 18.07. Die Gesetzesänderung, die gut integrierten MigrantInnen einen rascheren Zugang zur österreichischen
Staatsbürgerschaft ermöglichen soll, wurde mit Mehrheit angenommen.
Staatsbürgerschaftsrecht bleibt umstritten
Eingeleitet wurde die Debatte um die Staatsbürgerschaftsnovelle von der Freiheitlichen Bundesrätin Monika
MÜHLWERTH (F/W). In ihren Augen bildet die Verleihung der Staatsbürgerschaft das "höchste Gut"
für bestens integrierte ImmigrantInnen. Mühlwert lehnte daher Erleichterungen der Einbürgerung bzw.
Verkürzungen bei Dauer der Staatsbürgeranwartschaft dezidiert ab, besonders wenn diese aus wahltaktischen
Gründen erfolgten, wie sie es bei der vorliegenden Novelle vermutete. Gegen eine Abschwächung der Kriterien
zu Staatsbürgerschaftsverleihung spreche beispielsweise, dass besonders junge MuslimInnen oftmals islamisches
Recht höher werteten als österreichische Gesetze, meinte Mühlwerth.
ÖVP-Bundesrat Franz PERHAB (V/St) wandte dagegen ein, die Gesetzesnovelle bilde eine seriöse Basis für
eine ausgewogene Integrationspolitik. So sei etwa die Gleichstellung unehelicher und ehelicher Kinder bei der Staatsbürgerschaftserlangung,
wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, ein wichtiger Schritt, zumal die von dieser konkreten Bestimmung umfasste
Gruppe nicht zu den Wahlberechtigten gehöre.
An der Novelle lobte Grünen-Mandatar Marco SCHREUDER (G/W) zwar, dass Adoptivkinder und in Österreich
aufgewachsenen Personen nun leichter einzubürgern sind, dennoch werde seine Fraktion dem Gesetzespaket nicht
zustimmen, wie er festhielt. Tatsächlich gebe es nämlich keine wirkliche Gleichstellung ehelicher und
unehelicher Kinder, weiterhin seien hier die Regelungen zu straff. Zudem entbehrten die Einkommensmindestgrenzen
zur Erlangung der Staatsbürgerschaft jeder sozialpolitischen Verantwortung, kritisierte Schreuder. Insgesamt
stellt aus seiner Sicht das neue Staatsbürgerschaftsrecht keine Modernisierung dar.
Anders als sein Vorredner fand SPÖ-Bundesrat Christian FÜLLER (S/ST) durchaus, mit der Novelle werde
ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht geschaffen. Auch wenn FPÖ und Grüne aus ihren konträren
Standpunkten gegen derartige Gesetzesänderungen wetterten, tue dies dem Wert der Gesetzesänderung keinen
Abbruch, wie er anhand von Neuerungen etwa bei den Kriterien zur Verleihung der Staatsbürgerschaft skizzierte.
Beispielsweise stelle die schnellere Einbürgerung durch ehrenamtlichen Einsatz eine sinnvolle Maßnahme
dar, auch die Erleichterungen für Menschen mit Behinderungen und für Opfer des Nationalsozialismus seien
zu begrüßen.
Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER unterstrich, mit der Weiterentwicklung des Staatsbürgerschaftsrechts
werde ein lang überfälliger Modernisierungsschritt gesetzt. Nunmehr liege der Fokus auf der Integrationsbereitschaft
Einbürgerungswilliger. Dessen ungeachtet bleibe die Staatsbürgeschaft weiterhin ein hohes Gut, sagte
die Ministerin in Richtung FPÖ, die Erlangung der Staatsbürgerschaft werde aber in bestimmten Fällen
– Stichwort uneheliche Kinder – unbürokratischer und leichter zu handhaben sein.
Mikl-Leitner führte weiter aus, mit dem neuen Gesetz werde ein Anreizsystem zur Integration geschaffen, da
nicht länger nur die Aufenthaltsdauer in Österreich als ausreichendes Kriterium für die Einbürgerung
gilt, sondern etwa auch Deutschkenntnisse und ehrenamtliches Engagement als Kriterien zur Erlangung der Staatsbürgerschaft
eingeführt würden.
Grün-Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) hielt der Ministerin entgegen, die Verleihung der Staatsbürgerschaft
sei laut Expertenmeinung an den Anfang und nicht erst an das Ende des Integrationsprozesses zu stellen, schon um
demokratiepolitische Mitwirkung der Betroffenen zu ermöglichen. Das rigide österreichische Einbürgerungssystem
stehe außerdem der gesellschaftlichen Weiterentwicklung Österreichs entgegen, weil dadurch auch gut
ausgebildeten ausländischen StaatsbürgerInnen Hürden aufgestellt würden.
Fremdenrechts-Änderungen stoßen auf Widerstand bei Opposition
Keinen Einspruch erhob der gesamte Bundesrat gegen eine Novelle zur Anpassung zahlreicher Gesetze im Kompetenzbereich
des Innenministeriums an die neue zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nur mehrheitlich von den Regierungsfraktionen
angenommen wurde dagegen ein mitverhandeltes Gesetzespaket mit gesetzlichen Klarstellungen und der Beseitigung
von Redaktionsversehen in mehreren Fremdengesetzen.
Einerseits bekundete Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) die Zustimmung der FPÖ zum Verwaltungsgerichts-Anpassungsgesetz,
andererseits erteilte er jedoch namens seiner Fraktion den Änderungen in der Ausländer- und Fremdengesetzgebungen
eine Absage. Letzteres Gesetzespaket sei unübersichtlich und teilweise ungenau abgefasst, erklärte Krusche
und mutmaßte, offenbar habe politischer Druck zu einem Eilverfahrung bei der Ausarbeitung der Novellen geführt.
Die Bundesräte Franz PERHAB (V/St), Christian FÜLLER (S/ST) und Marco SCHREUDER (G/W) lobten generell
die Umsetzung der Verwaltungsreform und folglich auch die dadurch notwendigen Änderungen von Verwaltungsmaterien,
da sie mehr Rechtsschutz bringen. Füller griff zur Veranschulichung der Änderungen die international
vereinheitlichten Sicherheitsverbesserungen an Flughäfen heraus, Schreuder nannte die Zulassung von Trauzeugen
bei eingetragenen Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Paaren als positives Beispiel.
Kontrovers bewertet wurde allerdings auch von den letzten Rednern dieses Debattenteils die Änderungen im Fremdenrecht:
Während Perhab den Entwurf als "praktikable Übergangslösung" bezeichnete, erachtete Schreuder
es als "absurd", dass ihm zufolge vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig bezeichnete Regelungen
nun in Gesetzesform gegossen werden.
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