Novelle zum Staatsbürgerschaftsrecht
 im ideologischen Kreuzfeuer

 

erstellt am
18. 07. 13
14.00 MEZ

Wien (pk) - Die Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz stand am Beginn der Tagesordnung der Bundesratssitzung vom 18.07. Die Gesetzesänderung, die gut integrierten MigrantInnen einen rascheren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft ermöglichen soll, wurde mit Mehrheit angenommen.

Staatsbürgerschaftsrecht bleibt umstritten
Eingeleitet wurde die Debatte um die Staatsbürgerschaftsnovelle von der Freiheitlichen Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W). In ihren Augen bildet die Verleihung der Staatsbürgerschaft das "höchste Gut" für bestens integrierte ImmigrantInnen. Mühlwert lehnte daher Erleichterungen der Einbürgerung bzw. Verkürzungen bei Dauer der Staatsbürgeranwartschaft dezidiert ab, besonders wenn diese aus wahltaktischen Gründen erfolgten, wie sie es bei der vorliegenden Novelle vermutete. Gegen eine Abschwächung der Kriterien zu Staatsbürgerschaftsverleihung spreche beispielsweise, dass besonders junge MuslimInnen oftmals islamisches Recht höher werteten als österreichische Gesetze, meinte Mühlwerth.

ÖVP-Bundesrat Franz PERHAB (V/St) wandte dagegen ein, die Gesetzesnovelle bilde eine seriöse Basis für eine ausgewogene Integrationspolitik. So sei etwa die Gleichstellung unehelicher und ehelicher Kinder bei der Staatsbürgerschaftserlangung, wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, ein wichtiger Schritt, zumal die von dieser konkreten Bestimmung umfasste Gruppe nicht zu den Wahlberechtigten gehöre.

An der Novelle lobte Grünen-Mandatar Marco SCHREUDER (G/W) zwar, dass Adoptivkinder und in Österreich aufgewachsenen Personen nun leichter einzubürgern sind, dennoch werde seine Fraktion dem Gesetzespaket nicht zustimmen, wie er festhielt. Tatsächlich gebe es nämlich keine wirkliche Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder, weiterhin seien hier die Regelungen zu straff. Zudem entbehrten die Einkommensmindestgrenzen zur Erlangung der Staatsbürgerschaft jeder sozialpolitischen Verantwortung, kritisierte Schreuder. Insgesamt stellt aus seiner Sicht das neue Staatsbürgerschaftsrecht keine Modernisierung dar.

Anders als sein Vorredner fand SPÖ-Bundesrat Christian FÜLLER (S/ST) durchaus, mit der Novelle werde ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht geschaffen. Auch wenn FPÖ und Grüne aus ihren konträren Standpunkten gegen derartige Gesetzesänderungen wetterten, tue dies dem Wert der Gesetzesänderung keinen Abbruch, wie er anhand von Neuerungen etwa bei den Kriterien zur Verleihung der Staatsbürgerschaft skizzierte. Beispielsweise stelle die schnellere Einbürgerung durch ehrenamtlichen Einsatz eine sinnvolle Maßnahme dar, auch die Erleichterungen für Menschen mit Behinderungen und für Opfer des Nationalsozialismus seien zu begrüßen.

Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER unterstrich, mit der Weiterentwicklung des Staatsbürgerschaftsrechts werde ein lang überfälliger Modernisierungsschritt gesetzt. Nunmehr liege der Fokus auf der Integrationsbereitschaft Einbürgerungswilliger. Dessen ungeachtet bleibe die Staatsbürgeschaft weiterhin ein hohes Gut, sagte die Ministerin in Richtung FPÖ, die Erlangung der Staatsbürgerschaft werde aber in bestimmten Fällen – Stichwort uneheliche Kinder – unbürokratischer und leichter zu handhaben sein.

Mikl-Leitner führte weiter aus, mit dem neuen Gesetz werde ein Anreizsystem zur Integration geschaffen, da nicht länger nur die Aufenthaltsdauer in Österreich als ausreichendes Kriterium für die Einbürgerung gilt, sondern etwa auch Deutschkenntnisse und ehrenamtliches Engagement als Kriterien zur Erlangung der Staatsbürgerschaft eingeführt würden.

Grün-Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) hielt der Ministerin entgegen, die Verleihung der Staatsbürgerschaft sei laut Expertenmeinung an den Anfang und nicht erst an das Ende des Integrationsprozesses zu stellen, schon um demokratiepolitische Mitwirkung der Betroffenen zu ermöglichen. Das rigide österreichische Einbürgerungssystem stehe außerdem der gesellschaftlichen Weiterentwicklung Österreichs entgegen, weil dadurch auch gut ausgebildeten ausländischen StaatsbürgerInnen Hürden aufgestellt würden.

Fremdenrechts-Änderungen stoßen auf Widerstand bei Opposition
Keinen Einspruch erhob der gesamte Bundesrat gegen eine Novelle zur Anpassung zahlreicher Gesetze im Kompetenzbereich des Innenministeriums an die neue zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nur mehrheitlich von den Regierungsfraktionen angenommen wurde dagegen ein mitverhandeltes Gesetzespaket mit gesetzlichen Klarstellungen und der Beseitigung von Redaktionsversehen in mehreren Fremdengesetzen.

Einerseits bekundete Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) die Zustimmung der FPÖ zum Verwaltungsgerichts-Anpassungsgesetz, andererseits erteilte er jedoch namens seiner Fraktion den Änderungen in der Ausländer- und Fremdengesetzgebungen eine Absage. Letzteres Gesetzespaket sei unübersichtlich und teilweise ungenau abgefasst, erklärte Krusche und mutmaßte, offenbar habe politischer Druck zu einem Eilverfahrung bei der Ausarbeitung der Novellen geführt.

Die Bundesräte Franz PERHAB (V/St), Christian FÜLLER (S/ST) und Marco SCHREUDER (G/W) lobten generell die Umsetzung der Verwaltungsreform und folglich auch die dadurch notwendigen Änderungen von Verwaltungsmaterien, da sie mehr Rechtsschutz bringen. Füller griff zur Veranschulichung der Änderungen die international vereinheitlichten Sicherheitsverbesserungen an Flughäfen heraus, Schreuder nannte die Zulassung von Trauzeugen bei eingetragenen Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Paaren als positives Beispiel.

Kontrovers bewertet wurde allerdings auch von den letzten Rednern dieses Debattenteils die Änderungen im Fremdenrecht: Während Perhab den Entwurf als "praktikable Übergangslösung" bezeichnete, erachtete Schreuder es als "absurd", dass ihm zufolge vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig bezeichnete Regelungen nun in Gesetzesform gegossen werden.

 

 

 

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