IV-GS Neumayer: Reales Wachstum von bestenfalls halbem Prozent zu erwarten – IV-Chefökonom
Helmenstein: Frühestens im Herbst leichte Belebung der wirtschaftlichen Aktivität zu erwarten
Wien (pdi) - „Die Stagnation setzt sich fort“, erklärte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung
(IV), Mag. Christoph Neumayer, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein
zu den Ergebnissen des aktuellen Konjunkturbarometers der IV aus dem 2. Quartal 2013 am 18.07. in Wien. „Unisono
lassen die jüngsten Prognosen für Österreich ein reales Wachstum von bestenfalls einem halben Prozent
erwarten. Die zurückhaltende Einschätzung des Konjunkturverlaufs im heurigen Jahr durch die Teilnehmer
am IV-Konjunkturbarometer bestätigt sich somit“, sagte Neumayer. Tatsächlich befinde sich die europäische
Wirtschaft weiterhin in der Rezession, im Vergleich zum Durchschnitt halte sich die österreichische Wirtschaft
aber deutlich besser. „Der Aufschwung wird kommen, aber er wird fragil sein und aus heutiger Sicht frühestens
im Herbst kommen – wenn die politischen Ereignisrisken unter Kontrolle bleiben“, so Neumayer.
Die nach dem Jahresauftaktquartal 2012 einsetzende Stagnationsphase werde damit zumindest sechs Quartale hintereinander
Bestand haben, so Helmenstein. Die Folgen mangelnder Dynamik lassen sich sowohl an der zunehmenden Arbeitslosigkeit
als auch an der Serie von Großinsolvenzen ablesen.
Die Ergebnisse im Detail
Der Wert des IV-Konjunkturbarometers, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage
und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, reflektiert die gedämpften Aussichten und sinkt
auf einen Wert von +13 Punkten nach
+15 Punkten. Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage hingegen verharrt bei +19 Punkten und damit
auf dem niedrigsten Niveau seit über drei Jahren. Der Rücksetzer des Barometers ist daher gänzlich
auf die pessimistische Einschätzung der Geschäftserwartungen zurückzuführen, welche sich von
+12 Punkten auf +7 Punkte zurückbildet.
Die sich verschlechternden Geschäftserwartungen spiegeln die Abschwächung der globalen Wachstumsdynamik
wider. Während die USA auf Erholungskurs liegen, bleiben die chinesische und die russische Wirtschaft hinter
den Erwartungen zurück. Japan legt in etwa gleich stark zu, allerdings vermag dies vor dem Hintergrund einer
massiven Abwertung des Yen nicht zu überraschen. Schwächer entwickeln sich neben China vor allem andere
wichtige Schwellenländer, darunter Ägypten, Brasilien und die Türkei. In der Europäischen Union
zeichnet sich eine allmähliche Stabilisierung der Lage ab – in den weniger wettbewerbsfähigen Ländern
setzt sich die Schrumpfung der Wirtschaft zwar noch fort, doch beginnt sich deren Dynamik wesentlich zu verringern.
Ein Lichtblick geht von der Entwicklung der Auftragsbestände aus. Hier setzt sich erstmals seit einem Jahr
die Schrumpfung der industriellen Auftragsreichweite nicht mehr fort (Saldo der Auftragsbestände +30 Punkte
nach +24 Punkten im Vorquartal). Nach der vorübergehenden Schwächephase im Vorquartal betrifft dies auch
die Auslandsaufträge. Hier steigt der Wert von +24 Punkten auf +29 Punkte. Zittrige Erhebungsergebnisse dieser
Art in der Nähe eines unteren konjunkturellen Wendepunktes sind nichts Ungewöhnliches, vielmehr deuten
sie das allmähliche Einsetzen des klassischen, exportgetriebenen Konjunkturerholungsmusters der österreichischen
Wirtschaft an. Im Ergebnis sollte sich die Kapazitätsauslastung in den heimischen Unternehmen allmählich
wieder leicht verbessern, sofern politische Ereignisrisken, insbesondere falls sie kumulativ schlagend würden,
diese Erwartung nicht durch neue Negativimpulse zunichte machen.
Dementsprechend gestalten die Unternehmen ihre Produktionsplanung auf Sicht der nächsten drei Monate weiterhin
sehr vorsichtig und erwarten in saisonbereinigter Betrachtung bei einem Saldo von 0 Punkten (nach +4 Punkten) eine
konstante Ausbringungsmenge.
Die anhaltende Stagnation in Verbindung mit einer inkrementellen Zunahme der Arbeitsproduktivität wirkt sich
in den kommenden Monaten belastend für die erwartete Beschäftigungsentwicklung aus. Der Saldo für
den Beschäftigtenstand dreht aus positivem Terrain von +3 Punkten auf nunmehr -6 Punkte in den negativen Wertebereich.
Dabei nimmt der Anteil der Unternehmen, welche einen Beschäftigungsabbau voraussehen, von
15 Prozent auf 19 Prozent zu, während sich die Einstellungsneigung der Unternehmen vermindert. Der Anteil
der Unternehmen, die einen steigenden Beschäftigtenstand anstreben, sinkt von 18 Prozent auf 13 Prozent.
Die verzögert einsetzende Erholung hinterlässt Wirkung in der Ertragslage der Unternehmen – der betreffende
Saldo verharrt unverändert bei +5 Punkten. Auf die erzielbaren Verkaufspreise schlägt die globale Nachfrageschwäche
in erheblichem Maße durch – die Abwärtsdynamik nimmt sogar noch zu (Saldo -17 Punkte nach -7 Punkten
im Vorquartal). In Verbindung mit der schwachen Mengenkomponente drehen die Ertragsaussichten auf Sicht von sechs
Monaten daher von +10 Punkten auf nunmehr -1 Punkt.
Für einen investitionsgetragenen Aufschwung ist ein substanziell besseres Ertragsniveau erforderlich –
davon ist der Indikator der Ertragslage derzeit weiter als je während der letzten drei Jahre entfernt. Zudem
verheißen die Ertragsaussichten keine grundlegende Besserung.
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 409 Unternehmen mit rund 286.000
Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen werden
drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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