Trotz vieler "prominenter" Insolvenzen gehen die Pleiten zurück
Wien (creditreform) - Die endgültigen Zahlen der Creditreform Firmeninsolvenzstatistik für das
1. Halbjahr 2013 zeigen trotz der vielen bekannten Insolvenzfälle (Niemetz, Niedermeyer, Alpine, Dayli) eine
positive Entwicklung: Die Unternehmensinsolvenzen sind um 4% auf knapp 3.000 Verfahren zurückgegangen. Die
Anzahl an eröffneten Verfahren ist dabei um 3,8% auf 1.781 Unternehmen gesunken. In rund 1.300 Fällen
(-4,4%) wurden die Insolvenzanträge mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Jedes 5. Verfahren
wurde als Sanierungsverfahren eröffnet und hat dem schuldnerischen Unternehmen somit eine Chance für
einen Neubeginn ermöglicht. Besonders erfreulich ist die Entwicklung im Handel (-11,8%) und in der Industrie
(-5,3%). Die Hauptursachen für Insolvenzen liegen in kaufmännischen Fehlern des Managements und im steigenden
Wettbewerbsdruck, vor allem im Bau. Laut Creditreform-Umfrage im Frühjahr unter 1.700 Unternehmen wird in
jedem 5. Fall ein krimineller Hintergrund vermutet, im Bau sogar in mehr als jedem 3. Fall. 75% der betroffenen
Gläubiger hatten Forderungen in Höhe von bis zu 10.000 Euro. Dazu Creditreform-Geschäftsführer
Rainer Kubicki: "Zwei Drittel aller Unternehmen waren von einer oder mehr Insolvenzen als Gläubiger betroffen
und mussten mit Forderungsverlusten oder gar -ausfällen kämpfen, die mitunter der eigenen Liquidität
schaden. In sehr volatilen Zeiten ist daher das betriebsinterne Kreditrisikomanagement der notwendige Schutzschirm
und die beste Prophylaxe - auch vor der eigenen Insolvenz." Lieferanten haben vielleicht mehr denn je darauf
zu achten, mit wem sie welche Geschäfte abschließen, diese absichern und ob bzw. wie schnell sie zu
ihrem Geld kommen.
Bundesländervergleich
Entgegen dem bundesweiten Trend sind in Kärnten (+19,9%) und in Tirol (+8,8%) die Insolvenzen stark gestiegen.
Die stärksten Rückgänge verzeichnen die Bundesländer Vorarlberg (-35,2%), Oberösterreich
(-14,8%).
Die höchste relative Insolvenzbetroffenheit herrschte in Wien mit mehr als 11 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen.
Österreichweit wurden im Durchschnitt 8 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen gezählt.
Branchenvergleich
Die am stärksten betroffenen Branchen sind das Bauwesen und die Branche "Verkehr- und Nachrichtenübermittlung"
(Transportwesen) mit 20 bzw. 19 Insolvenzen je 1.000 Branchenunternehmen. Besonders erfreulich für den Industriestandort
Österreich ist der Insolvenz-Rückgang in der Branche "Sachgütererzeugung" um über
5%.
Conclusio 1. Halbjahr 2013
Auf der einen Seite halten die Insolvenzen so vieler bekannter Unternehmen wie selten zuvor in der österreichischen
Wirtschaftsgeschichte die Öffentlichkeit auf Trapp, auf der anderen Seite gehen die Insolvenzen so stark zurück
wie zuletzt vor drei Jahren. Das zeigt zum einen, dass die heimischen Unternehmen im Kern gesund sind (steigende
Eigenkapitalisierung, innovative und exportstarke Produkte, "hidden champions" als Weltmarktführer),
aber dass bei gravierenden Fehlern im Management, durch den steigenden Wettbewerbsdruck und bei Vertrauensverlust
durch die Banken und Lieferanten selbst ehemalige Branchengrößen und bekannte "Marken" zusammenbrechen
können. Jede Insolvenz ist daher individuell zu analysieren und eine einzige wie die Alpine-Insolvenz kann
eine Statistik bzgl. der Höhe der Passiva und der Anzahl der Mitarbeiter im Jahresvergleich manipulieren.
Trotz der bereits eingetretenen Folgeinsolvenzen und einer pessimistischen Erwartung der Unternehmen hinsichtlich
der Umsatz- und Ertragsentwicklungen (siehe Creditreform KMU-Umfrage vom Frühjahr 2013) ist im laufenden Jahr
mit einem weiteren, wenn auch abgeschwächten Rückgang der Insolvenzen zu rechnen.
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