Dissertantin der Uni Graz untersuchte die Bedeutung von Geschlechter-Bildern im „Metal“
Graz (universität) - Hart, männlich, rebellisch – Metal ist was für wilde Kerle, so scheint
es zumindest. Dass dieses Bild jedoch weitgehend ein Klischee ist, zeigt Mag. Susanne Sackl-Sharif in ihrer Doktorarbeit
an der Uni Graz auf. Die Musikwissenschafterin und Soziologin hat untersucht, wie Metal-Fans diese Musik erleben
und welche Rolle Gender-Aspekte dabei spielen. Das Ergebnis überrascht: Metal ist keineswegs nur etwas für
harte Männer.
„Graz ist eine Metal-Hochburg, mit vielen Lokalen, Vereinen und Clubs“, weiß Susanne Sackl-Sharif, selbst
begeistert von diesem Musik-Genre. Für ihre Dissertation, betreut von Musikwissenschafter Ao.Univ.-Prof. Dr.
Werner Jauk, hat die Kennerin der Szene Fans aus der steirischen Landeshauptstadt und aus Voitsberg interviewt
und gebeten, diese Musik zu beschreiben und über ihre Einstellungen rund um Metal zu sprechen. Zusätzlich
analysierte die Forscherin mit einigen Fans deren Lieblingsvideos.
Besonderes Augenmerk legte die Doktorandin auf Geschlechter-Bilder. „Um meine InterviewpartnerInnen nicht zu beeinflussen,
stellte ich jedoch keine direkten Fragen zu Gender-Aspekten. Ich wollte vermeiden, das Klischee des männlichen
Metal zu aktivieren, und habe deshalb einfach die Aussagen über Metal auf geschlechtsbezogene Vorstellungen
hin untersucht.“
Gleichzeitig interessierte sie sich auch für das Geschlechterverhältnis im Publikum und unter den MusikerInnen.
„Seit den 1990er-Jahren finden sich immer mehr Frauen in den Metal-Bands. Es gibt auch rein weibliche Gruppen“,
berichtet die Forscherin. „Vermehrt findet man ,Female Fronted Metal Bands‘, Gruppen mit einer Front-Sängerin.“
Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass Frauen oft sehr hoch singen oder sehr tief ,growlen‘ – so nennt sich
das tiefe Schreien im Death Metal. „Männliche Sänger ,screamen‘ hingegen in manchen Bands sehr hoch“,
ergänzt Sackl-Sharif.
Das überraschende Ergebnis der Interviews: Gender-Aspekte wurden von den befragten Fans kaum angesprochen.
„Offenbar betrachten sie die Musik selbst als geschlechtslos“, meint die Dissertantin. Bei der Analyse der Videos
waren growlende Frauen und untypische Metal-Männer allerdings doch ein Thema.
Generell sei zu sehen, dass die Metal-Szene wachse und es mittlerweile viele verschiedene Sub-Stile gebe. „So boomt
zum Beispiel gerade Mittelalter-Metal mit dem Dudelsack als Instrument und anderen folkloristischen Elementen“,
erklärt Sackl-Sharif. Recht populär sei auch Symphonic Metal mit opernhaftem Gesang. Metalcore wiederum
engagiere sich politisch und propagiere unter anderem vegane Ernährung.
„Durch die Vielfalt der Metal-Szene gibt es auch ganz unterschiedliche Fans, die nicht unbedingt an ihrem Aussehen
zu erkennen sind“, betont die Forscherin. Auch hören nicht alle von ihnen ausschließlich diese Musik.
„Allgemein lasse sich sagen, dass Metal gesellschaftsfähiger geworden sei. Kaum jemand der Befragten berichtete
von negativen Reaktionen in Schule, Familie und Freundeskreis.“
„Metal zieht heute ein breites Publikum an – von Jugendlichen bis zu älteren Fans, die zum Teil dieser Musik
seit ihren Anfängen in den 1970er-Jahren treu geblieben sind. Manche junge Fans sind über ihre Eltern
zum Metal gekommen.“, fasst Sackl-Sharif zusammen.
Allen Fans gemeinsam ist die Einstellung, nicht Mainstream sein zu wollen. Auch bei der Video-Analyse war das Image
der Rebellion Thema. Die Inszenierung von Aggressivität interpretierten die Fans häufig als Parodie.
Tenor der meisten Interviews: „Wirklich beschreiben lässt sich Metal nicht, man muss die Musik einfach hören.“
|