Neue Methode zum Nachweis von Verschränkung in Quantensystemen
Wien (öae) - Für Quantenphysiker gehört die Verschränkung mittlerweile zum täglichen
Handwerkszeug. Für den Bau von zukünftigen Quantencomputern bildet sie die wesentliche Grundlage. Nun
haben Innsbrucker Forscher gemeinsam mit Schweizer Kollegen in der Fachzeitschrift Nature Physics eine neue, sehr
verlässliche Methode zum Nachweis von Verschränkung veröffentlicht.
Quantencomputer, Quantenkommunikation und Quantenkryptografie sind ohne Verschränkung nicht denkbar. Für
viele zukünftige Quantentechnologien bildet diese für unser Alltagsverständnis seltsam erscheinende
Eigenschaft von Quantensystemen die wesentliche Grundlage. Experimentalphysiker stehen daher heute in ihren Labors
sehr häufig vor der Aufgabe, die Verschränkung in Quantensystemen eindeutig nachzuweisen. „Wir haben
vor zwei Jahren erstmals 14 Ionen kontrolliert miteinander verschränkt“, erzählt Thomas Monz aus der
Arbeitsgruppe von Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut
für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Das Team hält
bis heute den Weltrekord für die größte je im Labor miteinander verschränkte Anzahl von Teilchen.
„Für den Nachweis von Verschränkung mussten wir bisher einige, experimentell kalibrierte Annahmen machen.
Aber Annahmen - zu Beispiel über die Anzahl der Dimensionen im System oder Kalibrierungen - machen Ergebnisse
angreifbar“, sagt Monz, der nun gemeinsam mit Julio Barreiro, heute am Max Planck Institut für Quantenoptik
in Garching, und Jean-Daniel Bancal aus der Arbeitsgruppe um Nicolas Gisin an der Universität Genf, jetzt
am Zentrum für Quantuntechnologien in Singapur, ein neues Messverfahren für den Nachweis der Verschränkung
mehrerer Quantenobjekte entwickelt und getestet hat.
Korrelationen bestimmen
Diese vom Messsystem weitgehend unabhängige Methode geht von einer einzigen Annahme aus: „Wir müssen
lediglich sicherstellen, dass wir an den einzelnen Quantenobjekten Operationen aus einem fixen Satz an Operationen
durchführen, und dass diese Operationen untereinander unabhängig sind.“, erklärt Julio Barreiro.
„Welche Operationen aber im Detail durchführt werden, spielt dabei keine Rolle mehr.“ So schließen die
Physiker viele Fehlerquellen und damit Fehlinterpretationen von Ergebnissen aus. „Am Ende untersuchen wir die Korrelationen
zwischen den Messergebnissen der einzelnen Quantensysteme und den Messeinstellungen. Übersteigen die Korrelationen
einen bestimmten Wert, dann gilt das als verlässliche Aussage darüber, dass die Objekte des Quantensystems
miteinander verschränkt sind.“ Für die experimentell nur schwer vermeidbare gegenseitige Beeinflussung
der im Innsbrucker Experiment in einer Vakuumkammer nebeneinander schwebenden Kalziumionen bei der Manipulation
mit einem Laser hat der Schweizer Theoretiker Jean-Daniel Bancal den notwendigen Wert des Korrelationskoeffizienten
nach oben korrigiert. „Wenn dieser Wert bei der Auswertung überschritten wird, kann mit Sicherheit von einem
verschränkten System ausgegangen werden“, sagt Bancal.
Annahmen als Achillesferse
Für die Physik sind Verfahren, die von sehr wenigen Grundannahmen ausgehen, hochinteressant. Sie sind weitgehend
unabhängig vom System, arbeiten extrem zuverlässig und stärken das Vertrauen in die Ergebnisse der
Experimentalisten. „Annahmen sind die Achillesferse vieler Verfahren – experimentell wie auch in der Theorie“,
betont Thomas Monz. „Uns ist es hier gelungen, die Zahl der notwendigen Annahmen für den Nachweis von Verschränkung
in einem Quantensystem auf ein Minimum zu reduzierten. Wir erhalten damit eine sehr verlässliche Aussage,
ob ein System von mehreren Quantenteilchen verschränkt ist oder nicht.“ In ihrem Labor konnten die Innsbrucker
Physiker die Verschränkung von sechs Kalziumionen nachweisen. Die neue Methode kann auch in größeren
Systemen eingesetzt werden, der technische Aufwand steigt mit der Zahl der Teilchen allerdings deutlich an.
Publikation
Demonstration of genuine multipartite entanglement with device-independent witnesses; Julio T. Barreiro, Jean-Daniel
Bancal, Philipp Schindler, Daniel Nigg, Markus Hennrich, Thomas Monz, Nicolas Gisin, and Rainer Blatt, Advance
Online Publication, Nature Physics 2013 DOI: 10.1038/NPHYS2705
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