Bundesregierung zieht Bilanz über Maßnahmen gegen Benachteiligungen von Frauen
Wien (pk) – Die Bundesregierung ist verpflichtet, alle zwei Jahre in einem Bericht die Maßnahmen und
Aktivitäten darzustellen, die von den Ministerien gesetzt wurden, um die gesellschaftliche Gleichberechtigung
von Frauen zu fördern. Der "Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von
Frauen" liegt nun für den Berichtszeitraum 2011-2012 dem Nationalrat vor. Der Bericht behandelt, im Unterschied
zum "Bundes-Gleichbehandlungsbericht", der den Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung
im Bundesdienst zum Gegenstand hat, alle Maßnahmen der Ressorts, die nach außen wirken.
Statistische Kennzahlen belegen die Benachteiligung von Frauen
Die nach wie vor bestehenden ökonomischen wie strukturellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen
lassen sich an einigen statistischen Kennzahlen ablesen. Zwar verringert sich dieser Abstand allmählich, trotzdem
lag 2011 das Bruttoeinkommen von Frauen immer noch fast 40 %, ihr Nettoeinkommen um 32 % unter dem der Männer.
Das hat zur Folge, dass auch das monatliche Arbeitslosengeld von Frauen um 17 % und die Notstandhilfen 16 % unter
dem lagen, was Männer im Durchschnitt erhielten. Auch lagen die Frauenpensionen im Durchschnitt um 41 % niedriger
als die Pensionen der Männer. Die Erwerbsquote von Frauen lag 11,7 % unter der der Männer, ihre Teilzeitquote
hingegen um 35,6 % höher.
Die Maßnahmen der Ministerien, um insgesamt zu mehr Gendergerechtigkeit zu gelangen, umfassen ein weites
Spektrum. Dazu dient die Schaffung von Einrichtungen, die es Frauen und Männern ermöglichen, ihre familiären
Verpflichtungen mit ihrer Berufstätigkeit zu vereinbaren ebenso wie sozialpolitische Maßnahmen, welche
die Benachteiligungen von Frauen in Hinblick auf den Umstand, dass sie Mütter sind oder sein können,
abbauen sollen. Es wurden Maßnahmen zur Durchsetzung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben wie auch aktive
Frauenförderungsmaßnahmen insbesondere in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wissenschaft, Kunst und Kunstförderung
sowie öffentlicher Dienst gesetzt. Benachteiligungen sollen auch durch allgemeine Maßnahmen, welche
die Existenzsicherung vor allem im Alter, bei Invalidität und Arbeitslosigkeit betreffen, abgebaut werden.
Der Bericht thematisiert auch das Thema Gender Budgeting, wobei der Fokus auf dem Jahr 2013 liegt, seit dem eine
gesetzliche Verpflichtung besteht, doch werden auch die vorhergehenden Pilotphasen berücksichtigt.
Quantitative und qualitative Bewertung der gesetzlichen Maßnahmen
Im Berichtszeitraum 2011 bis 2012 setzten die Ministerien insgesamt 201 Maßnahmen zum Abbau der Benachteiligungen
von Frauen. Sehr deutliche Anstrengungen waren in der Frauenförderung zu konstatieren, wobei am meisten im
Bildungsbereich geschah mit der Zielsetzung, dem Phänomen getrennter Bildungs- und Arbeitsmarktbereiche für
Männer und Frauen entgegenzuwirken. Die erhöhte Erwerbsquote von Frauen sei als Erfolg zu sehen, der
durch die Tendenz zur Teilzeitbeschäftigung allerdings etwas relativiert werde, hält der Bericht fest.
Weniger, aber wirkungsstärkere Maßnahmen als im vorhergehenden Berichtszeitraum gab es im Bereich der
Geschlechtergerechtigkeit im demokratischen System Österreichs. Auch in den Bereichen Existenzsicherung und
Gleichbehandlung im Arbeitsleben wurden in den beiden Jahren etwas weniger Maßnahmen gesetzt.
Der Bericht qualifiziert die Maßnahmen nach Dichte und Intensität und stellt ihre Einbettung in fünf
ausgewählte Wirkungsbereiche dar. Die Wirkung der Maßnahmen wird im Rahmen von "Wirkungsketten"
analysiert, um damit komplexe Zusammenhänge darzustellen. Damit wird auch differenziert, ob ein Problembereiche
als gelöst, als nicht gelöst oder als Bereich, der weiter zu beobachten ist, einzustufen ist.
Als grundsätzlich gelöst werden im Bericht drei Problembereiche gewertet, nämlich der Aufbau von
kulturellem Kapital und Humankapital von Frauen sowie ihr Aufschließen in der Erwerbstätigenquote an
die Männer, wenn auch mit der Einschränkung, dass bei Frauen überdurchschnittlich oft nur Teilzeitbeschäftigung
gegeben ist.
Zur gleichen Zeit ist festzustellen, dass Frauen wesentlich mehr Arbeitsstunden als Männer in den Bereichen
Pflege und Betreuung leisten, insbesondere im privaten Bereich. Das Spannungsverhältnis zwischen Erwerbsarbeit
und Pflegearbeit von Frauen schafft eine Situation, die im Bericht unter dem Begriff des "Care Paradoxon"
subsumiert wird. Gerade für den Bereich Pflege und Betreuung, wie auch für Frauen im Alter sowie für
Behinderte seien relativ wenig Maßnahmen gesetzt worden, hält der Bericht fest. In der Pflegearbeit
könnte jedenfalls noch mehr getan werden, um die Wertigkeit von Pflege und Betreuung als gesamtgesellschaftliche
Notwendigkeit zu verändern. Hier wird auch eine Herausforderung für das Gender Budgeting gesehen.
Weitere Bereiche lassen nur wenige Verbesserungen erkennen. Insbesondere lasse die ökonomische und soziale
Gleichstellung noch zu wünschen übrige, wenn es etwa um Fragen wie den nach wie vor bestehenden Gender
Pay Gap und der demokratischen Ermächtigung, um das Aufbrechen von Geschlechterrollen in Bildung und Berufsbildung
sowie um das Problem der segregierten Arbeitsmärkte geht. Was den im EU-Vergleich hohen Gender Pay Gap betrifft,
so wird dazu festgestellt, dass Gender Budgeting einen wichtigen Beitrag zu seinem Abbau leisten könne.
Der Begriff der "gläserne Decke" bezeichnet die ungleiche Aufstiegschancen von Frauen bei gleicher
Qualifikation gegenüber Männern, was zu einer ineffizienten Ausschöpfung des verfügbaren Humankapitals
führt. Hier zeige sich, dass mit den gesetzten Maßnahmen im internationalen Vergleich im Berichtszeitraum
noch relativ wenig bewegt werden konnte, merkt der Bericht an. Ein weiteres ungelöstes Problem, das sich wenig
verbessert hat, ist Gewalt gegen Frauen im häuslichen Nahbereich.
Als zu beobachtende Problemfelder gelten daher insbesondere drei Bereiche, nämlich die Vereinbarkeit von Erwerbs-
und Pflegearbeit, das Problem der "gläsernen Decke" in der Erwerbsbiographie und das als "horizontale
Segregation" bezeichnete Problem der nach Gender aufgeteilten Arbeitsmärkte. Der Bericht merkt auch an,
dass hier gezielter mit einer ganzheitlichen Strategie angesetzt werden müsste.
Gender Budgeting – erste Einschätzungen
Seit 2009 ist Gender Budgeting in der österreichischen Verfassung verankert und muss seit 2013 im Rahmen der
wirkungsorientierten Haushaltsführung verpflichtend umgesetzt werden. Da viele Maßnahmen erst in Umsetzung
sind oder erst im Laufe der nächsten Jahre Wirkung zeigen können, kann der Bericht hier nur eine erste
Einschätzung geben. Prinzipiell sei das Gender Budgeting als nachhaltiger, durchsetzungsfähiger Prozess
sehr positiv zu werten. Mängel bei den Sanktionen und der Zielsetzung könnten seine Wirkung aber schwächen.
Der Bericht zitiert dazu die Einschätzung der Ergebnisse des Gender Budgetings, welche der Budgetdienst der
Parlamentsdirektion in der Budgetanalyse 2013 vornimmt. Das Bundesfinanzgesetz 2013 spreche zwar in den einzelnen
Ressorts die Problembereich an, die Relevanz, die Qualität und das Ambitionsniveau der einzelnen Zielsetzungen,
Maßnahmen und Indikatoren seien dabei aber durchaus unterschiedlich. Was die Zielsetzung betrifft, so fehle
ein systematischer, ressortübergreifender Ansatz, der die Endziele der Ressorts besser aufeinander abstimmt,
merkte der Budgetdienst an.
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