Wien (wifo) - In Österreich verläuft die Konjunktur weiterhin gedämpft. Die exportgetragene Sachgütererzeugung
leidet unter der anhaltenden Nachfrageschwäche im Euro-Raum. Handel und Tourismus verzeichneten zuletzt einen
Umsatzrückgang. Vorlaufindikatoren deuten auf eine zögerliche Verbesserung in Österreich hin. Auch
in der EU gewinnt die Konjunktur nur langsam an Kraft.
Der Welthandel expandiert anhaltend stabil. Zuletzt verbesserte sich die Exportkonjunktur vor allem in den Industrieländern,
während sie in den asiatischen Schwellenländern an Schwung verlor. Sowohl konjunktur- als auch strukturbedingt
schwächte sich das Wirtschaftswachstum in China im II. Quartal erneut ab.
Robust wuchs das BIP hingegen in den USA (II. Quartal +0,4% gegenüber dem Vorquartal, nach +0,3% im I. Quartal).
Der Anstieg von Konsum und Investitionen stimulierte die Wirtschaft. In den EU-Ländern blieb die Konjunktur
hingegen zuletzt verhalten. Jüngste Daten zeigen nach einer stetigen Ausweitung seit Februar einen neuerlichen
Rückgang der Industrieproduktion im EU-Durchschnitt und in Deutschland. Vorlaufindikatoren deuten dennoch
auf eine Belebung der Wirtschaft in den nächsten Monaten hin: Der Economic Sentiment Indicator der Europäischen
Kommission zeigt sowohl für die Konsumenten als auch die Unternehmen eine zuversichtlichere Zukunftseinschätzung.
Die Dämpfung der österreichischen Export- und Industriekonjunktur durch die ungünstigen internationalen
Rahmenbedingungen dürfte bereits nachlassen. Kumuliert von Jänner bis April 2013 lag der Wert der Exporte
bereits wieder über dem Niveau des Vorjahres. Die Ergebnisse des aktuellen WIFO-Konjunkturtests deuten auf
eine weitere, jedoch nur langsame Erholung der Sachgütererzeugung hin: Sowohl in der Beurteilung der aktuellen
Lage als auch in den unternehmerischen Erwartungen überwiegt die Skepsis, wenngleich sich die Tendenz zuletzt
leicht verbessert hat. Auch in der Bauwirtschaft bleibt die Stimmung gedämpft.
Im Tourismus blieben die Umsätze (nominell und real) von Mai bis Juni 2013 unter dem Vorjahresergebnis. Die
schwache Entwicklung ist auch auf eine zunehmende Spargesinnung der Gäste zurückzuführen, welche
sich in einem realen Rückgang des Aufwandes je Nächtigung widerspiegelt.
Die Inflationsrate betrug im Juni 2,2% (nach 2,3% im Mai). Seit Anfang 2011 wird der Preisauftrieb wesentlich durch
die Verteuerung in den Bereichen Nahrungsmittel, Wohnung, Wasser und Energie und Dienstleistungen bestimmt.
Die Konjunkturschwäche belastet weiterhin den Arbeitsmarkt. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen war im
Juli um 12,6% höher als im Vorjahr, mit den stärksten Zuwächsen in der Bauwirtschaft und der Sachgütererzeugung.
Im Vormonatsvergleich erhöhte sich die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt im Juli um 2,1%. Die saisonbereinigte
Arbeitslosenquote lag im Juli bei 7,8% (gemäß österreichischer Berechnungsmethode).
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte
Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen
in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte
Veränderungen" Bezug genommen.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone.
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten
von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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