Leoben/Wien (öaw) - Der Physiker Reinhard Pippan, tätig am Leobener Erich Schmid Institut für
Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), wird mit einem Advanced
Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet. Der mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotierte Preis
wird für ein Forschungsvorhaben vergeben, das Grundlagen für die Entwicklung von ultrahochfesten metallischen
Werkstoffen liefern soll.
Die Festigkeit von Konstruktionswerkstoffen liegt weit unter dem errechenbaren theoretischen Limit. Die Ursachen
dafür sind plastische Verformung und Materialfehler wie mikroskopisch kleine Risse, die bei der Herstellung
oder bei der Verwendung der Werkstoffe entstehen und kaum vermeidbar sind. Die Werkstoffe sollen dabei aber nicht
nur hochfest sein, sondern zugleich auch fehlertolerant: Ihre Festigkeit sollte durch kleine Fehler bei Herstellung
oder Verwendung nicht beeinträchtigt werden. Ein Ziel der Materialwissenschaftler ist daher, der theoretischen
Festigkeit näher zu rücken und trotzdem fehlertolerant zu bleiben.
Große Bedeutung kommt dabei der plastischen Verformbarkeit zu, die zwar die Festigkeit reduziert, zugleich
aber unbedingt erforderlich für die Fehlertoleranz ist: Materialien, die plastisch nicht verformbar sind,
versagen spröde und selbst sehr kleine Fehler führen zu einer sehr starken Verringerung der Festigkeit.
Ziel der Forschungsarbeit der Leobener Materialforscher wird es daher sein, den Aufbau der Werkstoffe so zu ändern,
dass die plastische Verformung erst einsetzt, kurz bevor die Bindungen zwischen den Atomen versagen.
Die Gruppe um Reinhard Pippan am Erich Schmid Institut hat in den letzten Jahren neuartige Möglichkeiten entwickelt,
um Materialien extrem stark zu verformen um damit in den Materialien ganz neue Strukturen mit sehr hohen Festigkeiten
zu realisieren. Gemeinsam mit der Montanuniversität Leoben wurde zudem eine weltweit einzigartige Vielfalt
von Techniken aufgebaut, die es erlaubt, die Festigkeit und die zum Versagen führenden Vorgänge auf unterschiedlichsten
Ebenen zu studieren. Die neuen Ideen und die Arbeiten, die Pippan zum Verständnis des Versagens von Werkstoffen
geleistet hat, sowie die Kombination von Möglichkeiten waren die entscheidenden Gründe für die Zuerkennung
des renommierten Forschungspreises.
Der ERC Advanced Grant wird für bahnbrechende Forschungsaktivitäten mit hohem Innovationspotential vom
European Research Council vergeben, gefördert werden anspruchsvolle und risikoreiche fünfjährige
Projekte in der Grundlagenforschung. Die nun an Pippan vergebene Auszeichnung ist der erst dritte ERC Grant, der
seit dessen Einführung 2007 in die Steiermark geht. Für die ÖAW stellt Pippans Preis den insgesamt
bereits 20. ERC-Grant dar, diese Zahl könnte sich in den nächsten Monaten noch weiter erhöhen.
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