Wofür im Land Salzburg 268 Millionen Euro
 ausgegeben werden

 

erstellt am
08. 08. 13
14.00 MEZ

Schellhorn präsentierte Sozialbericht 2012: Gut aufbereiteter Überblick über die sozialen und demografischen Entwicklungen
Salzburg (lk) - Der Sozialbericht 2012 des Landes Salzburg gibt einen gut aufbereiteten Überblick über die sozialen und demografischen Entwicklungen im Land Salzburg. Die Ausgaben des Landes in den Bereichen Bedarfsorientierte Mindestsicherung, geschlossene Sozialhilfe (Seniorenwohnhäuser), Behindertenhilfe, Jugendwohlfahrt und aktive Arbeitsmarktpolitik (Ressort Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer) in Höhe von 268 Millionen Euro werden darin in ihrer Tendenz und in absoluten Zahlen vorgestellt. Darüber berichteten Sozialreferent Landesrat Dr. Heinrich Schellhorn und Dr. Herbert Prucher, Leiter der Sozialabteilung des Landes, am 08.08. in einem Informationsgespräch in Salzburg.

Anstieg der Fälle und Ausgaben bei der Mindestsicherung
In der Mindestsicherung steigt die Zahl der unterstützten Menschen seit 2010 deutlich an. Der Zuwachs im Jahr 2012 betrug 3,6 Prozent. In absoluten Zahlen ist das eine Steigerung von 11.256 im Jahr 2011 auf 11.656 unterstützte Menschen im Jahr 2012.

Die Ausgaben für die Leistungen zur Unterstützung des Lebensbedarfs sowie des Wohnbedarfs aus der Mindestsicherung stiegen 2012 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 9,5 Prozent an.

Betrachtet man die unterstützten Bedarfsgemeinschaften nach der Art des ihnen zur Verfügung stehenden Einkommens, fällt auf, dass der Anteil der Personen, die zum Arbeitslosengeld, zur Notstandshilfe oder zu einem eigenen Einkommen aus beruflicher Tätigkeit eine Ergänzungsleistung aus der Mindestsicherung benötigt, kontinuierlich ansteigt.

Hohe Wohn- und Lebenshaltungskosten belasten Sozialbudget
"Die Zahlen machen deutlich, dass die Leistungen aus dem ersten Netz des Sozialversicherungssystems, aber auch viele Arbeitseinkommen aus voller beruflicher Tätigkeit nicht mehr zur Existenzsicherung ausreichen. Diese Entwicklung wird mittel- und langfristig die Sozialbudgets der Länder und Gemeinden überfordern. Die Länder und Gemeinden können mit Sicherheit nicht die Einsparungen im ersten Sozialversicherungsnetz ausgleichen und auch nicht einen immer größer werdenden Niedriglohnsektor, dessen Löhne auch bei voller Arbeitsleistung nicht mehr zum Leben reichen. Dazu waren sie auch nie gedacht. In Salzburg kommt das fatale Spannungsverhältnis zwischen den niederen Einkommen aus Pensionen, Arbeitslosenversicherung und Niedriglöhnen und den hohen Wohnkosten hinzu", so Landesrat Schellhorn.

Mehr Sozialhilfe für Pflege in Seniorenwohnhäusern
Zum Stichtag 31. Dezember 2012 wurden im Land Salzburg 4.892 alte Mitbürgerinnen und Mitbürger in Seniorenwohnhäusern betreut. 3.168 davon mussten mit Geldern aus der Sozialhilfe unterstützt werden. Dies entspricht einer Selbstzahlerquote von 35,24 Prozent. Die Selbstzahlerquote ist seit Jahren rückläufig: So konnten sich 2003 noch fast die Hälfte (48,84 Prozent) der Bewohnerinnen und Bewohner die Leistungen des Seniorenwohnheims selber finanzieren, im Vorjahr war es nur noch ein gutes Drittel.

Abflachung der Nachfrage nach Sozialen Diensten
In den sozialen Diensten wurden 3.793 Haushalte durch Leistungen der Haushaltshilfe und/oder Hauskrankenpflege unterstützt. 2012 stieg die Nachfrage nach den Leistungen der sozialen Dienste im Gegensatz zu den hohen Steigerungsraten der Vorjahre nur mehr leicht an.

In der Hauskrankenpflege wurden 2012 um 3,1 Prozent mehr Personen betreut, die geleisteten Stunden erhöhten sich jedoch nur um 1,4 Prozent. Die Stundenanzahl pro Klientin beziehungsweise Klient reduzierte sich damit von 15,3 auf 15 Stunden.

In der Haushaltshilfe stieg die Zahl der betreuten Personen 2012 um 7,8 Prozent an. Die geleisteten Stunden stiegen nur um 4,2 Prozent an. Auch in der Haushaltshilfe wurden somit durchschnittlich weniger Stunden pro Fall geleistet.

In der 24-Stunden-Betreuung, die in den vergangenen Jahren enorme Wachstumsraten aufwies, ist eine Abschwächung zu beobachten. Nach einer Steigerungsrate von 41 Prozent von 2010 auf 2011 war 2012 nur mehr eine Zunahme von 19 Prozent oder 140 Fällen zu verzeichnen. "Da keine gesetzlichen Änderungen vorgenommen wurden, die diese Abschwächung erklären würden, ist jedenfalls davon auszugehen, dass weitere Steigerungen nicht mehr parallel zur demografischen Entwicklung vor sich gehen werden", sagte Landesrat Schellhorn.

Bedarfsgerechter Wechsel zwischen ambulant und stationär
Während durch Haushaltshilfe oder Hauskrankenpflege überwiegend Personen bis Pflegegeldstufe 3 betreut werden (Haushaltshilfe 90 Prozent, Hauskrankenpflege 70 Prozent), werden in den Seniorenwohnhäusern zu rund 75 Prozent Personen in den Pflegegeldstufen 3 bis 7 betreut. Die durchschnittliche Pflegegeldstufe in den sozialen Diensten liegt derzeit bei 2,2, in Seniorenwohnhäusern bei 3,8.

74 Prozent der in Seniorenpflegeheimen betreuten Personen sind älter als 80 Jahre. In der Haushaltshilfe war rund die Hälfte aller betreuten Personen 80 Jahre und älter, in der Hauskrankenpflege waren 61,4 Prozent aller betreuten Personen älter als 80 Jahre.

"In Zukunft soll die Vernetzung zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten weiterverfolgt werden, um für die Kundinnen und Kunden den bedarfsgerechten Wechsel zwischen den unterschiedlichen Angeboten zu erleichtern", betonte Landesrat Schellhorn.

Beeinträchtigte werden älter, Zahl der Wohnunterbringungen steigt
Das Kapitel über die Behindertenhilfe (der von vielen Betroffenen als diskriminierend empfundene Begriff "Behindertenhilfe" stammt aus dem zur Zeit noch gültigen Salzburger "Behindertengesetz" aus dem Jahr 1981) wurde dieses Jahr im Sozialbericht völlig überarbeitet und bietet jetzt erstmals sehr detaillierte Zahlen zu den erbrachten Leistungen.

Beschäftigung, besonders in Werkstätten, und betreutes Wohnen bilden die Schwerpunkte der Behindertenhilfe. Vor allem in den Werkstätten für Menschen mit kognitiven und mehrfachen Beeinträchtigungen ist eine Fallzahlsteigerung von 6,7 Prozent gegenüber 2010 zu verzeichnen.

Die Wohnunterbringung in der Behindertenhilfe ist dadurch geprägt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen teilweise Jahrzehnte dort betreut werden. Auch die Lebenserwartung von Menschen mit schweren und multiplen Beeinträchtigungen steigt stetig. Es erfordert zwangsläufig den stetigen Ausbau betreuter Wohnplätze, um Menschen mit Beeinträchtigungen, die oft erstmals mangels anderer Betreuungsmöglichkeit eine Wohnunterbringung brauchen, diese notwendige Leistung auch gewähren zu können.

"In den vergangenen Jahren war auch zu beobachten, dass Wohnunterbringungen für Menschen mit Beeinträchtigungen, die ihr bisheriges Leben von ihren Eltern betreut wurden, erforderlich werden. Aber diese betreuenden Eltern werden selber älter und sind dann häufig mit dieser Aufgabe, die sie oft jahrzehntelang geleistet haben, überfordert", berichtete Schellhorn.

Fast vier Jahrzehnte von Eltern betreut
Stellvertretend soll hier der Fall von Frau S. als Beispiel für die Notwendigkeit des stetigen Ausbaus von Wohnplätzen geschildert werden: Frau S. ist im Alter von drei Jahren an Krupp erkrankt, was in der Folge zu einem Sauerstoffmangel führte. Dadurch kam es zu hypoxischen Hirnschädigungen, dies führte zu Erblindung und zu Bewegungseinschränkungen.

Dank jahrelanger Therapie und Trainings konnte erreicht werden, dass sie mit der Hilfe eines Rollators selbstständig gehen lernte. Bis zu ihrem 38. Lebensjahr wohnte Frau S. in der elterlichen Wohnung und wurde größtenteils von ihren Eltern betreut. Diese wurden aber selber älter. Die Belastungen, auch die rein körperlichen Belastungen wie etwa das Stützen in der beengten Wohnung, entwickelten sich zu einer Überforderung.

Als dann noch der Vater von Frau S. wegen fortschreitender Demenz in ein Seniorenwohnhaus musste, wurde die Unterbringung von Frau S. in einer Wohneinrichtung der Lebenshilfe notwendig. Ihre Mutter hätte die Pflege nicht mehr leisten können.

Jugendwohlfahrt: 2.065 unterstützte Kinder- und Jugendliche
Der Sozialbericht 2012 beinhaltet diesmal zugleich auch den – laut Gesetz alle fünf Jahre zu erstellenden – Jugendwohlfahrtsbericht und liefert sowohl eine detaillierte Darstellung der Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre als auch einen Ausblick auf die künftige Bedarfsentwicklung bis 2017.

Die Zahl der von der Jugendwohlfahrt (ab 2014 "Kinder- und Jugendhilfe") in Form von Erziehungshilfen unterstützten Kinder und Jugendlichen hat sich in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt und liegt 2012 bei 2.065. Davon sind rund zwei Drittel ambulante (familienunterstützende) Hilfen und ein Drittel Maßnahmen der "vollen" Erziehung, bei denen Kinder außerhalb ihrer Familie, vor allem in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften oder bei Pflegeeltern, leben.

86,5 Prozent aller Hilfen werden im Einvernehmen mit den Eltern erbracht. In 13,5 Prozent der Fälle muss mangels Einwilligung der Eltern eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. "Die Zahl der notwendigen Unterbringungen von Kindern und Jugendlichen außerhalb der Familien dürfte in den nächsten Jahren stabil bleiben – dies auch deshalb, weil Qualität und Quantität in der ambulanten Betreuung weiter ansteigen werden müssen", so Schellhorn.

Niederschwellige Angebote massiv ausgebaut
Die Jugendwohlfahrt bietet neben den ambulanten Diensten auch zahlreiche niederschwellig zugängliche präventive, ergänzende und begleitende Angebote. Dazu gehören etwa die Elternberatung, Streetwork oder die Notschlafstelle für Jugendliche.

Sowohl die ambulanten Dienste als auch die niederschwelligen Angebote konnten in den vergangenen Jahren teilweise massiv ausgebaut werden. Dies spiegelt sich auch in den Nettoausgaben für diese Aufgaben wider. Sie sind zwischen 2008 und 2013 um 36,5 Prozent gestiegen, in absoluten Zahlen von 22,6 Millionen Euro auf 30,8 Millionen Euro.

Unterhaltsansprüche: Jugendämter unterstützen in 9.000 Fällen
Schließlich haben die Jugendämter in jährlich rund 9.000 Fällen Kinder und Jugendliche bei der Geltendmachung und Hereinbringung ihrer Unterhaltsansprüche unterstützt. In jährlich mehr als 200 Fällen waren die Jugendämter als Träger der "Obsorge" für alle Belange von Kindern und Jugendlichen verantwortlich, etwa bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Schellhorn: Sparen nur durch Prävention
Landesrat Schellhorn sieht sich durch den Sozialbericht zweifach bestätigt: "Erstens darin, dass wir im Land Salzburg ein hohes Niveau der sozialen Sicherheit erreicht haben und dass die sozialen Hilfen und Dienste gut organisiert sind. Zum Zweiten sehe ich, dass es im Sozialbereich bestimmt auch die Möglichkeiten zu Effizienzsteigerungen gibt und immer über den optimalen Einsatz der Gelder nachgedacht werden muss, dass aber kurzfristig insgesamt kein Spielraum für Einsparungen besteht."

Mittel- und langfristig sind für Landesrat Schellhorn Einsparungen möglich, "wenn heute in Prävention investiert wird. Insbesondere für Kinder- und Jugendliche muss jede Hilfe zur Verfügung gestellt werden, die benachteiligte Kinder für einen fairen Start ins Leben brauchen. Es gilt, die oft über Generationen weitergegebenen Benachteiligungen zu durchbrechen. Wenn wir irgendeinen Spielraum schaffen können, dann werden wir hier einen Schwerpunkt setzen."

Nachgedacht müsse auch intensiv über die "Fallführung" von mehrfach durch unterschiedliche soziale Einrichtungen betreute Erwachsene werden, so wie das in der Jugendwohlfahrt gesetzlich Aufgabe der Jugendämter ist. "Es gibt Menschen, die mehrere Einrichtungen frequentieren, sehr viel Energie und öffentliche Gelder beanspruchen, denen es aber nie wirklich besser geht", so Schellhorn.

Stolz auf den Sozialstaat und Zusammenhalt in Salzburg
Sozialreferent Landesrat Schellhorn möchte insgesamt zu einer positiven Haltung gegenüber dem Sozialstaat beitragen. "Wir haben allen Grund, stolz zu sein auf die Leistungen, die das Land Salzburg für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen Hilfe brauchen, gibt und auch geben kann. Das hält ein Land zusammen. Das ist gut für die ganze Gesellschaft, auch für die heute noch Gesunden, die Jungen, die Leistungsfähigen und Wohlhabenden."

Schellhorn geht es auch darum, dass "wieder mit einem besseren Gefühl Steuern bezahlt werden – dies im Bewusstsein, dass damit etwas Vernünftiges geschieht. Wenn jemand daran zweifelt, nehme ich ihn oder sie gerne einmal in eine soziale Einrichtung mit", so Schellhorn, der sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialabteilung des Landes bedankte: "Sie haben mit dem Sozialbericht einen perfekten Überblick vorgelegt. In dieser Abteilung wird tagtäglich gesellschaftlich sehr wertvolle Arbeit geleistet."

 

 

 

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