Pfalzen/Bozen (lpa) - Fünf Jahre Amtszeit in zehn Punkten: Landeshauptmann Luis
Durnwalder hat am 16.08. seine letzte Sommerpressekonferenz in Pfalzen genutzt, um die wichtigsten Themen Revue
passieren zu lassen.
Finanzen, Krise, Bildung
Als einen der wesentlichsten Schritte in der Entwicklung der Autonomie in den letzten fünf Jahren nannte Durnwalder
den Abschluss des Mailänder Abkommens, mit dem das Prinzip der "Neun Zehntel auf alles" in die Finanzierung
der Autonomie aufgenommen worden war. Seit dem Mailänder Abkommen gehen demnach neun Zehntel aller in Südtirol
eingehobenen Steuern wieder zurück ins Land, dafür verzichtet dieses auf rund 500 Millionen Euro jährlich
als Beitrag zur Sanierung des Staatshaushalts. "Wir sind überzeugt, dass wir damals ein gutes Abkommen
geschlossen haben, nur hat die Regierung Monti sich in vielen Bereichen nicht daran gehalten", so das Fazit
des Landeshauptmanns. Gelder seien einbehalten, Sparvorgaben gemacht, Eingriffe in die Kompetenzen getätigt,
Landesgesetze angefochten worden.
Eine neue Ära der Beziehungen mit Rom soll nun auf der Basis des vor einigen Tagen unterzeichneten Letta-Memorandums
eingeläutet werden. "Wir haben die berechtigte Hoffnung, dass wir all das, was uns in den letzten Jahren
zu Unrecht genommen worden ist, wiederherstellen können", so Durnwalder. Den Anfang habe man bereits
mit Raumordnung und Handel gemacht, weiter gehe es mit der Toponomastik, mit einer Überprüfung der Zuweisungen
für angrenzende Gebiete und - weiter reichend - einer Neuregelung der Finanzen: "Unser Ziel ist, die
Steuern selbst einzuheben und dann das Rom zustehende Zehntel zu überweisen", so der Landeshauptmann.
Zudem solle ein Betrag vereinbart werden, den Südtirol zur Sanierung des Staatshaushalts beitrage: "Wie
wir diesen Betrag aufbringen, wo wir einsparen und wie viel, das muss aber unsere Entscheidung sein", erklärte
Durnwalder heute.
Überschattet worden sei die Amtszeit indes von der Krise, die auch Südtirol erfasst habe. "Auch
wenn die Wirtschaftsdaten im Vergleich zu anderen Regionen nach wie vor gut sind, gibt uns doch die Arbeitslosigkeit
von 4,1 Prozent zu denken und noch mehr die Jugendarbeitslosigkeit von rund elf Prozent", so der Landeshauptmann.
Den Folgen der Krise habe die Landesregierung von Anfang an gegenzusteuern versucht und auch die Ursachen seien
bekämpft worden: mit Impulsen für die Wirtschaft, mit neuen Fördermöglichkeiten, mit der Stärkung
von Export, Forschung und Entwicklung, mit der Erleichterung des Steuerdrucks, aber auch mit dem Einleiten von
Sonderprogrammen zur Schaffung von Jobs. "Unser Ziel ist, die Beschäftigungsquote bis 2020 auf 81 Prozent
zu steigern, dafür müssen wir 21.000 Jobs schaffen", so Durnwalder. Der Weg dahin soll über
weitere Impulse für die Wirtschaft ebenso führen, wie über Erleichterungen für Unternehmen,
die Arbeitsplätze schaffen.
Ein Konjunkturprogramm ist für den Landeshauptmann auch das Tauschgeschäft, das man mit verschiedenen
staatlichen Stellen eingegangen sei, allen voran mit dem Heer bzw. der Bahnverwaltung. Das Prinzip sei dabei immer
dasselbe: Das Land übernehme Arbeiten für den Staat, dieser trete im Gegenzug nicht mehr gebrauchte Flächen
ab. "Allein das Tauschgeschäft mit dem Heer umfasst Arbeiten und Abgaben im Wert von je 210 Millionen
Euro", so Durnwalder. Damit werde nicht nur der Bauwirtschaft Auftrieb verliehen, es gingen auch für
die Dorf- und Stadtentwicklung wichtige Flächen an das Land. "Und zudem entlasten wir den Wohnungsmarkt,
weil die Berufssoldaten und deren Familien auf den Kasernengeländen untergebracht werden können",
so der Landeshauptmann.
Als zentral hob Durnwalder zudem den Bereich der Bildung hervor, der in der ablaufenden Amtszeit von Grund auf
reformiert worden sei: Oberstufenreform, Vereinheitlichung des Schulkalenders, neuer Schulverteilungsplan und nicht
zuletzt auch die Reform der Schulverwaltung durch die Schaffung eines Bildungsressorts, das Schulen, Berufsbildung,
Musikschulen und die Pädagogischen Institute umfasse, hätten eine neue, zeitgemäße Bildungslandschaft
in Südtirol entstehen lassen.
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Bauten, Energie, Euregio
Die Fertigstellung der großen Infrastrukturprojekte und der Ausbau des Breitbandnetzes, die autonome
Südtiroler Energiepolitik, der Bürokratieabbau in der öffentlichen Verwaltung und die grenzüberschreitenden
Projekte im Rahmen der Europaregion nannte Landeshauptmann Luis Durnwalder im zweiten Teil seines Überblicks
zur Arbeit der Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren.
Zwar seien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zahlreiche Infrastrukturprojekte umgesetzt worden, dennoch
müssen noch große Bauvorhaben, vor allem im Bereich der Verkehrsinfrastrukturen verwirklicht werden,
so Landeshauptmann Durnwalder: "In den vergangenen Jahren haben wir uns auf den Bau der Umfahrungen in Brixen,
Meran, Leifers und entlang der Pusterer Straße konzentriert und müssen diese Vorhaben noch zu Ende bringen.
Genauso wichtig sind aber unsere Projekte im Bereich der Eisenbahn. Hier müssen wir nicht nur einige große
Bahnhöfe wie jene in Meran, Brixen, Bruneck oder Innichen aus- und umbauen, sondern auch versuchen, die Verbindungen
zwischen Nord-, Süd- und Ostirol zu verbessern. Sobald die ersten FLIRT-Züge zur Verfügung stehen,
werden wir sie auf der Brenner-Achse einsetzen, damit das Umsteigen an der Staatsgrenze endlich der Vergangenheit
angehört." Durnwalder ging auch auf die neue Verkehrslösung für das Überetsch ein: "Der
Metrobus ist ein Vorhaben, das wir in wenigen Jahren verwirklichen können und der die Verkehrsflüsse
von Kaltern und Eppan nach Bozen optimieren wird. Der Bau einer Bahnverbindung ist hingegen nicht realistisch.
"Ein Infrastrukturprojekt ist Durnwalder besonders wichtig: Der Ausbau des schnellen Internets. „Dieses wichtige
Programmvorhaben biegt nun in die Zielgerade ein. 93 Gemeinden sind bereits an das Glasfasernetz des Landes angeschlossen.
Bis Jahresende versetzen wir alle Gemeinden in die Lage, die öffentlichen Strukturen und die Haushalte anzuschließen.“
Ein wesentlicher Bereich der vergangenen fünf Jahre Regierungspolitik ist für Durnwalder die Energie.
"Eine autonome Energiepolitik ist unglaublich wichtig. Wir haben es geschafft, die Kompetenzen dafür
zu bekommen und Abkommen mit Edison und ENEL zu schließen." Durnwalder betonte, dass Südtirol über
seine Energiepolitik und die Förderung alternativer, erneuerbarer Energiequellen bis 2015 75 Prozent der Energie
aus Wasserkraft, Biomasse, Sonnenenergie und Erdwärme abdecken will. "Unser Ziel ist es, Südtirol
zum Klimaland zu machen. Neben der Verwendung erneuerbarer Energie haben wir auch beim Energieverbrauch von Gebäuden
bereits entscheidende Fotschritte gemacht und sind jetzt bei einem Verbrauch von fünf Litern Heizöl pro
Quadratmeter bei Neubauten." Durnwalder betonte, dass er im Energiesektor stolz auf das Erreichte sei, nicht
jedoch "auf die strafrechtlichen Dinge". 50 Millionen Euro, so Durnwalder, fließen dank der Kompetenzen
im Energiebereich nun alleine an Steuern jährlich in den Haushalt des Landes. Außerdem können die
Gemeinden in den kommenden 30 Jahren mit 432 Millionen Euro an Umweltgeldern rechnen. Durnwalder betonte, dass
er in Sachen Konzessionsvergabe immer noch auf einen Kompromiss hoffe und so eine Neuausschreibung vermieden werden
könne.
Ein wichtiges Anliegen in der Regierungsarbeit von Durnwalder in den vergangenen fünf Jahren war der Bürokratieabbau:
Es seien Abteilungen zusammengelegt worden, weniger externe Aufträge vergeben, die zentrale Vergabestelle
eingerichtet und die Gewerbegebietsreform umgesetzt worden. Als wesentliches Projekt in Sachen Entbürokratisierung
bezeichnete der Landeshauptmann die einheitliche Einkommens- und Vermögenserklärung EEVE. Die 150.000
Erklärungen, die pro Jahr abgegeben werden, würden die Zuweisung der Sozialleistungen effizienter und
gerechter machen und dem Bürger Amtsgänge ersparen.
Die Europaregion Tirol ist vor zwei Jahren als EVTZ institutionalisiert worden, habe darüber hinaus aber viel
mehr gebracht, als ihr gemeinhin zugebilligt werde, ist Landeshauptmann Durnwalder überzeugt: „Die Europaregion
existiert nicht nur auf dem Papier. Wir haben eine ganze Reihe von Tagungen veranstaltet, den Erfahrungsaustausch
im Bildungsbereich intensiviert, arbeiten an gemeinsamen Verkehrslösungen und einer Zusammenarbeit im Stromsektor.“
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Unerledigtes und Vorhaben
Mehr als man eigentlich vorgehabt hätte, habe man in der ablaufenden Amtszeit umgesetzt, trotzdem seien
zwei Punkte offen geblieben: die Regelung der Toponomastik und die Verabschiedung des LEROP. Dass die Amtszeit
indes noch nicht zu Ende ist, zeigt die Liste der Vorhaben von Landeshauptmann Luis Durnwalder: Sie reicht von
der Umsetzung des Letta-Memorandum bis hin zum Bausparen.
Die Sommerpressekonferenz in Pfalzen, auch wenn es die letzte war, wollte der Landeshauptmann nicht missverstanden
wissen: "Diese Pressekonferenz ist kein Abschluss, wir arbeiten bis zum Ende der Amtszeit weiter und haben
in dieser Zeit noch einiges umzusetzen", so der Landeshauptmann, der ein übergeordnetes Ziel der letzten
fünf Jahre definiert hat: "Wir wollten weiter am Wohlstand unseres Landes bauen und diesen zugleich immer
stärker in Wohlbefinden der Bevölkerung umwandeln", so Durnwalder. Das Koalitionsabkommen sei weitgehend
umgesetzt worden, so der Landeshauptmann. Mehr noch: "Wir haben mehr umgesetzt, als wir uns anfangs der Legislatur
vorgenommen hatten", erklärte er heute. Allerdings gebe es zwei Punkte, die man noch auf der To-Do-Liste
habe bzw. die offen geblieben seien: die Regelung der Toponomastik sowie die Verabschiedung des LEROP.
Den LEROP sei man zwar angegangen, es habe Analysen und Studien gegeben, nur abgeschlossen habe man ihn nicht.
"Klar ist allerdings, dass in der Entwicklung des Landes der Schutz von Grund und Boden Vorrang haben muss",
so Durnwalder heute. Zudem gehe es darum, die Infrastruktur zu erheben und gleichzeitig zu definieren, was noch
notwendig sei. "Was die Raumentwicklung betrifft, so geht es immer mehr in Richtung Nutzung des Bestehenden",
so der Landeshauptmann. Würde man ungenutzten Wohn- und Gewerberaum nutzen, müssten kaum noch neue Wohn-
bzw. Gewerbegebiete ausgewiesen werden.
Das zweite offene Vorhaben sei die Regelung der Toponomastik. "Seit zehn Jahren versuchen wir, dieses Problem
zu lösen und müssen dabei zwischen den extremen Positionen vermitteln", so Durnwalder. Es sei ein
Kompromiss nötig und erste Schritte in diese Richtung seien auch bereits gemacht worden, etwa mit dem Fitto-Durnwalder-Abkommen
zur Wegebeschilderung, in dem erstmals auch von der Regierung in Rom anerkannt worden sei, dass es eine unterschiedliche
Regelung für Orts- und Flurnamen brauche. "Wir verhandeln in Rom weiter, müssen auch sicher das
angefochtene Landesgesetz abändern, ich bin aber überzeugt, dass wir eine Lösung finden werden",
so der Landeshauptmann heute.
Weitergearbeitet werde indes bis zum Ende der Amtszeit. Durnwalder nannte auch einige konkrete, noch umzusetzende
Vorhaben. So müssten die EU-Programme für die Zeit nach 2014 vorbereitet und Verhandlungen rund um die
Finanzaufteilung geführt werden. "Wir rechnen damit, dass wir wieder etwa die selbe Finanzausstattung
haben werden, also rund 120 Millionen Euro pro Jahr", so Durnwalder. Offen sei auch noch die schrittweise
Umsetzung des Letta-Memorandums, das bereits angegangen worden sei. "Hier geht es um eine Regelung der IMU
und danach um eine grundlegende Änderung des Finanzierungssystems unseres Landes", so der Landeshauptmann,
der als wichtigste Punkte die Einhebung der Steuern durch das Land sowie einen definierten Beitrag zur Sanierung
des Staatshaushalts nannte.
Noch umgesetzt werden sollen auch das Bauspar-Gesetz, das einen neuen Weg zu den eigenen vier Wänden darstellen
soll, sowie die Aufteilung der 250 Millionen Euro, die für innovative Wege der Wirtschaftsförderung über
die Südtirol Finance zur Verfügung stehen. Neu geregelt werden sollen zudem die Konzessionsvergaben für
die Stromproduktion und auch die Delegierung der Zuständigkeiten für öffentliche Veranstaltungen
an die Gemeinden soll noch angegangen werden.
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