Kommunikativer Workshop zur Europäischen Union 2.0 und der Bedeutung der Sozialpartner
in Europa
Alpbach/Wien (pwk) - Europa und die Europäische Union stehen vor großen Herausforderungen und
Reformen, notwendig geworden durch die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen und Umbrüche.
Welche Rolle dabei den Sozialpartnern sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene zukommt bzw. in
Zukunft zukommen soll, war Gegenstand eines hochkarätig besetzten Arbeitskreises im Rahmen der Alpbacher Persepktiven
2013: Fabiana Pierini als Vertreterin der EU-Kommission, Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ), Patrick Itschert, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes,
sowie Winfried Kluth, Professor für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
und Mitglied des Landesverfassungsgerichtes Sachsen-Anhalt diskutierten mit den Workshop- Teilnehmerinnen und –Teilnehmern
die Bedeutung und Rolle der Sozialpartner und deren Ansprüche und Ziele in einer „Europäischen Union
2.0“. Laut einer aktuellen Umfrage von Ecoquest sind rund sieben von zehn ÖsterreicherInnen (69%) dafür,
dass die Sozialpartner auf europäischer Ebene stärker einbezogen werden und mehr Verantwortung übernehmen
sollen.
Fabiana Pierini: Sozialpartner stimulieren Wachstum und Wettbewerb
„Sozialpartner stimulieren Wachstum und Wettbewerb“, sagte Fabiana Pierini, Expertin für Arbeitsmarktfragen
in der EU-Kommission in Brüssel, und unterstrich damit die Bedeutung der Sozialpartnerschaft in Europa. Der
Sozialpartnerdialog müsse aber weiter an Nachhaltigkeit gewinnen, so Pierini.
Leitl an die EU: „Vom Nachdenken, Reden und Analysieren ins Handeln kommen“
„Wir Sozialpartner haben eine Verantwortung und einen klaren Auftrag“, sagte WKÖ-Präsident Christoph
Leitl in seinem Statement beim Workshop. Die Sozialpartner vermitteln in ihren jeweiligen Bildungseinrichtungen
jede Menge Wissen und Fähigkeiten, die Wirtschaftskammer habe zusätzlich ein exzellentes Außenwirtschafts-System
mit derzeit 116 Anlaufstationen in aller Welt aufgebaut. Und neben vielen anderen Aufgaben umfasse der Auftrag
der Sozialpartner unter anderem auch, der Politik und der EU praktisches Know-How und Expertise zur Verfügung
zu stellen.
Jetzt gehe es aber seitens der Verantwortlichen darum, vom Nachdenken, Analysieren und Reden ins Handeln zu kommen,
forderte Leitl. Konkret müsse die EU vehement am Ziel arbeiten, die Jugendarbeitslosigkeit bis 2020 um 50
Prozent von derzeit 6 auf dann 3 Millionen zu reduzieren. Leitl schlug vor, von den vorgesehenen Förderungen
in Höhe von 6 Milliarden Euro die Hälfte in die Hand zu nehmen, „um jedem europäischen Betrieb 10.000
Euro Garantie für jeden arbeitslosen Jugendlichen zu geben, dem er eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz
gibt.“ Weiters gelte es, jene Fähigkeiten, die Jugendliche im Arbeitsleben brauchen, vertiefend zu vermitteln
sowie den Austausch von Erfahrungen aus der Praxis in Ausbildungsbetrieben in Europa voranzutreiben mit dem Ziel
„learn from the best to become the best“. Auch dabei seien die Sozialpartner unverzichtbar.
Akademischer Experte Kluth für ein breiteres Verständnis von Sozialpartnerschaft
Universitätsprofessor Winfried Kluth, Experte in Sachen Kammerwesen und Kammerrecht, wies in seinen Ausführungen
nicht nur auf die europaweit sehr unterschiedlichen Ausprägungen der Sozialpartnerschaft hin. Wichtig zu sehen
sei die Notwendigkeit für ein breiteres Verständnis von Sozialpartnerschaft: Aktuell liege der Sozialpartner-Fokus
auf „Economy“. Jedoch steige die Zahl jener Menschen, die nicht, noch nicht oder nicht mehr im Berufsleben stehen.
Auch für deren Anliegen könnten und sollten die Sozialpartner „Lautsprecher“ sein, so Kluth.
Patrick Itschert: Vorsicht bei der Adaptierung einmal bewährter Modelle
Patrick Itschert, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), plädierte
dafür, bei Umsetzung von Modellen, die sich in einem Land als erfolgreich erwiesen haben (wie etwa „Flexicurity“
in Dänemark), große Vorsicht walten zu lassen. Nach einer von ihm konstatierten Schwächung der
Sozialpartnerschaft auf europäischer Ebene rund um das Jahr 2000 habe man aktuell einen „Moment der Wahrheit“
erreicht. Es brauche vor dem Hintergrund des „lack of leadership“ seitens der Politik mehr denn je starke Repräsentanten
der Sozialpartnerschaft, so Itschert.
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