Sprit fürs Hirn

 

erstellt am
02. 09. 13
14.00 MEZ

WissenschafterInnen der Uni Graz entdecken natürliches Mittel gegen Demenz
Graz (universität) - Probleme im Alltag, eingeschränktes Urteilsvermögen, Vergesslichkeit: Demenz ist eine schleichende Krankheit, von der in Österreich rund 100.000 Personen betroffen sind. Verursacht wird die altersabhängige Erkrankung nach aktuellem Stand der Forschung von verklumpten Proteinen, die sich vermehrt im Gehirn ablagern und wichtige Funktionen einschränken. WissenschafterInnen der Karl-Franzens-Universität Graz und der Freien Universität Berlin haben nun ein natürliches Mittel gegen Demenz entdeckt: „Die Zugabe der körpereigenen Substanz Spermidin stoppt den Rückgang der Erinnerungsfähigkeit“, bestätigen Univ.-Prof. Dr. Frank Madeo und Prof. Dr. Stephan Sigrist. Die aufsehenerregenden Ergebnisse wurden in der renommierten Zeitschrift „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.

In ihrer Studie untersuchten Frank Madeo vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz und Stephan Sigrist, Freie Universität Berlin, an Fliegenmodellen den im Alter zunehmenden Gedächtnisschwund. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Vorgänge im menschlichen Gehirn ziehen: „Tierische Organismen bilden Erinnerungen auf ganz ähnlichen molekularen Wegen wie der Mensch ab“, erklären die Forscher. So wie beim Menschen etwa ab dem 50. Lebensjahr ein langsamer Gedächtnisschwund einsetzt, wurde auch bei Fliegen derselbe Vorgang beobachtet. Sigrist und Madeo suchten mit ihren Teams nach Substanzen, die dem entgegenwirken könnten.

Ein Molekül, dessen Anti-Aging-Wirkung bereits 2009 von Madeos Forschungsgruppe entdeckt wurde, galt als interessanter Kandidat: Spermidin, eine Substanz, die nicht nur in der männlichen Samenflüssigkeit, sondern auch in Soja, Grapefruits und Weizen enthalten ist, löst den zellulären Reinigungsprozess Autophagie aus. „Autophagie räumt den in den Zellen angesammelten Müll, unter anderem auch verklumpte Proteine, auf und führt sie dem zellulären Magen zu, wo sie aufgelöst werden“, erklärt Madeo. Die Zugabe von Spermidin minimierte tatsächlich die Menge der Proteinabfälle in den Fliegenhirnen und schraubte so die Erinnerungsleistung wieder auf ein jugendliches Niveau.

Möglich wurde die Messung von Spermidin in dieser Studie durch die enge Zusammenarbeit mit HAELTH – dem Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der JOANNEUM RESEARCH in Graz. Das ExpertInnenteam rund um Mag. Dr. Christoph Magnes und Priv.-Doz. Dr. Frank Sinner entwickelte im High-end Massenspektrometrielabor von HEALTH die notwendige analytische Methode zur Messung von Spermidin und führte die Messungen auch durch. Die ausgezeichnete Kooperation mit der steirischen Forschungsschmiede – sowohl auf wissenschaftlicher als auch struktureller Basis - erwies sich ein weiteres Mal als gewinnbringend.

„Sollte es gelingen, mit Spermidin als Nahrungsergänzung auch nur eine geringfügige Verzögerung des Einsetzens von Demenzerkrankungen zu erreichen, könnte dies sowohl für Einzelne als auch für die Gesellschaft insgesamt einen Durchbruch bedeuten“, hoffen Madeo und Sigrist. PatientInnen-Studien sind ihr nächstes Ziel.

Publikation
Varun K Gupta, Lisa Scheunemann, Tobias Eisenberg, Sara Mertel, Anuradha Bhukel, Tom S Koemans, Jamie M Kramer, Karen S Y Liu, Sabrina Schroeder, Hendrik G Stunnenberg, Frank Sinner, Christoph Magnes, Thomas R Pieber, Shubham Dipt, André Fiala, Annette Schenck, Martin Schwaerzel, Frank Madeo & Stephan J Sigrist
Restoring polyamines protects from age-induced memory impairment in an autophagy-dependent manner
Nature Neuroscience, Advanced Online Publication, 1.9.2013, doi:10.1038/nn.3512

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at