Wien (wifo - Mit 0,04% des BIP sind die Risikokapitalinvestitionen in heimische Unternehmen im internationalen
Vergleich gering. Eine Gegenüberstellung der Standortfaktoren für Risikokapital spiegelt die Stärken
des österreichischen Wirtschaftsmodells wider: Es ist auf stetiges Wachstum ausgerichtet und bietet in diesem
Segment erfolgreich Finanzierungsvarianten für kleine und mittlere Unternehmen an. Andererseits sind die Finanzierungsinstrumente
im hochriskanten Frühphasen- und Wachstumssegment schwach ausgeprägt. Selbst unter Berücksichtigung
systemischer Unterschiede gegenüber den Vergleichsländern weist Österreich daher ein beträchtliches
Potential zur Ausweitung der Risikokapitalinvestitionen auf.
Risikokapitalgeber investieren in Unternehmen mit großem Wachstums- bzw. Ertragssteigerungspotential und
nehmen somit eine wichtige Rolle im Innovations- und Finanzierungssystem ein. Der österreichische Risikokapitalmarkt
ist im internationalen Vergleich unterentwickelt und nutzt das damit verbundene Wachstums- und Beschäftigungspotential
nicht. Lediglich 0,04% des Bruttoinlandsproduktes wurden im Durchschnitt der Jahre 2007/2011 als Venture Capital
und Wachstumsfinanzierung zur Verfügung gestellt, wesentlich weniger als etwa in Belgien, Dänemark oder
den Niederlanden (jeweils 0,09%) oder in Deutschland (0,06%).
Die Bestimmungsfaktoren für die Höhe von Risikokapitalinvestitionen sind, wie ein internationaler Vergleich
zeigt, neben dem Finanzierungs- und Innovationssystem auch das Regulierungsumfeld der Branche, die Industriestruktur
eines Landes sowie dessen Unternehmensdynamik, die den Pool möglicher Investitionsprojekte bestimmt. Das österreichische
Wirtschaftsmodell ist auf stetiges Wachstum ausgerichtet; das spiegelt sich in einer relativ geringen Gründungs-
und Wachstumsdynamik der Unternehmen sowie in der bankbasierten Finanzierungsstruktur der österreichischen
Wirtschaft. Diese bietet zwar erfolgreich Finanzierungsvarianten für kleine und mittlere Unternehmen mit konservativen
Geschäftsplänen an, die Finanzierungsmöglichkeiten im hochriskanten Frühphasen- und Wachstumssegment
sind jedoch schwach ausgeprägt.
Unter Berücksichtigung systemischer Unterschiede gegenüber den Vergleichsländern ergeben Modellberechnungen
ein beträchtliches Aufholpotential für Risikokapitalinvestitionen in Österreich. Wählt man
etwa Dänemark als Benchmark, müsste sich die Quote verdoppeln und im Vergleich zu Finnland sogar mehr
als vervierfachen.
Der Investitionsstandort Österreich kann von einer Anpassung des Finanzierungssystems profitieren. Das Ziel
sollte eine Umstellung vom vorwiegend auf stetiges Wachstum ausgerichteten System auf eine Koexistenz mit erhöhter
Risikokapitalfinanzierung sein. Erfolgreiche Beispiele dafür sind Finnland oder Deutschland. Dadurch kann
das Wachstumspotential - unter weitgehender Beibehaltung der Vorteile des stetigen Systems - realisiert werden.
Aus wirtschaftspolitischer Sicht sind die Beseitigung von Schwachstellen in der Regulierung sowie eine Steigerung
der Transparenz von Venture-Capital-Fonds vorrangig. Die Anpassung der Veranlagungsrichtlinien für potentielle
institutionelle Investoren und öffentliche Garantien in der Anlaufphase würden die Verbreitung von Risikokapital
ebenfalls steigern. Indirekt profitiert die Branche von einer weiteren Stärkung des heimischen Innovationssystems
und einer Erhöhung innovativer Unternehmensgründungen.
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