EU-Ausschuss des Bundesrats unterstützt Kommissionsplan zum besseren Schutz des Gemeinschaftsbudgets
Wien (pk - Die EU will Betrug und Korruption mit Geldern aus dem Gemeinschaftsbudget verstärkt den
Kampf ansagen. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise konkretisierte die EU-Kommission jetzt den schon mehr als zehn
Jahre lang angedachten Plan zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (EStA). Diese neue EU-Behörde
soll mit größerem Nachdruck als nationale Stellen bei Straftaten gegen den Unionshaushalt tätig
werden, heißt es im entsprechenden Verordnungsentwurf der Kommission, den der EU-Ausschuss des Bundesrats
am 11.09. diskutierte.
Bundesrat: EU-Gelder im Sinne Österreichs schützen
Unisono meinten die BundesrätInnen dazu, Österreich habe als Nettozahlerland größtes Interesse
an einem effizienten Vorgehen gegen Finanzbetrug mit EU-Mitteln. Österreich solle daher in der Ratsarbeitsgruppe
zur Thematik auf eine möglichst rasche Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft drängen,
appellierte Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V). Allein 2011 seien laut Kommission rund 700 Mio. € aus dem EU-Budget
durch kriminelle Machenschaften verschwunden, gab Grün-Bundesrat Marco Schreuder (G/W) zu bedenken. Die Zuständigkeit
der EStA soll gemäß Kommissionsplan auf Delikte gegen die finanziellen Interessen der EU beschränkt
sein, etwa auf die Veruntreuung von EU-Fördermitteln. Bei einstimmigem Beschluss durch den Europäischen
Rat könnte die EStA zudem auch gegen schwere grenzüberschreitende Kriminalität mobil machen. Die
bestehende EU-Behörde zur justiziellen Zusammenarbeit Eurojust, sowie Europol und das Europäische Amt
für Betrugsbekämpfung (OLAF) sind wegen ihrer eingeschränkten Zuständigkeit nicht in der Lage,
den Schutz des EU-Budgets ausreichend zu gewährleisten, argumentiert die Kommission in ihrem Entwurf.
Für das Justizministerium sprach sich im Ausschuss auch Sektionschef Christian Pilnacek klar für die
Etablierung einer Europäischen Staatsanwaltschaft aus. Immerhin biete der Vertrag von Lissabon nunmehr diese
Option. Allerdings habe die Kommission momentan einen Zeitraum bis 2023 für die Umsetzung der grenzübergreifenden
unabhängigen Strafverfolgungsbehörde ins Auge gefasst, da mehrjährige Verhandlungen im Rat zu erwarten
seien, merkte er an. Zwar nehme die Ratsarbeitsgruppe zur EStA ihre Arbeit im Herbst 2013 auf, doch zeichne sich
bereits ab, dass sich die Debatten wohl diffizil gestalten, wie Pilnacek sagte. Besonders größere Mitgliedsstaaten
könnten die Befürchtung hegen, in der neuen Behörde mit einer kleinen Zentrale bei Eurojust in Den
Haag nicht ausreichend repräsentiert zu sein. Da für die Verordnung zur EStA ein besonderes Gesetzgebungsverfahren
vorgesehen ist, muss der Rat der EU einhellig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments den Entwurf annehmen.
Kommt kein einstimmiger Beschluss aller 28 Mitgliedsländer zustande, wäre eine EStA auch von mindestens
neun EU-Staaten mittels einer Verstärkten Zusammenarbeit umsetzbar.
Effizientes Arbeiten der EU-Staatsanwaltschaft absichern
Als Kritikpunkte Österreichs beschrieb Pilnacek neben dem Fehlen einheitlicher europäischer Verfahrensbestimmungen,
dass die Kommission im gegenwärtigen Vorschlag eine zu geringe Personalausstattung der EStA mit jeweils nur
einem/r europäischen Staatsanwalt/wältin in jedem Mitgliedsstaat vorschreibt. Dadurch hätten auch
zukünftig nationale Behörden den Großteil der Ermittlungsarbeit zu übernehmen, obwohl eigentlich
die EU das Opfer der untersuchten Finanzdelikte sei. Ebenso müsse hinterfragt werden, weswegen keinem EU-Gericht
die Kontrolle der EStA obliegt, so der Sektionschef. Geht es nach dem Vorhaben der EU-Kommission, sollten delegierte
Europäische StaatsanwältInnen in den Mitgliedsstaaten die Ermittlungsmaßnahmen nach innerstaatlichem
Recht leiten, und die Ermittlungsverfahren würden von nationalen Gerichten kontrolliert.
Problematisch wertete Bundesrat Stefan Schennach (S/W) im Zusammenhang mit den geringen Ressourcen der EStA die
Sicherung einer EU-weit gleichwertigen Effizienz der Strafverfolgung von Delikten gegen das Gemeinschaftsbudget,
unabhängig von der Qualität des Justizsystems im jeweiligen Mitgliedsland. Eine organisatorische Verschmelzung
der EStA mit OLAF wäre hier beispielsweise sinnvoll. Jedenfalls müsse es eine Untergrenze bei den Straftaten
geben, sodass der Fokus auf schweren Kriminalfällen liege, betonte der SPÖ-Mandatar. Pilnacek erwiderte
daraufhin, die Kommission sehe bei geringfügigen Fällen vereinfachte Verfahren durch Vergleich bzw. eine
pauschale Geldstrafe vor. Teilweise sollten außerdem Planstellen von OLAF an die neue Strafbehörde übertragen
werden. Insgesamt erhofft die EU beschleunigte Ermittlungen und eine höhere Strafverfolgungsquote durch die
EStA, geht aus dem Kommissionspapier hervor.
|