Konjunkturwende in Österreich, Dynamik noch schwach

 

erstellt am
10. 09. 13
14.00 MEZ

Wien (wifo) - Während sich die Wirtschaft außerhalb Europas recht unterschiedlich entwickelt, zeigen sich in der EU vermehrt Anzeichen für ein Ende der Rezession. In Österreich deuten die Unternehmensumfragen und der WIFO-Frühindikator ebenfalls auf eine Verbesserung der Wirtschaftslage in naher Zukunft hin; bislang sind die Wachstumsimpulse jedoch noch verhalten.

Die aktuellen Unternehmensumfragen des WIFO im Auftrag der Europäischen Kommission zeigen eine Verbesserung der Erwartungen zur künftigen Geschäftslage. Auch die aktuelle Entwicklung wird günstiger beurteilt als zuletzt. Nach fünf Monaten der Stagnation stieg der WIFO-Frühindikator im August deutlich; der Großteil der Teilkomponenten erhöhte sich gegenüber den Vormonaten merklich.

Ein ähnliches Bild zeigen die Umfragen für Deutschland: Der ifo-Geschäftsklimaindex hatte in den letzten Monaten weiter steigende Tendenz, die Unternehmen beurteilen sowohl ihre Geschäftslage als auch die Erwartungen für die Zukunft günstiger als zuletzt.

Die Wirtschaft der Schwellenländer, die bis vor kurzem die Expansion der Weltwirtschaft getragen hatte, verlor hingegen deutlich an Dynamik. In China verlangsamte sich das Wachstum seit 2010 erheblich, ähnlich in Indien, Brasilien und Russland. Dagegen ist die Konjunktur in den USA anhaltend robust und zog in Japan dank umfangreicher wirtschaftspolitischer Stimuli an.

Auch in Europa scheint der untere Konjunkturwendepunkt erreicht zu sein. Im II. Quartal war im Euro-Raum erstmals seit fast zwei Jahren wieder ein Wachstum zu verzeichnen (+0,3% gegenüber dem Vorquartal). Es war vor allem auf die Entwicklung in Deutschland (+0,7%) und Frankreich (+0,5%) zurückzuführen, während sich der Rückgang in Spanien und Italien merklich verlangsamte. Außerordentlich kräftig wuchs die portugiesische Wirtschaft nach einer lang andauernden Rezession (+1,1%).

Im August stieg der Economic Sentiment Indicator der EU deutlich um 2,7 Punkte auf einen Stand von 95,2 für den Euro-Raum bzw. um 3,1 Punkte auf 98,1 für die EU insgesamt. Er blieb damit nur wenig unter der Schwelle von 100 Punkten, die dem langjährigen Durchschnitt entspricht. Die Verbesserung beruhte auf breiter Basis - die größten Volkswirtschaften wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien verzeichneten einen kräftigen Anstieg. Die Finanzmarktkrise ist in der EU aber noch nicht überwunden: Viele Banken befinden sich weiterhin in einer schwierigen Lage, und in einigen Ländern belasten Strukturprobleme die Wirtschaft anhaltend. Die Aufwertung des Euro gegenüber vielen wichtigen Währungen könnte zudem in weiterer Folge den Export dämpfen.

Auch die österreichische Wirtschaft scheint den unteren Konjunkturwendepunkt durchschritten zu haben, das BIP stieg im II. Quartal gegenüber der Vorperiode neuerlich um 0,1%. Zwar sind die Auftriebskräfte noch gering, doch sehen die Unternehmen die weitere Entwicklung in den Umfragen optimistischer als zuvor.

Die bislang schleppende Wirtschaftsentwicklung belastet nach wie vor den heimischen Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung wächst zwar, aber anhaltend schwach (August +0,1% gegenüber dem Vormonat), und die Arbeitslosigkeit steigt weiter. Zuletzt erhöhte sich die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen auf 263.100 (+4.100 gegenüber dem Vormonat bzw. +30.400 gegenüber August 2012). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote stieg damit auf 7,8%.

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang

Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone.

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Informationen: http://www.wifo.ac.at

 

 

 

 

 

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