Bozen (lpa) - 612 Museen, 60 Theater, neun Universitäten und 6800 Bildungseinrichtungen, verteilt auf zwei
Regionen, drei Provinzen und die Stadt Venedig: Der Nordosten Italiens - und mit ihm Südtirol - wirft das
Gewicht seiner zahlreichen Kultureinrichtungen und -betriebe in die Waagschale, um Europäische Kulturhauptstadt
2019 zu werden. Am 19.09. haben die Vertreter der Gemeinschaftskandidatur das Bewerbungsdossier beim Kulturministerium
in Rom hinterlegt.
Seit drei Jahren arbeitet Südtirol mit Venedig und den Regionen von Italiens Nordosten an der Kulturhauptstadtbewerbung
und hat in dieser Zeit Überzeugungsarbeit vor Ort geleistet, einen Kulturbus auf die Reise durch Südtirol
geschickt sowie Ideenwettbewerbe lanciert. Diese umfangreichen Vorbereitungsarbeiten sind nun in ein umfassendes
Dossier geflossen, mit dem die Bewerbung offiziell beim zuständigen Kulturministerium in Rom eingereicht worden
ist. Nach der Hinterlegung der Bewerbungsunterlagen haben Südtirols Landesrat für italienische Kultur,
Giorgio Orsoni, der Bürgermeister der Stadt Venedig, Innocenzo Cipolletta, Präsident des Promotorenkomitees,
sowie Vertreter der anderen Partnerländer die Kerninhalte der gemeinsamen Bewerbung vorgestellt.
Südtirols Landesrat betonte, dass es bei dieser Gemeinschaftskandidatur darum gehe, Netzwerke zwischen den
Regionen und Ländern, aber vor allem auch zwischen den Kulturschaffenden sowie der Kultur und der Wirtschaft
aufzubauen. Der Nordosten Italiens verfüge über 612 Museen, 60 Theater, neun Universitäten und 6800
Schulen: Alleine diese riesige Zahl an Kulturorten bringe das Potenzial der Makroregion zum Ausdruck.
Die Bewerbung steht unter dem Motto „Culture of PEACE". Peace steht dabei nicht nur für Frieden, sondern
auch für die Begriffe „Partecipating", „Enhancing", „Art", „Creativity" und „Economy".
Diese fünf Begriffe stehen demnach für eine Region, in der Kultur in die Gesellschaft eingebettet ist
und im Wechselspiel mit der Wirtschaft einen Gewinn für alle abwirft. Wie bei der Vorstellung des Dossiers
betont wurde, wird die Kandidatur von der Stadt und der Provinz Venedig, den beiden autonomen Ländern Südtirol
und Trentino sowie den beiden Regionen Veneto und Friaul Julisch-Venetien so angelegt, dass der Ehrentitel Kulturhauptstadt
einen nachhaltigen Nutzen für die gesamte Region abwirft. Dieser Nutzen soll alleine schon durch die Vernetzung
der Kultureinrichtungen erreicht werden, geht aber weit darüber hinaus.
Geplant ist unter anderem eine „Kulturexpo", eine Ausstellung der 26 Europäischen Kulturhauptstädte
von 2005 bis 2019, in der diese zeigen, was das Kulturhauptstadtjahr jeweils gebracht hat. Eine Ausstellung dieser
Art kann nicht an einem Ort veranstaltet werden, sondern soll sich über den ganzen Nordosten Italiens erstrecken.
Eine weitere Rolle im Bewerbungsdossier spielt das Thema Grenzen. Der Nordosten Italiens will damit punkten, dass
er eine Grenzregion ist und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit neue Horizonte eröffnet. Deshalb
werden auch die angrenzenden Nachbarländer von Österreich über Slowenien bis nach Kroatien in das
Konzept integriert.
Konkret umfasst die Bewerbung neun Leitlinien. Diese gehen weit über den engen Kulturbegriff hinaus und beinhalten
beispielsweise nachhaltige Mobilitätskonzepte, wollen den Qualitätstourismus stärken und die „Green
Economy" in den Vordergrund stellen. Natürlich sind im Bewerbungsdossier auch Kulturbauten vorgesehen,
die als Leitelemente die der Kandidatur ein unverkennbares Gesicht geben sollen, wie etwa eine neue Ausstellung
in der Franzensfeste oder das Bibliothekenzentrum in Bozen, um nur jene Hauptprojekte aufzuzählen, die in
Südtirol geplant sind.
In Rom sind auch die Ergebnisse von zwei Umfragen zur Kulturhauptstadtbewerbung vorgestellt worden. Zwar weiß
erst einer von drei Italienern, dass Italien 2019 die Europäische Kulturhauptstadt stellt, dafür ist
dem Großteil bekannt, dass sich auch der Nordosten Italiens um den Titel bewirbt. Unter der Bevölkerung
des Nordostens stehen 93 Prozent einer Bewerbung positiv gegenüber, 74 Prozent sind es auf gesamtstaatlicher
Ebene. Vier von fünf Befragten sind darüber hinaus der Meinung, dass der Ehrentitel einer Europäischen
Kulturhauptstadt auch ein wirksames Mittel gegen die Wirtschaftskrise wäre, weil dadurch ein Anreiz für
Investitionen in der gesamten Region geschaffen würde.
Mit der am 20.09. zu Ende gehenden Bewerbungsfrist geht die Kandidatur nun in die heiße Phase: Eine Jury
wählt in den kommenden Wochen und Monaten die Kandidaten für die zweite Bewerbungsphase aus. Die definitive
Entscheidung fällt dann 2015, wenn die italienische Regierung ihren Siegervorschlag bekannt gibt. Dieser Vorschlag
wird von der EU innerhalb von drei Monaten geprüft, dann gibt der EU-Ministerrat die Kulturhauptstadt 2019
bekannt.
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