30 Millionen Euro Kanal-Investition für Überflutungsschutz und ein neuer Sportplatz
für Simmering
Wien (rk) -* Den "Anpfiff" für Europas derzeit größtes Kanalbauprojekt gaben Umweltstadträtin
Ulli Sima und Bezirksvorsteherin Renate Angerer am 20.09. am Sportplatz in Simmering. Unter ihm entstehen ein neues
Speicherbecken und zwei Transportkanäle. Sie werden künftig im Verbund mit dem bestehenden Kanalnetz
Simmering bei Starkregenereignissen schützen. "Wir reagieren damit auf die Folgen des längst auch
bei uns spürbaren Klimawandels, der extreme Wetterkapriolen und Starkregenereignisse mit sich bringt",
erläutert Sima den Ausgangsimpuls für das Projekt. Die 30 Millionen Euro teuren unterirdischen Bauwerke
haben ein Fassungsvermögen von mehr als 34 Millionen Liter Regenwasser. Das Regenwasser wird zwischengespeichert
und in der Folge kontrolliert an die ebswien hauptkläranlage abgeleitet. Das künftige Speicherbecken
in der Haidestraße 10 und die beiden Transportkanäle sind die letzen Bausteine einer in der Folge insgesamt
86 Millionen Liter Regenwasser fassenden Speicherkette in und um den 11. Bezirk.
Starkregenereignisse nehmen zu - Kanal ist aber keine Hochwasserschutzeinrichtung
Vor allem große Teile des 11. Bezirks erlebten diese Starkregenereignisse in den letzten Jahren verstärkt,
wie etwa am 13. August 2010. Damals fielen mit 40 Liter Regen pro Quadratmeter in zehn Minuten mehr als sieben
Prozent der Jahresniederschlagsmenge. Derartige Niederschläge kommen sonst eher nur in tropischen Regenwäldern
vor. Kein Kanalnetz der Welt kann derartige Regenereignisse erfassen, müssen doch Abwasserkanäle so dimensioniert
sein, dass sie bei "normaler" Wetterlage das Abwasser transportieren können. "Der Kanal ist
also keine Hochwasserschutzanlage, dennoch reagiert Wien Kanal auf diese Entwicklungen: Seit vielen Jahren wird
- auch international vernetzt - intensiv an Maßnahmen gearbeitet und das vorhandene Kanalnetz optimiert",
so Sima. "Wir setzen große Erwartungen in den Maßnahmenkatalog von Wien Kanal", so die Simmeringer
Bezirksvorsteherin Renate Angerer: "Vor allem das Speicherbecken unter dem Sportplatz in der Haidestraße
und die beiden Transportkanäle sind enorm wichtig für den Überflutungsschutz in Simmering. Besonders
erfreulich sind natürlich auch die Synergien, die sich mit der Standortwahl am Sportplatz ergeben."
Hightech für Simmering unter dem Sportplatz
Für den unterirdischen Speicher haben die Kanalplaner mit dem Sportplatz in der "Haidestraße
10" den idealen Standort gefunden. Gilt es doch, an einem topografischen Tiefpunkt des Bezirkes das 90 Meter
lange, 45 Meter breite und 7 Meter tiefe Becken unterzubringen. Unmittelbar unter dem Hauptspielfeld werden bei
Regenwetter bis zu 28,5 Millionen Liter Wasser zwischengespeichert. Um das Becken nach einem Regenereignis wieder
vorzuhalten, sorgen leistungsstarke Pumpen für eine rasche Entleerung über das Kanalsystem in Richtung
ebswien hauptkläranlage.
Die beiden neuen Transportkanäle, die das Speicherbecken dotieren, verfügen mit einem Durchmesser von
zwei Meter und einer Länge von 1,9 Kilometer über ein zusätzliches Fassungsvermögen von sechs
Millionen Liter Regenwasser. Die Kanäle verlaufen dabei quer durch Simmering. Die eigentlichen Kanalbauarbeiten
werden unterirdisch, also möglichst aufgrabungsfrei, hergestellt. Die Bauarbeiten beginnen im Oktober 2013
und werden voraussichtlich im Herbst 2016 abgeschlossen sein. Die Gesamtkosten für den Speicher betragen rund
30 Millionen Euro.
Oben rollt die Kugel, unten fließt das Wasser
Im Zuge der Kanalbaumaßnahmen wird auch der in die Jahre gekommene Sportplatz des SC Mautner Markhof
in der Haidestraße 10 saniert. Das Hauptspielfeld erhält einen neuen Kunstrasen, das kleinere Spielfeld
einen Naturrasen. Nicht nur dadurch erstrahlt die Anlage in neuem Licht. Auch eine moderne Flutlichtanlage sorgt
für ideale Spielbedingungen bei jeder Jahres- und Tageszeit.
Überflutungsschutz über die Bezirksgrenzen hinaus
Insgesamt 20 Quadratkilometer und drei Bezirke umfasst das Betrachtungsgebiet zum Überflutungsschutz für
Simmering. Das Liesingtal spielt dabei eine bedeutende Rolle, fließen doch von dort bei Niederschlägen
große Mengen an Mischwasser zur Hauptkläranlage nach Simmering. Deshalb war es den Technikern von Wien
Kanal wichtig, auch an der "Quelle" Maßnahmen zur Retention zu treffen. Hier bot sich die Nutzung
der ehemaligen Kläranlage Blumental im 23. Bezirk als Speicherbecken hervorragend an. Die beiden Rundbecken
der ehemaligen Kläranlage verfügen über ein Fassungsvermögen von acht Millionen Liter, die
der ehemaligen Nachklärbecken über zwölf Millionen Liter. Insgesamt zusätzliche 20 Millionen
Liter Speichervolumen stehen damit seit 2012 zur Retention zur Verfügung und können im Regenwetterfall
mit 3.000 Liter pro Sekunde befüllt werden. Dadurch wird das Kanalnetz in Simmering im Fall von Starkregenereignissen
erheblich entlastet und der Schutz gegen Überflutungen erhöht.
"Mit dem Maßnahmenpaket erreichen wir auch im Liesingtal einen verbesserten Überflutungsschutz
aus dem Kanalnetz", erklärt Wien Kanal-Direktor Andreas Ilmer die weitreichenden Eingriffe. Der Liesingtal-Entlastungskanal
schließt im Bereich der Klederinger Brücke an den bestehenden Liesingtal-Sammelkanal an und führt
stromaufwärts bis zur ehemaligen Kläranlage Blumental. Der Stauraumkanal ist 5,3 Kilometer lang und auf
die gesamte Länge mit einem Durchmesser von 2,4 Meter ausgestattet. Über Trennbauwerke sind die im Einzugsgebiet
liegenden Regenwasserkanäle des 10. und 11. Bezirkes an den Liesingtal-Entlastungskanal angeschlossen.
Bei einem Regenereignis kann der Liesingtal-Entlastungskanal mit Hilfe von zehn Regulierbauwerken in eine kaskadenförmige
Stauraumkette unterteilt und damit eine Stauraumkapazität von ca. 17 Millionen Liter aktiviert werden. Bei
einem herkömmlichen Regenereignis wird die Stauraumkette in erster Linie genutzt, um den aus den Regenwasserkanälen
kommenden Spülstoß aufzufangen und nach dem Niederschlagsereignis einer Reinigung durch die ebswien
hauptkläranlage zuzuführen. Bei Extremereignissen werden die Trennbauwerke jedoch unmittelbar verschlossen.
Der Liesingtal-Entlastungskanal steht dann mit seiner gesamten Stauraumkapazität zur Rückhaltung der
aus dem Bereich Blumental ankommenden Mischwässer zur Verfügung.
"Die Gesamtheit der Maßnahmen stellt sicher, dass der Zulauf aus den umliegenden Gebieten nach Simmering
für zirka zwei Stunden zurückgehalten werden kann. Trotz all dieser Anstrengungen und zukunftsweisenden
Maßnahmen kann man sich jedoch nicht in hundertprozentiger Sicherheit wiegen. Denn auch das Jahrhundertereignis
vom 13. August 2010 hätte nicht zur Gänze verhindert werden können", betont Ilmer.
Bisherige Maßnahmen zeigen Wirkung
In den vergangenen zwei Jahren hat Wien Kanal weitere wichtige Bausteine zur Optimierung des Überflutungsschutzes
in Simmering abgeschlossen. So zum Beispiel den Ausbau des Schmutzwasserpumpwerks Kaiserebersdorf, das mit einer
zusätzlichen Schneckenpumpe ausgerüstet wurde. Damit können bis zu 6.700 Liter Abwasser pro Sekunde,
um 1.300 Liter mehr als bisher, zur ebswien hauptkläranlage gepumpt und einer Reinigung zugeführt werden.
Die Entlastungsmöglichkeit über das Regenwasser-Hebewerk Kaiserebersdorf wurde ebenfalls gesteigert.
Um das Abflussvermögen aus Simmering im Falle eines Extremereignisses zu steigern, wurde die Förderleistung
um 4.000 Liter pro Sekunde auf 16.000 Liter pro Sekunde erhöht. Im Anlassfall kann diese Wassermenge in den
Donaukanal abgeschlagen werden, sogar wenn dieser selbst Hochwasser führt.
Selbstschutz gegen Überflutungen
Neben allen Maßnahmen der Stadt sind auch Hauseigentümer gefordert, ihre Hauskanalisation auf fachgerechte
Ausführung und ordentliche Funktion zu überprüfen. Denn nur ein ordnungsgemäß funktionierender
Hauskanal kann im Fall der Fälle einen Keller vor Überflutungen schützen. Wien Kanal sendet dazu
jährlich ein Informationsblatt an alle Hauseigentümer aus. Das Infoblatt ist auch auf der Homepage von
Wien Kanal unter http://www.wien.gv.at/umwelt/kanal/ueberflutungen.html
abrufbar.
Wien Kanal - Die Abwasserprofis
Mit einem Kanalnetz von mehr als 2.400 Kilometer Länge ist Wien Kanal Österreichs größter
Kanalnetzbetreiber. Täglich wird etwa eine halbe Milliarde Liter Abwasser sicher und umweltgerecht zur ebswien
hauptkläranlage in Simmering transportiert. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür, das
Kanalnetz funktionsfähig und sauber zu halten. So wird zum Beispiel täglich 15 Tonnen abgelagertes Material
aus den Kanälen geräumt, um den Abfluss zur Kläranlage zu garantieren. Rund 99 Prozent aller Haushalte
in Wien sind an das städtische Kanalnetz angeschlossen. Trotzdem wächst das Wiener Kanalnetz jährlich
um rund zehn Kilometer. Mehr als 700 Kanalbaustellen werden jährlich zur Erhaltung und Reparatur des öffentlichen
Kanalnetzes durchgeführt.
Wien Kanal bietet Interessierten auch die Möglichkeit selbst in die Wiener Unterwelt einzutauchen. Von Mai
bis Oktober gibt es am Karlsplatz den Einstieg auf den Spuren des "Dritten Mannes". Nähere Infos
dazu finden Sie unter http://www.drittemanntour.at.
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