Bad Ischler Dialog 2013: Junge Wirtschaft und
 Landjugend im Diskurs mit ÖGB und AK

 

erstellt am
17. 09. 13
15.00 MEZ

Kontroverse Debatte über Arbeitszeitflexibilisierung, Crowdfunding, Ganztagsschule und die Förderung des ländlichen Raumes
Bad Ischl (pwk) - Eine durchaus kontroverse Diskussion lieferten sich Vertreter der Jungen Sozialpartner – Markus Roth, der Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft (JW) und Markus Zuser, Bundesleiter der österreichischen Landjugend – mit AK-Präsident Rudi Kaske und der Vizepräsidentin des Gewerkschaftsbundes, Sabine Oberhauser, beim Bad Ischler Dialog 2013.

Für mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung plädierte JW-Vorsitzender Markus Roth, denn: „Wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – aus welchen Gründen auch immer - flexible Arbeitszeiten wünschen, sollen sie sie bekommen.“ In Anspielung auf sein Vis-a-Vis in der Diskussion, Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske, unterstrich Roth: „Das ist auch Respekt gegenüber den Mitarbeitern; aber vielfach dürfen die Arbeitszeiten nicht so flexibel sein, wie es gewünscht und notwendig wäre, auch wenn die technischen Voraussetzungen dafür durchaus gegeben sind.“

AK-Präsident Rudi Kaske konterte der Forderung nach stärkerer Flexibilisierung der Arbeitszeit: In Österreich würden wir „mehr als flexibel“ arbeiten: „Ich finde es respektlos, wenn jede vierte Überstunde nicht bezahlt wird.“ Hier verlangt Kaske „Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“. Und: Österreich habe bereits die zweitlängste effektive Arbeitszeit in Europa. ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser brachte ein Beispiel aus ihrer Arbeit als Ärztin im Spital: Die ÄrztInnen selbst hätten gern zehn Dienste hintereinander gemacht. Das habe die Personalvertretung abgelehnt: „Hätten sie uns machen lassen, hätten sie heute in den Spitälern nicht den Personalstand, den wir haben.“

Die Notwendigkeit für die Förderung des ländlichen Raumes und den Erhalt von Arbeitsplätzen dort hob Markus Zuser, Bundesleiter der Landjugend Österreich, vehement hervor: Der ländliche Raum dürfe nicht nur als „Wohlfühlgemeinschaft“ gesehen werden; ihm komme auch ein wesentlicher wirtschaftlicher Aspekt zu. Vor diesem Hintergrund gelte es die Infrastruktur aufrechtzuerhalten, auszubauen und damit auch die Abwanderung einzubremsen. ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser sieht die Förderung des ländlichen Raumes positiv, aber das dürfe keine reine Landwirtschaftsförderung sein: „Wir müssen in Infrastruktur, in Verkehr und Kinderbetreuung investieren, um die Landflucht zu bremsen. Dazu Kaske: „Es gibt EU-Ziele. Es geht um die Förderung der Infrastruktur, wenn man will, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum bleibt und nicht nur Selbstständige.“

Als ein Handicap im Zusammenhang mit der Gründung neuer Unternehmen – und damit der Schaffung von Arbeitsplätzen – machte JW-Roth die Schwierigkeit aus, an Startkapital zu kommen: „Die Finanzierung via Crowdfunding wächst um 60 bis 80 Prozent – allerdings nicht in Österreich.“ Roth sieht Bürgerbeteiligung und Crowdfunding als sinnvolle Erweiterung des Finanzierungsspektrums nicht nur für junge Unternehmen: „Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen und zusätzliches Steueraufkommen generiert.“ Wenn aber aktuelle Befragungen ergeben, dass zwei von drei Firmeninhabern der Jugend raten, nicht in ihre Fußstapfen zu treten, seien das alarmierende Signale: „Da fragt man sich, ob es sinnvoll ist, es den Betrieben immer noch schwerer zu machen“, so Roth.

Beim Crowdfunding stimmten die Vertreterin und der Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu: „Da handelt es sich für die Investoren um das höchstmögliche Risiko, und davor müssen wir die Menschen schützen“, sagte Oberhauser. Als Präsident der Bundesarbeitskammer müsse er die Konsumentinnen und Konsumenten schützen, ergänzte Kaske: „Was ist, wenn das junge Unternehmen pleite geht?“ Dann sei das Geld der Anleger weg. „Die Wahrheit ist: Die meisten jungen Unternehmen gehen in den ersten drei bis fünf Jahren pleite. Wobei: Man gehe auf die junge Wirtschaft zu. Die Grenze, ab der Prospektpflicht besteht, wurde auf 250.000 Euro erhöht.

Zum Thema ganztägige Schulformen unterstrich Oberhauser: Diese verhindern die Teilnahme an außerschulischer Jugendarbeit nicht, die Aktivitäten würden dann teilweise in die Abendstunden verlagert, andere Teile mehr in die Schule hineinrutschen. Dass das funktioniert, sehe man an Beispielen wie Frankreich, wo die Ganztagsschule seit langem die Normalität ist. AK-Präsident Kaske hielt fest, dass es wichtig sei, dass Lernen künftig in der Schule stattfindet und Nachhilfe - wofür derzeit mehr als 100 Millionen Euro im Jahr ausgegeben werde - der Vergangenheit angehöre. Landjugend-Bundesleiter Zuser hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Sozialpartner-Papiers hervor und plädierte dafür, außerschulische Bildung zu stärken und Jugendarbeit von Verbänden zu fördern.

 

 

 

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