Kontroverse Debatte über Arbeitszeitflexibilisierung, Crowdfunding, Ganztagsschule und
die Förderung des ländlichen Raumes
Bad Ischl (pwk) - Eine durchaus kontroverse Diskussion lieferten sich Vertreter der Jungen Sozialpartner
– Markus Roth, der Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft (JW) und Markus Zuser, Bundesleiter der österreichischen
Landjugend – mit AK-Präsident Rudi Kaske und der Vizepräsidentin des Gewerkschaftsbundes, Sabine Oberhauser,
beim Bad Ischler Dialog 2013.
Für mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung plädierte JW-Vorsitzender Markus Roth, denn:
„Wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – aus welchen Gründen auch immer - flexible Arbeitszeiten wünschen,
sollen sie sie bekommen.“ In Anspielung auf sein Vis-a-Vis in der Diskussion, Arbeiterkammer-Präsident Rudi
Kaske, unterstrich Roth: „Das ist auch Respekt gegenüber den Mitarbeitern; aber vielfach dürfen die Arbeitszeiten
nicht so flexibel sein, wie es gewünscht und notwendig wäre, auch wenn die technischen Voraussetzungen
dafür durchaus gegeben sind.“
AK-Präsident Rudi Kaske konterte der Forderung nach stärkerer Flexibilisierung der Arbeitszeit: In Österreich
würden wir „mehr als flexibel“ arbeiten: „Ich finde es respektlos, wenn jede vierte Überstunde nicht
bezahlt wird.“ Hier verlangt Kaske „Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“. Und: Österreich
habe bereits die zweitlängste effektive Arbeitszeit in Europa. ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser brachte
ein Beispiel aus ihrer Arbeit als Ärztin im Spital: Die ÄrztInnen selbst hätten gern zehn Dienste
hintereinander gemacht. Das habe die Personalvertretung abgelehnt: „Hätten sie uns machen lassen, hätten
sie heute in den Spitälern nicht den Personalstand, den wir haben.“
Die Notwendigkeit für die Förderung des ländlichen Raumes und den Erhalt von Arbeitsplätzen
dort hob Markus Zuser, Bundesleiter der Landjugend Österreich, vehement hervor: Der ländliche Raum dürfe
nicht nur als „Wohlfühlgemeinschaft“ gesehen werden; ihm komme auch ein wesentlicher wirtschaftlicher Aspekt
zu. Vor diesem Hintergrund gelte es die Infrastruktur aufrechtzuerhalten, auszubauen und damit auch die Abwanderung
einzubremsen. ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser sieht die Förderung des ländlichen Raumes positiv,
aber das dürfe keine reine Landwirtschaftsförderung sein: „Wir müssen in Infrastruktur, in Verkehr
und Kinderbetreuung investieren, um die Landflucht zu bremsen. Dazu Kaske: „Es gibt EU-Ziele. Es geht um die Förderung
der Infrastruktur, wenn man will, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum bleibt und nicht nur Selbstständige.“
Als ein Handicap im Zusammenhang mit der Gründung neuer Unternehmen – und damit der Schaffung von Arbeitsplätzen
– machte JW-Roth die Schwierigkeit aus, an Startkapital zu kommen: „Die Finanzierung via Crowdfunding wächst
um 60 bis 80 Prozent – allerdings nicht in Österreich.“ Roth sieht Bürgerbeteiligung und Crowdfunding
als sinnvolle Erweiterung des Finanzierungsspektrums nicht nur für junge Unternehmen: „Dadurch werden Arbeitsplätze
geschaffen und zusätzliches Steueraufkommen generiert.“ Wenn aber aktuelle Befragungen ergeben, dass zwei
von drei Firmeninhabern der Jugend raten, nicht in ihre Fußstapfen zu treten, seien das alarmierende Signale:
„Da fragt man sich, ob es sinnvoll ist, es den Betrieben immer noch schwerer zu machen“, so Roth.
Beim Crowdfunding stimmten die Vertreterin und der Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu: „Da
handelt es sich für die Investoren um das höchstmögliche Risiko, und davor müssen wir die Menschen
schützen“, sagte Oberhauser. Als Präsident der Bundesarbeitskammer müsse er die Konsumentinnen und
Konsumenten schützen, ergänzte Kaske: „Was ist, wenn das junge Unternehmen pleite geht?“ Dann sei das
Geld der Anleger weg. „Die Wahrheit ist: Die meisten jungen Unternehmen gehen in den ersten drei bis fünf
Jahren pleite. Wobei: Man gehe auf die junge Wirtschaft zu. Die Grenze, ab der Prospektpflicht besteht, wurde auf
250.000 Euro erhöht.
Zum Thema ganztägige Schulformen unterstrich Oberhauser: Diese verhindern die Teilnahme an außerschulischer
Jugendarbeit nicht, die Aktivitäten würden dann teilweise in die Abendstunden verlagert, andere Teile
mehr in die Schule hineinrutschen. Dass das funktioniert, sehe man an Beispielen wie Frankreich, wo die Ganztagsschule
seit langem die Normalität ist. AK-Präsident Kaske hielt fest, dass es wichtig sei, dass Lernen künftig
in der Schule stattfindet und Nachhilfe - wofür derzeit mehr als 100 Millionen Euro im Jahr ausgegeben werde
- der Vergangenheit angehöre. Landjugend-Bundesleiter Zuser hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Sozialpartner-Papiers
hervor und plädierte dafür, außerschulische Bildung zu stärken und Jugendarbeit von Verbänden
zu fördern.
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