BIP-Prognosen für 2013 und 2014 angehoben - Wachstumsdifferenzen innerhalb der Eurozone
nehmen ab – Renditewende in USA und Eurozone vollzogen
Wien (rzb) - „Im Großen und Ganzen haben sich unsere Annahme der letzten Monate bestätigt. Die
weltweite Liquiditätsschwemme verliert an Bedeutung und die Finanzmärkte konzentrieren sich auf die Entfaltung
der konjunkturellen Kräfte. Wie von den Vorlaufindikatoren richtig angezeigt, hat sich die Stimmungsverbesserung
seit dem zweiten Quartal auch in besseren Wachstumszahlen bemerkbar gemacht. Daher haben wir auch die BIP-Prognose
für die Eurozone der Jahre 2013 und 2014 angehoben“, sagt Valentin Hofstätter, Leiter der Abteilung Bond
Market & Currency Research der Raiffeisen Bank International AG (RBI) anlässlich der Präsentation
der „Strategie Globale Märkte“. Hofstätter geht davon aus, dass in den kommenden vier bis sechs Quartalen
die Wachstumsdifferenzen zwischen den Kern-Euroländern rund um Deutschland und den Peripherstaaten abnehmen
werden. Dabei sollten selbst Problemländer wie Spanien, Portugal oder Italien, aber auch Frankreich, das in
den letzten Monaten für Kritik sorgte, wieder auf einen bescheidenen Wachstumspfad einschwenken.
„Nach einem Rückschritt im dritten Quartal, der auf Sonderfaktoren des Frühjahrs beruht, ist eine mäßige
Wachstumsbeschleunigung bis zum Jahresende 2014 unser Hauptszenario. Diese Prognose basiert auf den nach wie vor
stimulierenden Wirkungen der historischen Niedrigzinspolitik, eingeleiteten Strukturreformen, nachlassendem Druck
der Fiskalpolitik und der globalen Aufhellung des Welthandels. Wir erwarten den Höhepunkt der Wachstumsdynamik
Anfang 2015, weshalb die BIP-Schätzungen für diesen Zeitraum über den langfristigen Durchschnitten
liegen“, so Hofstätter weiter.
Renditewende in USA und Eurozone vollzogen
Auch wenn die amerikanische Federal Reserve zuletzt überraschend die Reduktion des Anleihenankaufprogramms
nach hinten verschoben hatte, ist es nur eine Frage der Zeit bis dieser Wechsel vollzogen wird. Die Analysten von
Raiffeisen Research gehen derzeit davon aus, dass die Reduktion im Dezember angekündigt wird und sehen den
Wechsel zu steigenden US-Leitzinsen dann bereits Ende 2014 eintreten, da sich Arbeitslosenrate und BIP-Wachstum
entsprechend positiv entwickeln werden. Hofstätter geht davon aus, dass die Europäische Zentralbank sich
vorerst mit Zinsanhebungen noch zurückhalten wird, aber als Reaktion auf die sich normalisierende Situation
in den Krisenländern ab 2015 mit der schrittweisen Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes beginnen wird.
Für Hofstätter bleibt die relativ enge Renditedifferenz zwischen den USA und Deutschland auch in den
kommenden Quartalen Leitlinie für die EUR/USD Tendenz. „Der US-Dollar erscheint derzeit zu billig und wird
sich unserer Einschätzung nach bis Herbst 2014 zum Euro um die 1,30 einpendeln. Die abnehmenden Spannungen
in der Eurozone begünstigen eine marginale Abschwächung des CHF zwischen 1,23 und 1,28."
Hofstätter rechnet damit, dass der in den letzten Monaten zu beobachtende steile Anstieg der Anleiherenditen
in den USA und Deutschland höchstens vorübergehend eine Pause einlegt, bevor im Laufe des nächsten
Jahres stärkeres Wirtschaftswachstum und die Aussicht auf näher rückende Leitzinsanhebung zum nächsten
Renditeanstieg sowohl in Europa als auch den USA führen werden. Lange Laufzeiten sollten dementsprechend wegen
absehbarer (weiterer) Kursrückgänge weiterhin gemieden werden. Das gilt auch für Unternehmensanleihen
mit langen Laufzeiten. Angesichts bereits recht niedriger Risikoaufschläge sollten eher kurze und mittlere
Anleihelaufzeiten bevorzugt werden. Bei den Renditedifferenzen zu den Peripherstaaten sieht Hofstätter dagegen
noch ein wenig Spielraum für sich erholende Kurse.
Emerging Markets-Anleihen: Erholung nach Sell-Off
Ein konjunkturell gemischtes Bild zeigt sich in einer Reihe von Emerging Markets (EM), deren Währungen in
den letzten Monaten einem starken Abwertungsdruck ausgesetzt waren. „Auch wenn wir von einer Krise wie in den 90er
Jahren weit entfernt sind, so müssen doch einige Länder, wie etwa Indien oder Brasilien, nachhaltige
Strukturreformen einleiten, um ihr Wachstumspotential halten zu können“, leitet Veronika Lammer, Leiterin
der Abteilung Quant Research & Emerging Markets bei Raiffeisen Research, ihren Ausblick auf die Emerging Markets
ein. „Positiv hervorzuheben ist einmal mehr China, das einerseits mit zielgerichteten Stimulus-Maßnahmen
seine Exporte und die Konjunktur stabilisieren konnte und andererseits Strukturbereinigungen wie den Abbau von
Überkapazitäten durchführt.“
Emerging Markets-Anleihen von Ländern mit Leistungsbilanzproblemen und hohem kurzfristigen Refinanzierungsbedarf
wie beispielsweise die Türkei, Südafrika und Indien werden für Währungsvolatilität auch
2014 anfällig bleiben. Nach der starken Abwertung der letzten Wochen weisen aber die meisten Währungen
jetzt Erholungspotential auf. „In Summe bleiben wir bei unserer Halten-Empfehlung für EM-Lokalwährungsfonds,
da der hohe Renditeaufschlag und das korrigierte Wechselkursniveau bei tendenziell steigenden Zinsen eine bessere
Performanceerwartung ergibt als für Hartwährungsanleihen“, analysiert Lammer weiter.
Gutes Umfeld für Aktieninvestments
„Aktuell finden wir ein gutes Umfeld für Aktieninvestments vor. Alle großen Volkswirtschaften sind in
einen Aufschwung eingeschwenkt und das Zinsniveau wirkt noch unterstützend. Besonders europäische Werte
haben sowohl hinsichtlich der Gewinn- als auch der Kursentwicklung Aufholpotential“, beginnt Lammer ihren Ausblick
auf die Aktienmärkte. Grundsätzlich bewerten die Analysten von Raiffeisen Research in diesem Umfeld die
zyklischen Branchen Industrie, IT sowie zyklischer Konsum als Favoriten.
Außerhalb Europas empfehlen die Analysten von Raiffeisen Research die EM-Aktienmärkte China, Indien
und Brasilien zum Kauf. „Der chinesische HSCE Index konnte seit seinem Tief im Juni gut 20 Prozent zulegen und
ist mit einem KGV von 8,4 und einem erwarteten Gewinnwachstum von 12,1 Prozent für 2013 weiterhin als attraktiv
zu bewerten“, hebt Lammer den Aktienmarkt der Volksrepublik hervor. „Indiens und Brasiliens Unternehmen sollten
mittelfristig zusätzlich von den tieferen Wechselkursen profitieren, die sich positiv auf ihre Konkurrenzfähigkeit
im internationalen Wettbewerb auswirken werden“, so Lammer weiter.
Asset Allocation: Aktienanteil erhöht auf Kosten der Anleihen
Lammer sieht den Performanceausblick im Anleihensegment im Hinblick auf steigende Renditen 10-jähriger Staatsanleihen
getrübt. Auch die langfristig zu erwartende höhere Volatilität im High Yield Segment führt
zu einem weniger vorteilhaften Ertrag zu Risiko-Verhältnis bei Anleihen.
„Wir erhöhen daher den Aktienanteil auf Kosten des Anleihenanteils um 5 Prozentpunkte. Darüber hinaus
halten wir an einer Beimischung von 5 Prozentpunkten alternative Investments (Immobilien) fest“, schließt
Lammer ihre Erläuterung der Anlagestrategie ab.
|