Globale Produktions- und Wirtschaftsintegration
Wien (wifo) - Die Studie des wiiw im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend
"Die Position Österreichs in der Weltwirtschaft: Wertschöpfungshandel, internationale Produktionsnetzwerke
und globale Verflechtungen" ist als kostenloser Download unter http://fiw.ac.at
erschienen. Die Zahl der Arbeitsplätze in Österreich, die vom Export abhängen, ist zwischen 1995
und 2009 um über 50% auf 1,27 Mio. gestiegen. Grund für diese Entwicklung ist neben dem allgemeinen Wirtschaftswachstum
auch eine stärkere internationale Ausrichtung der heimischen Wirtschaft. Die für die heimische Beschäftigung
ausschlaggebende österreichische Wertschöpfung in den Exporten wuchs in den letzten Jahren trotz Wirtschaftskrise
durchschnittlich um 6% jährlich. Zudem zeigt sich, dass fast die Hälfte der exportierten Wertschöpfung
auf Dienstleistungen entfällt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine wiiw-Studie über den österreichischen
Außenhandel auf Wertschöpfungsbasis und Österreichs Position in globalen Produktionsnetzwerken,
die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend erstellt wurde.
Internationale Produktionsverflechtungen Österreichs nehmen zu
Wer glaubt, dass in österreichischen Exporten nur österreichische Wertschöpfung steckt, der irrt.
Ob Mozartkugeln, Motorräder oder Seilbahnen fast alle österreichischen Unternehmen sind auf ausländische
Rohstoffe und Zulieferungen angewiesen. Beim Export österreichischer Waren ist daher zwischen inländischen
und ausländischen Wertschöpfungsanteilen zu unterscheiden. Eine systematische Zerlegung der österreichischen
Exporte in einzelne Wertschöpfungskomponenten zeigt, dass 35% des Werts der heimischen Ausfuhren auf ausländische
Wertschöpfung entfällt. Dieser Anteil ist über die letzten Jahrzehnte merklich angestiegen eine
unmittelbare Folge einer intensivierten internationalen Arbeitsteilung und einer verstärkten Einbindung österreichischer
Unternehmen in internationale Produktionsnetzwerke. Maßgeblich haben die engen Produktionsverflechtungen
mit Deutschland sowie den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) zu dieser Entwicklung beigetragen.
Die internationale Organisation der Produktion und die damit verbundene geographische Fragmentierung der Wertschöpfungskette
kann zu erheblichen Produktivitätssteigerungen führen, wovon auch österreichische Unternehmen, die
Teil von derartigen Produktionsnetzwerken sind, profitieren.
Dienstleistungen sorgen für die Hälfte der exportierten Wertschöpfung
Deutsche Autos, französischer Wein, Spielzeug aus China und Handys aus Südkorea sind in Österreich
allgegenwärtig. Seltener ist schon der Besuch beim Zahnarzt in Ungarn, und kaum jemand jettet für die
neue Frisur zum Coiffeur nach Paris. Diese Beispiele zeigen ein generelles Phänomen auf: im Allgemeinen werden
Güter stärker international gehandelt als Dienstleistungen, die mitunter als "nichthandelbar"
gelten. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in den Handelsstatistiken Sachgütererzeugnisse das Gros
der Exporte (70%) ausmachen; nur etwa ein Viertel entfällt auf Dienstleistungen. Diese Vorrangstellung des
Güterexports wird allerdings stark relativiert, stellt man auf die Wertschöpfungsanteile der einzelnen
Industrien in den Exporten ab. Hier ergeben sich erhebliche Unterschiede zu dem gewohnten Bild. Bei Betrachtung
der Wertschöpfung tragen nun die Dienstleistungen fast die Hälfte zu den Exporten bei (49%). Grund hierfür
ist der "indirekte Export" von Dienstleistungen. Beispielsweise wird mit einer Seilbahn (neben einer
Vielzahl an Zulieferprodukten) auch eine Reihe von Dienstleistungen wie die Steuerungssoftware oder Instandhaltungsleistungen
mitexportiert. Im Gegensatz zu den traditionellen Handelsstatistiken werden in den Wertschöpfungsexporten
derartige "indirekte" Dienstleistungsexporte dem jeweiligen Dienstleistungsbereich zugeordnet.
Nichtsdestoweniger weist Österreich auch auf Basis der Wertschöpfungsexporte eine relativ starke Spezialisierung
im industriellen Bereich auf, insbesondere bei Mittel- und Mittelhochtechnologien, zu denen unter anderem der Maschinenbau
und die Automobilindustrie zählen.
China bereits drittwichtigster Absatzmarkt
Bemerkenswerte Unterschiede ergeben sich auch in Hinblick auf die Haupthandelspartner Österreichs. Während
Deutschland unangefochten der Hauptabsatzmarkt für österreichische Exporte auch auf Basis der Wertschöpfung
bleibt, stellen sich China und andere große Schwellenländer wie Russland und Brasilien als unterschätzte
Zielmärkte heraus. Ihr Anteil an der im Ausland nachgefragten österreichischen Wertschöpfung liegt
wesentlich höher als in den Exportstatistiken ausgewiesen. China etwa nimmt, hinter Deutschland und den USA,
bereits den dritten Platz im Ranking Österreichs wichtigster Exportdestinationen ein. Hingegen spielen die
mittel- und osteuropäischen Handelspartner allen voran Ungarn, Tschechien und Polen - eine geringere Rolle
als Absatzmärkte für österreichische Unternehmen. Sie sind für Österreichs Außenhandel
primär als Kooperationspartner in globalen Produktionsnetzwerken von Bedeutung.
Trotz Offshoring: Hohes Exportwachstum hilft auch Beschäftigung
Eine geographische Zersplitterung der Produktionsprozesse bedeutet auch, dass sich die für die österreichischen
Exporte erforderlichen Arbeitsplätze nicht mehr ausschließlich in Österreich befinden, sondern
auch in Deutschland, der Slowakei, China oder sonst wo auf der Welt sein können. Die Untersuchung dieser Tatsache
ergibt, dass gegenwärtig mehr ausländische Arbeitsplätze als Arbeitsplätze in Österreich
an österreichische Exporte gekoppelt sind. Die meisten dieser Arbeitsplätze im Ausland entfallen dabei
auf China und Deutschland. Dennoch stieg die Zahl der exportabhängigen Arbeitsplätze in Österreich
zwischen 1995 und 2009 von 820.000 auf knapp 1,27 Mio., wobei die Zahl 2008 mit 1,39 Mio. Arbeitsplätzen noch
wesentlich höher lag. Die für die heimische Beschäftigung ausschlaggebende österreichische
Wertschöpfung in den Exporten wuchs in den letzten Jahren trotz Wirtschaftskrise durchschnittlich um 6% jährlich
und damit deutlich schneller als die Importe.
Der "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) wird im Auftrag des Bundesministeriums für
Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) im Rahmen der Internationalisierungsoffensive der Bundesregierung von drei
Instituten Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Wiener Institut für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (wiiw), Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Rechenzentrum (WSR) betrieben. Er bietet
Zugang zu internationalen Außenwirtschafts-Datenbanken, eine Forschungsplattform und Informationen zu außenwirtschaftsrelevanten
Themen.
Die Studien 2013 zeigen die Ergebnisse von den drei Themenbereichen "Trends und Auswirkungen von ausländischen
Direktinvestitionen", "Österreichs "Trade in Value Added"" und "Analyse der
österreichischen Warenverkehrsbilanz", die 2012 vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und
Jugend (BMWFJ) ausgeschrieben und aus Mitteln der Internationalisierungsoffensive finanziert wurden.
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