Wien (mqw) - Der Eingang Mariahilfer Straße wird als mittlerweile sechster Durchgang im MQ Areal zu einer
permanenten Themenpassage umgestaltet. Das "Lesezimmer der Stadt" wird am 09. Oktober, 17 Uhr mit einer
"Wander-Lesung" eröffnet, im Rahmen derer die BesucherInnen via Kopfhörer und mp3-Player Lesungen
der drei ersten ausstellenden AutorInnen lauschen können. Kuratiert wird die Literaturpassage von Elena Messner
und Eva Schörkhuber von "textfeld südost" in Kooperation mit der "Edition Atelier".
Der neu gestaltete Eingang wird mit zeitgenössischen literarischen Auseinandersetzungen mit der Stadt bespielt
und präsentiert junge Literaten aus Österreich, dem Donauraum und der Schwarzmeerregion in Zusammenarbeit
mit dem Writer-in-Residence Programm des quartier21/MQ, das in Kooperation mit dem Bundesministerium für europäische
und internationale Angelegenheiten organisiert wird. Das "Lesezimmer der Stadt" wird damit ein Gehen
und Lesen in der Stadt sowie ein Gehen und Lesen "der" Stadt ermöglichen.
"Literatur hat seit jeher einen wichtigen Stellenwert im MuseumsQuartier, so hat es beispielsweise heuer im
Sommer die 10. Ausgabe der beliebten Open-Air Lesungen O-TÖNE gegeben. Es freut mich daher umso mehr, dass
dieses Genre mit der neu gestalteten Passage ab sofort einen festen Platz im MQ hat und die BesucherInnen im Vorbeigehen
Literatur genießen können, so Dr. Christian Strasser, Direktor MuseumsQuartier Wien. Vitus Weh, nach
dessen Konzept mittlerweile sechs der rund zwanzig Passagen im MuseumsQuartier zu "Mikromuseen" etabliert
wurden, ergänzt: "Die Literaturpassage ist neben der benachbarten Comicpassage, der Typografie- und der
Street Art Passage eine weitere Themenpassage, die das inhaltliche Spektrum des MQ um eine spezifische Ausformung
von Schrift ergänzt. Schriftlichkeit zeigt sich damit buchstäblich als das, was die Bildspeicher in der
Mitte des Areals permanent umkreist."
"Wir sehen die Literaturpassage gleichermaßen als Produktions- und Rezeptionsraum", fügen
Eva Schörkhuber und Elena Messner hinzu. "Zeitgenössische AutorInnen setzen sich mit der Stadt auseinander,
mit Wien als urbanem Raum. Die Texte, die dabei entstehen, werden wiederum in der Stadt, im öffentlichen Raum
ausgestellt und eröffnen somit neue, andere Zugänge - abseits von herkömmlichen, traditionell überlieferten
Wien-Bildern und -Klischees. Wichtig ist uns dabei die Stimmenvielfalt, die eben auch dadurch entsteht, dass aus
anderen Sprachen, aus anderen Blickwinkeln und Herangehensweisen übersetzt wird. "
Die optische Gestaltung der Passage übernimmt die Künstlerin Johanna Kandl (Wien/Berlin) mit ihrer Arbeit
"Mit Vorsatz". Ausgehend von den Vorsatzpapieren, die bei der Bindung von Büchern noch bis in die
1920er-Jahre eine große Rolle spielten, bemalt Johanna Kandl die einzelnen Wand- und Deckenfelder der Passage
mit verschiedenen Mustern von historischen Vorsatzpapieren. Die Gestaltung nimmt also Bezug auf das, was buchtechnisch
vor dem Text kommt. Zudem ist sie als Akzentuierung der besonderen architektonischen Grundsubstanz der Passage
intendiert: Einerseits werden die heraustretenden Teile des baulichen Bestands wie Halbsäulen, Simse, Stuckaturen
oder Bögen von der Bemalung ausgespart, andererseits wird ein architektonischer Kontext in die Passage "reinportiert",
da sich die meisten Vorsatzpapiere vom Dekorum der Architektur herleiten.
Die verschiedenen Texte werden in der Passage in zwei Vitrinen und in Form einer großen Wandzeitung präsentiert.
Daneben werden sie als gedruckte Anthologie im Heft-Automaten um 2 Euro angeboten. Alle drei Monate wechseln die
Beiträge.
Die erste Ausstellung trägt den Titel "Ob Wien die Psychoanalyse erfunden hat und andere Klischees zum
Zerreißen": Entlang der Texte von Tamta Melaschwili, Sebastian Fust und Uros Miloradovi werden Aspekte,
die in vielen Wien-Bildern und Wien-Texten zu Stereotypen geronnen sind, befragt, auseinandergenommen und wieder
neu zusammengesetzt. "Der" Psychoanalyse, "der" Religion und "dem" Gay-Vienna wird
abseits von literarischer Denkmal- und Traditionspflege nachgegangen. Textausschnitte, Manuskriptseiten, Zeichnungen,
Recherche-Fotos und bereits erschienene Bücher bilden die Materialien der Ausstellung, die Texte werden in
der ersten Mini-Anthologie versammelt.
Das "Lesezimmer der Stadt" ist nach TONSPUR_passage, KABINETT comic passage, STREET ART PASSAGE VIENNA,
Typopassage Wien und Meteoritenpassage die sechste Themenpassage im MuseumsQuartier. Jede dieser Passagen ist eine
autonome Institution und wie ein komplettes Museum strukturiert: Es gibt einen Ort mit einer permanenten künstlerischen
Gestaltung, eine thematische Widmung, KuratorInnen, wechselnde Ausstellungen und mitunter auch einen Museumsshop
in Form eines kleinen Automaten, in dem begleitende Publikationen erhältlich sind. Im Unterschied zu herkömmlichen
Museen lassen sich die Passagen von den BesucherInnen rund um die Uhr besichtigen.
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