Kinderrechte, Social Media und World Wide Web
Linz (lk) - Weltweite Vernetzung, ständig abrufbare Informationen, schier unbegrenzte Kommunikationsmöglichkeiten.
Aber auch: Grooming, Sexting, Cyber-Mobbing. Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und erleichtert
das Leben in vielen Bereichen. Gleichzeitig birgt es aber auch vielfältige Gefahren, und ein verantwortungsbewusster
Umgang mit Daten und persönlichen Informationen ist gefragt, so die Kinder- und Jugendanwältin des Landes
OÖ Christine Winkler-Kirchberger zu Beginn der aktuellen "KiJA on Tour".
Wie die Erfahrungen der KiJA zeigen, ist es gerade für Kinder und Jugendliche oft schwer nachvollziehbar,
welche Risiken die Anonymität im Netz mit sich bringen kann, und dass nicht immer alles so harmlos sein muss,
wie es erscheint: Der nette 14jährige aus dem Chat kann sich auch als 60jähriger Pädophiler entpuppen,
und ein vertraulich an einen Freund weitergegebenes Foto kann sich in Windeseile unkontrollierbar im Netz verbreiten.
Kinderrechtliche Prävention
Das brisante Thema wird in kind- und jugendgerechter Form auf die Bühne gebracht. Das Theaterstück "Im
Fangnetz" und das Musical "Kinder haben Rechte, oder?" sollen das junge Publikum im Rahmen von KiJA
on Tour 2013/14 persönlich ansprechen.
Die Kinderrechte auf Information, auf Austausch und Zusammenschluss mit Freunden, auf Spiel und Freizeit und das
Recht auf Achtung des Privatlebens und der Würde, sowie das Recht auf Schutz vor Gewalt werden unter dem Motto
"Total vernetzt" thematisiert.
Die künstlerische Umsetzung der Inhalte erfolgte durch die bewährten Partner Mathias Schuh http://www.theaterachse.at und Christoph Rabl http://www.kulturplattform-traumfaenger.net. Die Stücke wurden von den Künstlern
unter fachlicher Anleitung und in enger Kooperation mit der KiJA OÖ entwickelt, sodass der Bezug zu den aus
dem Beratungsalltag gewonnenen Erfahrungen gewährleistet ist.
Bereits zum fünften mal geht die KiJA OÖ – jeweils mit einem anderen Schwerpunktthema –ein ganzes
Schuljahr lang auf Tour durch die Bezirke.
Jetzt ist es wieder so weit: Die Tour startet am 30. Oktober 2013 in Linz und führt bis Ende Juni 2014 durch
das ganze Bundesland. Die Veranstaltungen richten sich vor allem an Schulklassen und Kinder- und Jugendgruppen,
sie stehen aber auch allen anderen Interessierten offen. Der Tourplan bietet einen Überblick über die
zahlreichen Stationen, der Besuch ist kostenlos, eine Anmeldung erforderlich.
Jugend und Internet
Laut einer aktuellen im Auftrag der KiJA OÖ durchgeführten Studie zum Recht auf Schutz vor Gewalt (Repräsentative
Befragung der OÖ Jugend (14-18-Jährige) durch IMAS, März 2013) verbringen etwa zwei Drittel aller
Jugendlichen täglich mindestens 1 bis 3 Stunden im Internet, 6 % davon sogar mehr als 5 Stunden täglich.
85 % der 14 bis 18-Jährigen loggen sich regelmäßig in sozialen Netzwerken wie facebook oder WhatsApp
ein. Diese Plattformen sind für Jugendliche wichtig, um mit ihren Freunden und Freundinnen in Kontakt zu bleiben
und sich auszutauschen – leider machen viele dabei aber auch negative Erfahrungen. 44 % der in der genannten Studie
befragten Jugendlichen waren im Jahr zuvor persönlich von Cybermobbing betroffen, erlebten also Beleidigungen
oder Belästigungen, es wurden unwahre Gerüchte über sie verbreitet oder unangenehme Fotos und Videos
verschickt.
Auch die Zahl der sogenannten Grooming-Fälle ist stark gestiegen. Unter Grooming versteht man, dass erwachsene
Personen versuchen, in Chatrooms oder Foren das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen zu erschleichen, um sie
in der Folge dazu zu bringen, den Tätern z.B. Nacktfotos oder pornografische Darstellungen von sich zu überlassen;
viele Täter versuchen auch, die Kinder oder Jugendlichen real zu treffen, um einen sexuellen Übergriff
zu begehen. 15 % der befragten Jugendlichen gaben in der genannten Studie an, dass sie bereits ein- oder mehrmals
von fremden Personen im Internet auf eine sexuell orientierte Weise angesprochen worden seien. Gleichzeitig zeigt
sich auch, dass diese Form der sexualisierten Gewalt offenbar noch wenig an die Öffentlichkeit getragen wird:
Fast zwei Drittel der Betroffenen haben mit niemandem über die Vorfälle gesprochen.
Ein weiteres Phänomen, mit dem die KiJA OÖ auch im Beratungsalltag immer mehr konfrontiert ist, ist "Sexting",
also das Verschicken erotischer oder pornografischer Darstellungen per MMS oder im Internet. Häufig tauchen
unbedacht an den Freund versendete Nacktfotos nach dem Ende der Beziehung zunächst auf den Handys seiner Kumpels
auf, um dann im Netz weiter verbreitet zu werden. Diese Fotos werden in der Folge tausendfach kopiert und können
praktisch nicht mehr vollständig gelöscht werden.
Hilfe für Betroffene
Viele dieser Übergriffe bleiben lange im verborgenen, weil die betroffenen Jugendlichen aus Scham und
Angst vor weiteren Bedrohungen schweigen. Oftmals werden die Vorfälle erst öffentlich, wenn der Leidensdruck
groß wird, oder Personen aus dem Umfeld der betroffenen Jugendlichen Verdacht schöpfen. Um derartige
Entwicklungen zu verhindern, brauchen Jugendliche schon frühzeitig kompetente Ansprechpartner, denen sie sich
anvertrauen können. Es ist daher wichtig, dass Eltern und Pädagog/innen sich mit dem Internet und den
sozialen Plattformen, auf denen sich Jugendliche bewegen, ausreichend vertraut machen, um rasch Unterstützung
anbieten zu können. Wenn die psychische Belastung für die Betroffenen bereits sehr groß ist, sollte
auch nicht gezögert werden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die KiJA OÖ bietet in diesen
Fällen juristische und psychologische Unterstützung und Beratung an. Außerdem können Workshops
für Schulklassen und Jugendgruppen zu Mobbing- und Gewaltprävention, sowie zu Kinder- und Jugendrechten
gebucht werden.
Information für Multiplikator/innen
Auch Multiplikator/innen und Eltern sollen für die Thematik sensibilisiert und über Hilfsangebote
informiert werden. Den Lehrer/innen werden im Rahmen von "KiJA on Tour" umfangreiche Begleitunterlagen
zur Verfügung gestellt, anhand derer eine Nachbereitung und Reflexion der Theaterstücke in der Klasse
erfolgen kann.
Um die Vielschichtigkeit des Themas zu verdeutlichen und die Informations- und Unterstützungsangebote für
Betroffene und Multiplikator/innen zu bündeln, setzt die KiJA OÖ auch bei der diesjährigen Tour
auf Kooperation mit folgenden Einrichtungen:
Die "Plattform Gewaltprävention" des Landes Oberösterreich ist der Zusammenschluss der wesentlichen
Anbieter für mobbing- und gewaltpräventive Beratung und Begleitung an Schulen. Neben der KiJA OÖ
sind die Abteilung Kriminalprävention des Landeskriminalamts, die Education Group, die Schulpsychologie des
Landesschulrates OÖ und das Institut Suchtprävention vertreten. http://www.gewaltpraevention-ooe.at
Die EU-Initiative Saferinternet.at unterstützt bei der sicheren Nutzung von Internet, Handy & Co. durch
die Förderung von Medienkompetenz. Saferinternet.at wendet sich österreichweit vor allem an Kinder, Jugendliche,
Eltern und Lehrende. Das Thema wird in flexiblen Modulen für die jeweilige Zielgruppe aufbereitet, es werden
Unterrichtsmaterialien und Broschüren zur Verfügung gestellt. http://www.saferinternet.at
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