Wien (mak) - Einen persönlichen Einblick in Franz von Zülows Herangehensweise an Kunst und Kunsthandwerk
eröffnet die Ausstellung "FRANZ VON ZÜLOW. Papier" (27. November 2013 - 11. Mai 2014), die
das MAK dem österreichischen Maler und Grafiker anlässlich seines 130. Geburtstags und seines 50. Todestags
widmet. Inspiriert von der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte und zeitlebens geprägt von der
bäuerlichen Herkunft seiner Mutter, schuf Franz von Zülow (15. März 1883 - 26. Februar 1963) ein
umfassendes, in seiner Handschrift unverkennbares Werk. Dank des direkten Zugangs des MAK zum gesamten Nachlass
des Künstlers zeigt die Ausstellung großteils persönliche Exponate, die bislang der Öffentlichkeit
weitgehend unbekannt waren.
Franz von Zülow war ein Meister der Vielseitigkeit. Er erlangte Bekanntheit mit Malereien und Ölbildern
und beherrschte die Klaviatur der angewandten Kunst. Die Ausstellung "FRANZ VON ZÜLOW. Papier" legt
den Fokus auf grafische, oftmals kleinteilige, dem Kunsthandwerk zuzuordnende Arbeiten sowie auf große, kunstvoll
gefaltete Papiergebilde. Diese vielfach sehr privaten Zeugnisse seines Oeuvres lenken den Blick auf eine bisher
wenig bekannte Seite des Künstlers.
Zülow wurde am 15. März 1883 in Wien geboren und wuchs im kleinen Ort Haugsdorf auf. Sein Vater entstammte
mecklenburgischem Landadel, seine Mutter einer niederösterreichischen Bauernfamilie. Zülows Herkunft
und seine Verbundenheit mit dem Bäuerlichen kommen in seinem gesamten Werk zum Tragen. Als Zülow erste,
in Haugsdorf entstandene Bilder nach Wien brachte, erregten sie Aufmerksamkeit. Die Kunstgewerbeschule nahm ihn
als Schüler auf, und schon während der Ausbildung schuf er Illustrationen und Entwürfe für
die Wiener Werkstätte.
Experimentierfreudigkeit und eine neue Auffassung von Stilbewusstsein und Formwillen förderten die Faszination
des jungen Kunstgewerblers für den außereuropäischen Raum, allen voran Japan. Wie viele seiner
Kollegen war Zülow stark von der Kunst der Katagami beeinflusst. 1903 adaptierte er die Technik der Färberschablonen
zu einem Druckverfahren, das er 1907 als Papierschnittdruck patentieren ließ, und das ihm ermöglichte,
von jedem Entwurf mehrere Drucke herzustellen.
Zülow machte sich zunächst durch seine selbst herausgegebenen, originellen, handgemalten beziehungsweise
in kleinster Auflage gedruckten "Monatshefte" (Dezember 1909 bis Juli 1915) einen Namen, parallel dazu
entdeckte er das Kunstgewerbe. Dekorative Arbeiten nahmen in seinem Schaffen den breitesten Raum ein. Auf Tapeten,
Bilderbogen und Wandschmuck kam seine unverkennbare künstlerische Handschrift am deutlichsten zum Tragen -
und Zülow war zunehmend gefragt. Er schuf dekorative Fresken und Goblins, unter anderem einen großen
Wandteppich für Kemal Paschas Residenz in Ankara (1932).
Auch die Wiener Werkstätte engagierte Zülow mit seinem farben- und formenreichen Stil für Stoffentwürfe
und Tapeten. Da Zülow stark im Handwerklichen verankert blieb, fiel es ihm leicht, für die Keramikwerkstatt
Schleiss in Gmunden und die Porzellanmanufaktur Augarten Entwürfe zu liefern. Zu seinen bedeutendsten und
monumentalsten Arbeiten gehören die Fresken für das Bräuhotel Clemens Holzmeisters in Lofer (1929).
In späteren Jahren konzentrierte er sich mehr und mehr auf Staffeleibilder und Aquarelle, die bunt wie die
Bauerngärten sind, die er bevorzugt malte.
Zülow wurde auch mit Entwürfen für die Tapeten im Kinderzimmer des Palais Stoclet von Josef Hoffmann
beauftragt. Sie wurden allerdings schließlich nicht verwendet, obwohl ihre seriellen Anordnungen und die
stark auf geometrische Formen reduzierten Figurenelemente der Architektur des Hauses entsprochen hätten.
An Zülows Monatsheften, die von KünstlerInnen, u. a. Josef Hoffmann, Gustav Klimt und Egon Schiele, abonniert
wurden, wie auch später in der Mappe "Die 12 Monate" (1921), die Zülow für die Wiener
Werkstätte gestaltete, wird seine vom Jugendstil herrührende, dekorative Flächenkunst, die er mit
Inspirationen aus der Volkskunst kombinierte, besonders deutlich. 1927 erhielt Zülow einen seiner populärsten
Aufträge: Er wurde mit der neuen grafischen Gestaltung der Tabakregie betraut und entwarf Zigarettenschachteln
sowie den Warenkatalog.
In seinem gesamten, vor allem von der Grafik bestimmten, Schaffen entwarf Zülow immer wieder Werke für
Kinder. Er zeichnete bühnenartige Aquarelle und Kulissenbilderbücher im Stil eines Dioramas und es erscheint
fast selbstverständlich, dass Zülow auch Puppentheater mit Kulissen aus Papier entwickelte, darunter
das in der Ausstellung gezeigte Kulissenbilderbuch "Aus 1000 und 1 Nacht" (1946). In dem später
entstandenen Bilderbuch "Gloria in Excelsis Deo" (1954) beeindrucken die bunte Farbigkeit und die leichte,
schwerelose Gestaltung der räumlichen Inszenierung. Ähnlich verhält es sich auch bei der in der
Ausstellung gezeigten aquarellierten Arbeit "Urwaldtiere" (vor 1956), die aus sechs bühnenartig
geschichteten Bildflächen besteht.
Am Zenit seines Erfolgs angelangt, erarbeitete Zülow im Jahr 1947 die "Malfibel", eine Zusammenstellung
der seiner Ansicht nach exemplarisch wichtigsten Techniken zur Dekoration von Gebrauchsgegenständen. Anhand
von 82 Abbildungen erläuterte er sechs simpel zu bewerkstelligende Maltechniken, die ohne aufwändige
Apparaturen oder Vorbereitungen für den Druck- oder Malvorgang verwendet werden können und konservierte
damit sein im Wien der Jahrhundertwende angeeignetes Formgefühl.
Zülow blieb Zeit seines Lebens ein "Angewandter". Ob als Entwerfer für Stoffe und Tapeten (Wiener
Werkstätte) oder für Porzellan (Schleiss in Gmunden, Porzellanmanufaktur Augarten), in seinen monumentalen
Fresko-Arbeiten (Bräuhotel in Lofer, Schärdinger Rathaus, Österreichisches Parlament) oder seinen
Entwürfen für den Vorhang des Akademietheaters und für die Türfüllungen der Linzer Kammerspiele
- Zülows technische und materielle Umsetzung eines Themas war "mustergültig".
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Rahmen der Publikationsreihe "MAK Studies": "FRANZ VON
ZÜLOW. Papier", herausgegeben von Christoph Thun-Hohenstein und Kathrin Pokorny-Nagel, mit Beiträgen
von Roland Girtler, Friedrich Heller, Peter Klinger, Gerd Pichler, Kathrin Pokorny-Nagel, Christoph Thun-Hohenstein,
Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2013, 144 Seiten, Euro 24.
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